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Indiskretionen während der Pandemie
PK zu Corona-Leaks: Berset wusste von Kontakten, aber nicht von Inhalten

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Zusammen­fassung

Die Geschäftsprüfungskommissionen von National- und Ständerat (GPK) geben in ihrem am Freitag veröffentlichten Bericht zu den Corona-Leaks acht Empfehlungen ab. Hintergrundgespräche von Kommunikationsverantwortlichen mit Medienvertretern sollen in den Fokus kommen.

Man sei der Auffassung, dass hier klare Regeln und Leitlinien hätten aufgestellt werden müssen, damit auch klar sei, was ein Hintergrundgespräch sei und was der Inhalt dort sein könne, um einen Bundesratsbeschluss zu erläutern, sagte Nationalrat Thomas de Courten (SVP/BL) an der Medienkonferenz in Bern.

Mit dem Bericht zu den Corona-Leaks ist der Kampf des Parlaments gegen Indiskretionen in Bundesbern aber nicht zu Ende. Eine Subkommission der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats führt Arbeiten weiter. ebe schon Vorschläge etwa für die Anpassung der Strafprozessordnung oder des Verwaltungsorganisationsgesetzes. Die Subkommission werde dazu die Bundesanwaltschaft anhören, sagte Prisca Birrer-Heimo (SP/LU), Mitglied der genannten Kommission.

Indiskretionen seien laut de Courten als politisches Instrument bewusst eingesetzt worden. Über die Motive dieses bewussten Einsatzes seien sich die von der GPK Angehörten uneinig gewesen. Die einen hätten gesagt es könne nicht sein, dass man sich mit Indiskretionen die eigene Arbeit kaputt mache. Die anderen hätten gesagt, dass die Indiskretionen für Positionsbezüge auch nützlich sein könnten, um die eigenen Anliegen entsprechend durchzubringen, so de Courten weiter.

Der CEO der Ringier-Gruppe (Anm. Marc Walder) stehe zudem als einer der Empfänger der Indiskretionen fest, wobei die eigentliche Weitergabe der Informationen nicht geklärt sei. (SDA)

Abschluss der MK

Die Medienkonferenz ist zu Ende.

Ist es für die GPK klar, dass Berset Indiskretionen aus seinem Departement bewusst in Kauf genommen hat?

Birrer-Heimo antwortet, dass könne man so nicht sagen. Bersets Innendepartement habe als einziges wegen Indiskretionen Strafanzeige erstattet.

Berset habe gesagt, er habe die Indiskretionen zwar gesehen aber gedacht: «Es kann unmöglich aus meinem Departement sein.» Dies, weil diese Indiskretionen seinem Departement teilweise geschadet hätten und er zunehmende Drohungen deswegen erhalten habe.

Bauer: Dass eine Information das Innendepartement von Alain Berset betraf, heisse nicht automatisch, dass sie auch von dort geleakt worden sei.

De Courten: «Niemand hat etwas gemacht, niemand hat sich durchgesetzt». Der Bundesrat als Ganzes habe keine wirksamen Massnahmen ergriffen, um die Indiskretionen zu verhindern.

Eigentlich sollte man nicht so viele Empfehlungen an ein Gremium wie den Bundesrat machen müssen, so Birrer-Heimo.

Es gab auch vier bis fünf Leaks in der Arbeitsgruppe. Man untersucht Leaks und ist selber nicht besser?

De Courten: «Wir mutmassen, dass es solche Leaks gab. Wir haben einen Strafanzeige erstattet. Alle Mitarbeiter der Arbeitsgruppe waren sich einig, dass man die eigene Arbeit nicht desavouieren wollte.»

Hintergrund: Einzelne Erkenntnisse der GPK sind bereits im Sommer publik geworden.

Wieso hat die GPK private Mails von Lauener nicht untersucht?

Bauer: «Wir wollten nicht in eine Phishing-Operation geraten.» Eine Massnahme der GPK muss proportional sein. Eine Beschaffung aus dem laufenden Strafverfahren sei ohnehin nicht möglich derzeit, weil die Mails versiegelt seien vom Zwangsmassnahmengericht.

