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Tag der Entscheidung
Was Sie über die Bundesratswahlen wissen müssen

Die 2 gewaehlten Kandidaten Beat Jans, Regierungspraesident Basel-Stadt, links, und Jon Pult, Nationalrat SP-GR, auessern sich waehrend einer Medienkonferenz, bei der Bekanntgabe der offiziellen Kandidaten der SP fuer die Bundesratswahl als Nachfolge von Bundesrat Alain Berset, am Samstag, 25. November 2023, im Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
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Bundesratswahlen gehören zu den aufregenden Momenten der Schweizer Politik. Es gab schon Wahlen, die das ganze Land in Aufruhr versetzen. Dass Überraschungen nie ausgeschlossen sind, zeigte sich zuletzt vor einem Jahr, als nicht die Favoritin Eva Herzog, sondern Elisabeth Baume-Schneider für die SP gewählt wurde. Am Mittwoch ist es wieder so weit.

Warum müssen alle Bundesratsmitglieder zur Wiederwahl antreten?

Die Mitglieder des Bundesrates werden von der Vereinigten Bundesversammlung (National- und Ständerat gemeinsam) für vier Jahre gewählt. Danach müssen Sie sich der Wiederwahl stellen. Die Gesamterneuerungswahlen finden jeweils in der Wintersession nach den Nationalratswahlen statt, traditionsgemäss am Mittwoch der zweiten Sessionswoche. Neu besetzt wird dieses Jahr der Sitz von SP-Bundesrat Alain Berset, der per Ende 2023 zurücktritt.

Wie werden die Wahlen ablaufen?

Die Wahlen beginnen um 8 Uhr im Nationalratssaal. Wer nicht pünktlich online ist, verpasst aber noch nichts: Zuerst wird die Vereinigte Bundesversammlung Alain Berset verabschieden. Dann erst beginnt das Wahlprozedere. Die Sitze werden einzeln besetzt, in der Reihenfolge des Amtsalters. Das ergibt folgenden Ablauf: Guy Parmelin (SVP), Ignazio Cassis (FDP), Viola Amherd (Mitte), Karin Keller-Sutter (FDP), Albert Rösti (SVP), Elisabeth Baume-Schneider (SP). Zuletzt wird der Nachfolger oder die Nachfolgerin von SP-Bundesrat Alain Berset gewählt. 

Warum dauern Bundesratswahlen so lange?

Eine Person ist gewählt, wenn sie das absolute Mehr erreicht, also mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen. Die Bundesversammlung zählt 246 Mitglieder. Erreicht im ersten Wahlgang niemand das absolute Mehr, werden so viele Wahlgänge durchgeführt, bis eine Person gewählt ist. Ab dem zweiten Wahlgang scheidet aus, wer weniger als zehn Stimmen erhalten hat. Ab dem dritten Wahlgang scheidet jeweils der Kandidat mit der geringsten Stimmenzahl aus. Die Ratsmitglieder wählen per Wahlzettel, die nach jedem Wahlgang von den Ratsweibelinnen und Ratsweibeln in Urnen eingesammelt werden.

Wer kandidiert neben den amtierenden Bundesratsmitgliedern?

Die SP schlägt zwei Kandidaten für die Nachfolge von Alain Berset vor: den Bündner Nationalrat Jon Pult und den Basler Regierungspräsidenten Beat Jans. Jans wäre der dritte Bundesrat aus Basel-Stadt, Jon Pult der fünfte aus Graubünden. Basel-Stadt ist seit 50 Jahren nicht mehr in der Regierung vertreten. Der letzte Basler Bundesrat war Hans-Peter Tschudi. Die letzte Bundesrätin aus Graubünden war Eveline Widmer-Schlumpf (BDP), die 2015 zurücktrat. Einen Kandidaten schicken auch die Grünen ins Rennen. Sie wollen mit dem Freiburger Nationalrat Gerhard Andrey die Sitze der FDP angreifen. 

Wer hat die besseren Chancen: Pult oder Jans?

Als Favorit gilt Beat Jans. Anders als Jon Pult kann er Regierungserfahrung vorweisen und stammt aus einem Kanton, der lange nicht in der Landesregierung vertreten war. Auch Pult kann aber auf Stimmen zählen. Er überzeugte bei Auftritten und würde eine jüngere Generation im Bundesrat vertreten. Eine Empfehlung für Pult oder Jans hat am Vorabend der Wahl keine Fraktion ausgesprochen.

Wie stehen die Chancen, dass kein offizieller SP-Kandidat gewählt wird?

Das Parlament muss sich nicht an offizielle Kandidaten halten: Wählbar sind alle Schweizer Stimmberechtigten. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich das Parlament über den Vorschlag einer Partei – das sogenannte Ticket – hinwegsetzt. Die Möglichkeit besteht auch diesmal: Im bürgerlichen Lager löste das SP-Ticket wenig Begeisterung aus. Viele hätten SP-Ständerat Daniel Jositsch bevorzugt. Christoph Blocher persönlich rief dazu auf, einen «wilden» Kandidaten zu wählen. Dass sich im Parlament eine Mehrheit dafür findet, ist aber eher unwahrscheinlich. Die Parteien befürchten, dass die politische Konkurrenz beim nächsten Mal auch ihre Auswahl ignorieren würde. Die SVP-Fraktion will sich ans Ticket halten – sofern die SP Cassis wiederwählt.

