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Meinung

Kommentar zu Royals-Feiern
Charles III. muss nun die Zweifler überzeugen

Das offizielle Krönungsporträt zeigt Charles im vollen Ornat auf einem Thron im Buckingham-Palast sitzend.  
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König Charles und Königin Camilla können zufrieden sein mit ihren Krönungsfeiern, die am Montagabend zu Ende gingen. Sein erstes und ganz persönliches Ziel, Camilla endlich in aller Form als Queen zu installieren, hat der britische Monarch jedenfalls erreicht. Zugleich ist es ihm und seinem Stab an Mitarbeitern gelungen, ein Bild der Monarchie auf die Bildschirme der Nation und an den Himmel über Windsor zu projizieren, das der Institution beispiellosen Glanz und den Anschein enormer Bedeutung verliehen hat für ein Wochenende.

Zur «grössten Show auf Erden», in der Volk und Krone ihren uralten Bund bekräftigen würden, hatte ja die konservative Presse im Königreich die Coronation-Feiern erhoben. Tory-Premier Rishi Sunak sprach von einem «Augenblick aussergewöhnlichen nationalen Stolzes», der die Welt erblassen lassen werde vor Neid. Und wie zu erwarten stand, übernahmen die Royalisten im Land bei der Show willig ihre Rolle.

Das britische Königshaus muss sich teilweise neu erfinden: Souvenirshop mit «King Charles»-Fähnchen und anderen -Artikeln in Windsor.

Hunderttausende feierten ausgelassen unter Fahnen und Girlanden, und ein Heer von Menschen zog jubelnd zum Buckingham-Palast. Die man allerdings nicht zu sehen bekam auf dem blau-weiss-roten Tableau, waren die Millionen, die das Schauspiel vielleicht im Fernsehen verfolgt hatten, sich von der Festtagsstimmung aber nicht anstecken lassen mochten. Diese Indifferenten oder nicht Überzeugten stellen ja neuerdings zusammen mit den Gegnern der Monarchie einen Grossteil der britischen Bevölkerung.

Rund 60 Prozent der Britinnen und Briten haben «kein sonderliches Interesse an der Monarchie».

Gemäss Meinungsumfragen, die man in Gesprächen landauf, landab bestätigt findet, können sich zwar die meisten Britinnen und Briten gegenwärtig noch kein Leben ohne die Krone vorstellen. Rund 60 Prozent versichern aber bereits, dass sie «kein sonderliches Interesse» an der Monarchie mehr haben. Und von den 18- bis 24-Jährigen im Land will gerade einmal noch jeder Dritte am Königtum festhalten. Vor zehn Jahren waren es noch doppelt so viele, rund 70 Prozent.

Diesem für die Monarchie ernsten Trend versuchten die Bilder der Krönungsfeiern nicht einmal gerecht zu werden, als sie nur allgemeine Begeisterung zeigten. Zweifel passten hier nicht ins Bild. Selbst die allseits respektierte BBC, der Inbegriff politischer Ausgewogenheit, verlor sich in einem grotesk übersteigerten Anfachen der Feierlaune. Proteste am Rande der Krönungsprozessionen ignorierte sie geflissentlich.

Nicht ignoriert wurden dagegen alle, die sich für eine Alternative zur Monarchie auszusprechen wagten, von Polizei und Regierung. Die Organisatoren von Anti-Monarchismus-Protesten wurden bereits verhaftet und weggeschleppt, bevor sie auch nur ihre «Not My King»-Plakate in die Höhe heben konnten. Das hat inzwischen Befürchtungen geweckt, dass London dabei sei, grundlegende Bürgerrechte zu unterhöhlen, und dass man an der Themse schon behandelt werde «wie Demonstranten in Moskau». Mit jüngst durchgedrückten schärferen Gesetzen sucht die konservative Regierung zurzeit generell unliebsame Proteste einzuschränken.

Das «Krönungskonzert» von Windsor Castle war am Ende doch nur eine Art Werbe­veranstaltung für den neuen König.

Wie gross die Nervosität im britischen Establishment ist, wie sehr man um die Basis des Bestehenden fürchtet, demonstrierte am Sonntagabend auch das «Krönungskonzert» von Windsor Castle. Perfekt inszeniert, erwies sich das Ganze am Ende doch nur als eine Art Werbeveranstaltung für einen König, der als «action man», als Kulturliebhaber, als Umweltfreund, als gütiger Vater vorgestellt wurde – fast als sei der Monarch ein auf Stimmensuche gegangener Kandidat für ein politisches Amt.

Die Anstrengungen galten dem verzweifelten Versuch, den bislang wenig populären 74-Jährigen irgendwie jüngeren Landsleuten nahezubringen. Das wiederum war kein einfaches Unterfangen, insbesondere nach dem kuriosen Krönungsspektakel vom Tag zuvor. Schon das Sammelsurium an mittelalterlichen Ritualen, das in der Westminster Abbey für historischen Zauber sorgen sollte, löste vielerorts Kopfschütteln oder Belustigung aus.

Und dass jemand hinter einer Stellwand beziehungsweise unter einem Baldachin verschwand, um hernach als von Gott eingesetztes Staatsoberhaupt wieder hervorzukommen, mochte 1953, bei der Krönung Elizabeths II., gerade noch akzeptabel gewesen sein. 2023 tut man sich selbst unter Royalisten mit einer solchen Herleitung weltlicher Legitimität durch ein höheres Wesen schwer.

In der Tat haben Kritiker der monarchistischen Staatsform wiederholt darauf hingewiesen, dass eine Notwendigkeit für eine solche Krönungsfeier, für die Krönung von Charles, gar nie bestand. Neue Befugnisse hat sie dem König, der schon seit letztem September amtiert, ja nicht gebracht. Und die verwendeten Rituale waren selbst nur Erfindungen anderer Epochen, mit denen früher einmal Königen und Königinnen unanfechtbare Positionen verschafft werden sollten.

Prinz William ist schon jetzt wichtigste Komponente und Frontkämpfer im neuen Royals-Team.

Mittlerweile, klagen Antimonarchisten, sei das Ganze nur noch ein glorioses Manöver der Ablenkung von einer in vielem katastrophalen politischen und sozialen Situation auf den Britischen Inseln, ein Kaschieren zunehmender Spannungen und inneren Niedergangs.

Was kann Charles III. tun, unter diesen Umständen, inmitten all der gesellschaftlichen Umbrüche und neuen Erwartungen, die seine und Camillas Krönung begleiten? Bei Hofe hört man, dass er schon bald mit unerschrockenen Reformen aufwarten wird.

Ob er dazu in der Lage ist, bleibt abzuwarten. Mit einigen seiner Aktionen hat er zwar signalisiert, dass er sich des Problems bewusst ist. Aber die Monarchie von Grund auf modernisieren? Das mag der nächsten Generation vorbehalten bleiben. Prinz William ist jedenfalls schon jetzt wichtigste Komponente und Frontkämpfer im neuen Royals-Team.