Immer wenn es Hinweise gegeben habe auf Indiskretionen, seien diese untersucht worden, auch bei anderen Departementen, so Bauer. Aber man habe nicht ohne Hinweis Befragungen vornehmen wollen. «Wir mussten uns darauf beschränken, dort zu suchen, wo wir am ehesten etwas hätten finden können.» Auch bei den Befragungen sei die GPK eingeschränkt gewesen. Den Ringier-CEO habe man eingeladen, aber er sei nicht gekommen.

De Courten: Die GPK habe wenig Verständnis dafür, dass Berset nicht versuchte, der Art der Kontakte seines Kommunikationschefs zu Ringier nachzugehen. «Wir als Arbeitsgruppe müssen eingestehen, dass wir an den gleichen Hürden gescheitert sind wie auch die Bundesanwaltschaft.» Der Kreis der möglichen Urheber der Indiskretionen sei zu gross gewesen.

Hatte Herr Berset seine Mitarbeiter nicht im Griff?

De Courten: Herr Berset hat glaubwürdig dargelegt, dass es seine Überzeugung war, dass es keine unerlaubten Kontakte gegeben habe. Es stellten sich aber Fragen bezüglich des Führungsprinzips. Bauer ergänzt: Bersets Departement habe als einziges Strafanzeigen eingereicht während der Pandemie.

Glauben Sie den Aussagen von Herrn Berset?

Arbeitsgruppen-Präsident Bauer: «Wir haben keinen Anhaltspunkt, dies nicht zu tun.»

Fragen der Medien. Was genau wusste Alain Berset?

Philippe Bauer: Er wusste, dass sein Kommunikationschef Kontakte zur Presse hatte. Aber es gebe keinen Hinweis darauf, dass er den Inhalt dieser Kontakte gekannt hätte. «Alain Berset wusste gemäss unserem Wissensstand nichts von der Übermittlung vertraulicher Informationen.»

Birrer-Heimo: GPK muss ihre Arbeit fortführen

Birrer-Heimo: «Es ist nicht etwas, das wir einfach ad acta legen können». Weiterhin gebe es Indiskretionen. Deswegen sei es wichtig, dass die GPK ihre Arbeiten zu Indiskretionen weiterhin fortführe.

Die Empfehlungen der GPK

Die Arbeitsgruppe gibt zwei Empfehlungen ab. Es brauche ein Konzept und klare Regeln dazu, was ein Hintergrundgespräch zu einem Bundesratsentscheid sei, respektive was im Rahmen eines solchen Gesprächs erlaubt sein solle. Zudem müsse die Löschfrist von Emails für Mitarbeitende, welche die Bundesverwaltung verlassen, geprüft werden.

Eine dritte Empfehlung: Die GPK will festlegen, was genau eine Indiskretion ist. Weiter empfiehlt die GPK, dass Indiskretionen im Bundesrat künftig aktiv thematisiert werden.

Der Bundesrat muss nun zu diesen Empfehlungen Stellung nehmen – bis im Februar 2024.

CEO von Ringier steht als Empfänger fest

Die «relevanten Mails» von Berset seien untersucht worden. Darin hätten sich keine Anweisungen bezüglich Leaks gefunden. Man habe festgestellt, dass viele Emails von Peter Lauener an seinen privaten Mailaccount weitergeleitet worden seien. Dieser sei von Bluewin allerdings inzwischen gelöscht worden, im Auftrag von Lauener.

Der CEO von Ringier stehe als Empfänger fest. Nicht geklärt sei aber, ob dieser die Informationen weitergegeben hätte.

37 Sitzungen des Bundesrates «kontaminiert»

37 der untersuchten Bundesratssitzungen seien «kontaminiert» gewesen, so de Courten, sprich dort habe es Indiskretionen gegeben. Vor allem Deutschschweizer Medien hätten von den Indiskretionen profitiert, darunter primär solche von Ringier und der Tamedia-Gruppe (zu der auch diese Redaktion gehört).