Warum kandidieren die Grünen trotz Wahlniederlage?

Die Grünen haben schon oft Kandidatinnen und Kandidaten ins Rennen geschickt, bislang ohne Erfolg. Aktuell lautet die «Zauberformel»: die drei wählerstärksten Parteien stellen je zwei Bundesratsmitglieder, die viertstärkste eines. Zwei Sitze haben deshalb die SVP, die SP und die FDP, die Mitte hat einen. Diese Zauberformel wird jedoch infrage gestellt. Zwar hat sich nach den Nationalratswahlen an der Rangordnung der Parteien nichts geändert. Die FDP liegt aber nur noch knapp vor der Mitte. Die Grünen wiederum haben zwar Wähleranteile eingebüsst, rein mathematisch aber mehr Anspruch auf einen Sitz als die FDP Anspruch auf zwei Sitze hat.

Wie stehen die Chancen der Grünen?

Eher schlecht. Aus Sicht der bürgerlichen Parteien muss nicht nur die Wählerstärke berücksichtigt werden, sondern etwa auch die Zahl der Sitze im Ständerat. Hier schneiden die Grünen schlecht ab. Hinzu kommt, dass die bürgerliche Mehrheit kein Interesse daran hat, das linke Lager im Bundesrat zu stärken. Wenn das Parlament ein Mitglied der Grünen wählen würde, dann auf Kosten der SP. Dass sich diesmal eine Mehrheit dafür findet, ist aber unwahrscheinlich. Zudem sagt Grünen-Kandidat Gerhard Andrey, er stehe für einen SP-Sitz nicht zur Verfügung.

Müssen amtierende Bundesratsmitglieder zittern?

Akut gefährdet ist – gut gehütete Geheimpläne vorbehalten – niemand. Die FDP-Mitglieder Ignazio Cassis und Karin Keller-Sutter können dem Angriff der Grünen gelassen entgegensehen. Die Mitte strebt mittelfristig zwar einen zweiten Bundesratssitz an, will aber kein amtierendes Bundesratsmitglied angreifen. Auch die öffentliche Kritik, der sich vor allem Cassis wiederholt ausgesetzt sah, dürfte nicht zu einer Abwahl führen. Sie könnte sich aber in schlechten Wahlresultaten niederschlagen. Das gilt auch für Bundesratsmitglieder, deren Sitz nicht angegriffen wird, wie etwa Elisabeth Baume-Schneider. Die Rede ist jeweils von «Denkzetteln».

Was geschieht nach der Wahl?

Das neu gewählte Bundesratsmitglied erklärt, ob es die Wahl annimmt oder nicht. Bei Annahme wird die Person vereidigt – entweder mit den Worten «ich schwöre es» (meist wählen Bürgerliche diese Formel) oder «ich gelobe es» (vor allem bei Linken verbreitet). Der Nachfolger von Bundesrat Alain Berset wird das 112. Mitglied der Landesregierung sein. Sein Amt wird er am 1. Januar antreten.

Wer wird Bundeskanzler, auch genannt «achter Bundesrat»?

Die Vereinigte Bundesversammlung wählt am Mittwoch auch einen neuen Bundeskanzler oder eine neue Bundeskanzlerin – als Ersatz für Walter Thurnherr (Mitte), der zurücktritt. Der Bundeskanzler ist Stabschef des Bundesrates und nimmt an dessen Sitzungen teil, darf jedoch keine Anträge stellen. Zuweilen wird er trotzdem als «achter Bundesrat» bezeichnet. Vier Personen haben ihre Kandidatur angemeldet: Gabriel Lüchinger und Nathalie Goumaz (beide SVP), der heutige Vizekanzler Viktor Rossi (GLP) sowie Lukas Gresch (parteilos).

Wer steht nächstes Jahr dem Bundesrat vor?

Sind die Mitglieder des Bundesrates und der Bundeskanzler gewählt, muss die Vereinigte Bundesversammlung noch das Bundespräsidium für das kommende Jahr besetzen. Als Bundespräsidentin ist turnusgemäss Viola Amherd (Mitte) vorgesehen, als Vizepräsidentin Karin Keller-Sutter (FDP). Die Bundespräsidentin leitet nicht nur die Sitzungen des Bundesrates, sondern vertritt die Schweiz auch im Ausland, etwa bei direkten Kontakten mit den Regierungsspitzen anderer Länder. 

Welches Departement erhält das neue Bundesratsmitglied?

Über die Zuteilung der Departemente entscheidet der Gesamtbundesrat. Er tut dies in der Regel an der ersten Sitzung nach der Bundesratswahl. Dieses Jahr wäre dies der Freitag, 15. Dezember. Letztes Jahr hat sich der Bundesrat schon am Vortag zu einer Sitzung getroffen. Ihre Wünsche können die Bundesratsmitglieder in der Reihenfolge der Anciennität äussern: das amtsälteste Mitglied zuerst, das neu gewählte zuletzt. Die Regel spielt nur dann eine Rolle, wenn es Streit gibt. Oft klärt der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin die Wünsche der Mitglieder schon vor der Sitzung ab. Mit dem Rücktritt von Alain Berset wird das Innendepartement frei. Für einen Departementswechsel käme allenfalls Aussenminister Ignazio Cassis infrage. Dass eines der anderen Mitglieder das Departement wechselt, gilt als wenig wahrscheinlich.