Premiere mit BühnenprogrammRichtig gut wird Cedric Schild als «Almir» der Autoposer
Als Smetterling in «Tschugger» wurde er bekannt, zuletzt jagte er Enkeltrickbetrüger. Nun trat Schild mit «I de Videos bini lustiger» erstmals live auf. Das Publikum war begeistert.
Bisher gelang ihm fast alles, seit er vor fünf Jahren erstmals für Furore sorgte: der Schweizer Ausnahmekomiker Cedric Schild, Übername «Supercedi». Millionenfach wurden seine Videos im Netz abgerufen, darunter jenes, in dem er sich am Telefon als fiktiver Major Schild ausgab – und so an geheime Unterlagen der Armee kam. Oder in der SRF-Serie «Tschugger», in der sich Schild als lispelnder Polizeipraktikant Smetterling in die Herzen des TV-Publikums spielte.
Es gibt zurzeit wohl keinen Schweizer Komiker, der über die Generationen hinweg so beliebt ist wie Cedric Schild. Nicht zuletzt, weil der 32-Jährige wiederholt Missstände aufdeckt: Seinen bisher grössten Coup landete er diesen Februar mit einer 90-minütigen Doku, in der er Jagd auf echte Enkeltrickbetrüger macht. Am Telefon gab er sich als ältere Person aus – und lockte so die Betrüger an einen verabredeten Ort, wo dann die Handschellen der Polizei zuschnappten.
Regie führt die «Puffmutter des Schweizer Humors»
Nun aber will Schild auch noch die Bühne erobern, wo – anders als auf Youtube – nichts geschnitten und nur wenig getrickst werden kann. Regie bei Cedric Schilds Bühnendebüt führt Viktor Giacobbo, der sich selbst gerne als «Puffmutter des Schweizer Humors» bezeichnet. Premiere war gestern Abend im Casinotheater Winterthur.
Fürs Publikum ist Schilds Bühnenausflug zunächst einmal eine sehr angenehme Livebegegnung mit dem Star, der sich in den sozialen Medien bemerkenswert rarmacht. Und der nun für seine Fans ein fröhliches Wiedersehen mit den Figuren aus seinen millionenfach geklickten Internetvideos organisiert: mit Major Schild, der im Bühnensolo zu Beginn das Publikum instruiert.
Mit Herrn Aebersold, der bei einem windigen Hersteller von komplett wirkungslosen Präparaten ein Produkt gegen Hörschwäche bestellt und dabei die Telefonverkäufer mit seiner Schwerhörigkeit auflaufen lässt. Und selbstverständlich auch mit dem Polizeipraktikanten Smetterling, der während Schilds Kostümwechseln in Einspielern mit dem Helikopter-Simulator durch fiktive Landschaften fliegt, einmal mit Jonny Fischer vom Duo Divertimento auf dem Nebensitz.
Mehrfach abgesichert dank Rentner mit Rollatoren
45 Minuten – so lange habe er noch nie am Stück gearbeitet, witzelt Schild, kurz bevor er das Publikum in die Pause schickt. In seinen zahlreichen Anspielungen ist Schilds Bühnendebüt so voraussetzungsreich, dass er sich selbst mal bei einer Zuschauerin erkundigt, was sie denn da im Einspieler mit dem Helikopter-Simulator gerade gesehen hat, wenn sie «Tschugger» nicht kennt?
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Über weitere Strecken funktioniert der Abend mit seinen Kostümwechseln und Einspielern also wie eine Retrospektive zu Cedric Schilds bisherigem Gesamtwerk – in seiner spielerischen Virtuosität beim Wechsel zwischen den Rollen und im Dialog mit dem Publikum wirklich sehr beeindruckend für ein Bühnendebüt.
Es ist auch ein Abend, der sich ironisch mehrfach abgesichert hat gegenüber möglicher Kritik. Nicht nur mit dem Titel des Abends («I de Videos bini lustiger»). Sondern auch mit einer Rahmenhandlung, die in einem Altersheim spielt: Wir sehen da, wie Cedric Schild bei einem mutwillig dilettantischen Auftritt von einem Publikum in sehr fortgeschrittenem Alter mit Rollatoren und in Rollstühlen ausgebuht wird – was noch etwas lustiger wird, wenn am Ende des Abends in einem Making-off gezeigt wird, wie die rüstigen Rentner von Schild dazu motiviert werden, sich kraftvoll über seinen Auftritt zu beschweren.
Richtig interessant ist das Bühnensolo dort, wo Cedric Schild tatsächlich etwas Neues wagt. Das ist nicht bei der Auseinandersetzung mit seinem bisherigen Erfolg. Oder bei einigen Zoten, bei denen man sich fragen darf, ob mehr Frauen in Cedric Schilds Team nicht ein gutes Korrektiv wären. Sondern dort, wo die Figuren nicht ganz so weit weg sind von seiner Generation wie etwa der Sextourist Walter Wyler, den er in einer Nummer mit zwei Zuschauern auf der Bühne spielt.
Neu ist die sehr feine Parodie eines migrantischen Autoposers namens Almir, der uns in einem «Coolheitsseminar» zeigen will, wie man eine Bahnhofsrunde richtig absolviert. Eine Nummer, von der es zu Beginn heisst, sie könne und dürfe ja eigentlich nicht möglich sein – von einem Schweizer im Jahr 2024. Und sie ist es eben doch, weil sie sehr gut gespielt und getextet ist: «Wenn du dir eine geile Auto nicht leisten kannst, dann gibt es ein Zauberwort, das beginnt mit L», sagt dieser Almir da. Nein, gemeint sei nicht der Leasingvertrag, sondern die Lehrstelle. «Du denkst nur in Steretyopen», kommentiert Schilds Almir. Eine Nummer also, die niemanden von der Kritik ausnimmt – und mit der Cedric Schild auf der Bühne in der Gegenwart seiner Generation ankommt.
Bis Samstag am Casinotheater Winterthur. Weitere Aufführungstermine unter www.cedischild.ch
Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels war der Name der Autoposer-Figur falsch wiedergegeben. Wir haben den Namen am 22. März um 14 Uhr korrigert.
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