Nur Artikel in Zeitungen untersucht

Thomas de Courten: Sehr viele Artikel seien zu Corona in den Printmedien erschienen, man habe sich also zwangsläufig auf einen kleinen Anteil daraus fokussieren müssen. 500 Artikel wurden untersucht. 50 Sitzungen des Bundesrates, an denen Corona-Entscheide traktandiert waren, seien im Fokus der Untersuchung gestanden. Auf TV, Radio, Internet und Social Media Quellen habe die Gruppe bei der Untersuchung verzichtet. Untersucht worden seien nur Artikel in Zeitungen.

Bundesräte betonen Nulltoleranz bei Indiskretionen

In der Untersuchung haben alle Bundesrätinnen und Bundesrätin gemäss Medienmitteilung betont, dass bei ihnen bei Indiskretionen eine Nulltoleranz gelte. «Umso erstaunlicher ist aus Sicht der GPK die auffällige Häufigkeit der Verbreitung von vertraulich klassifizierten Informationen, nicht nur im Untersuchungszeitraum, sondern auch in jüngerer Vergangenheit.»

Berichte Medien zugespielt

Einige Bundesrätinnen oder Bundesräte hätten während der Untersuchung gesagt, dass sie während der Pandemie irgendwann weniger kritische Mitberichte zu Corona-Geschäften in Auftrag gegeben hätten. Dies, weil solche Berichte oft Medien zugespielt worden seien, so der GPK-Präsident weiter.

Die Frage, ob die Gruppe sich bei ihrer Untersuchung zu stark auf das Innendepartement konzentriert hatte, sei in der gesamten GPK bei der heutigen Sitzung aufgekommen.

Berset wusste vom Kontakt Laueners zu Walder

Die Untersuchung hat gemäss Medienmitteilung gezeigt, dass Alain Berset vom regelmässigen Kontakt seines Medienchefs Peter Lauener zum Ringier-Geschäftsführer Marc Walder wusste. Der Arbeitsgruppe lägen aber keine Nachweise vor, wonach der SP-Bundesrat über den konkreten Inhalt dieses Austausches informiert gewesen wäre. Nur beschränkt nachvollziehbar ist für die GKP, dass Berset im Wissen um die Kontakte und die zahlreichen Indiskretionen keine spezifischen Massnahmen in seinem Departement ergriff.

Gewalten­trennung hätte beachtet werden sollen

Bauer: Die Gewaltenteilung hätte beachtet werden sollen, genau wie der Schutz der Persönlichkeitsrechte und die Verhältnismässigkeit. So seien keine Emails aus der privaten Mailbox von Peter Lauener verwendet worden, was auch daran liege, dass Emails teilweise gelöscht worden seien. Bauer: «Ich verschweige es nicht: Wir haben es nicht geschafft, alle Urheber der Indiskretionen zu finden.»

Vertrauensverlust im Bundesrat

Die Indiskretionen haben gemäss der Medienmitteilung zu einem Vertrauensverlust im Bundesrat geführt und konkrete Auswirkungen auf dessen Beschlussfassung gehabt. So hätten Regierungsmitglieder auf die Einreichung von Mitberichten verzichtet, «wodurch die inhaltliche Vorbereitung erschwert wurde».

Bauer: Regierung zu Befragung eingeladen

Philippe Bauer: Ziel sei es gewesen, die Arbeiten vor dem Ende der laufenden Legislatur abzuschliessen – also noch im November. In einer Medienuntersuchung habe die zuständige Gruppe 500 Artikel und andere Publikationen untersucht. Zu Befragungen eingeladen worden, seien sämtliche Bundesrätinnen und Bundesräte und der Bundeskanzler sowie mehrere Bundesangestellte.

GPK: Es ist zu zahlreichen Indiskretionen gekommen

An der Medienkonferenz wird auch eine Mitteilung der GPK aufgelegt. Darin heisst es, dass die Untersuchung zeigte, dass es zu zahlreichen Indiskretionen gekommen ist. «Aufgrund der lückenhaften Quellenlage» habe die GPK aber die Untersuchungsfragen nicht abschliessend beantworten können. Sie konnte die Urheber der Lecks nicht ausfindig machen.

Der Bericht der GPK.