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Biodiversitätsinitiative
Bundesrat krebst zurück: Kein zusätzlicher Schutz für Fische

Ein selten gewordener Anblick: Äschen. Drei Viertel der einheimischen Fischarten sind gefährdet oder vom Aussterben bedroht. 
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So schnell kann es gehen. Vor nicht einmal einem Jahr wollte der Bundesrat Schutzgebiete von nationaler Bedeutung schaffen, um einheimische Fisch- und Krebsarten wie Äsche, Seeforelle oder Flusskrebs «ungeschmälert» zu erhalten. Heute sind drei Viertel der Arten gefährdet oder vom Aussterben bedroht. Eine rechtliche Vorgabe, aquatische Schutzgebiete auszuscheiden, besteht bislang nicht. Diese «seit langem bestehende Lücke soll nun geschlossen werden», kündigte der Bundesrat an.  

Nun aber rudert der Bundesrat zurück. Er streicht dieses Vorhaben aus dem indirekten Gegenvorschlag, mit dem er die Biodiversitätsinitiative bekämpfen will – in vollem Bewusstsein der Konsequenzen: «Damit verbleiben nachgewiesene Defizite beim Erhalt und bei der Förderung der aquatischen Biodiversität», heisst es in der Botschaft, die er am Freitag veröffentlicht hat. 

Der Entscheid ist umstritten. Der Schweizerische Fischerei-Verband zeigt sich «sehr enttäuscht, Schutzgebiete für gefährdete Fischarten seien von existenzieller Bedeutung. «Wir können das so nicht akzeptieren», sagt Präsident und SP-Ständerat Roberto Zanetti.

Die Stromwirtschaft dagegen ist erleichtert. Im Bereich des Gewässerschutzes seien heute bereits umfangreiche Massnahmen zur Ökologisierung der Wasserkraft im Gang, sagt Claudia Egli vom Branchendachverband VSE. Zum Beispiel in den Bereichen Fischwanderung, Geschiebehaushalt sowie zur Revitalisierung von Gewässern. «Sie tragen direkt zum Schutz von Fischen und Krebsen bei.»

Energiebranche hat interveniert

Die Reaktionen sind die jüngsten Zeichen eines Konflikts, der sich zuletzt verschärft hat und weiter zuspitzen dürfte, wenn das Parlament das Volksanliegen behandeln wird. In der Schweiz besteht weitgehend Konsens darüber, dass es einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien braucht, um die Klimaziele zu erreichen. Strittig ist dagegen, inwieweit dieser Plan mit den Schutzinteressen von Fauna und Flora zu vereinen ist. Die bevorstehende Debatte dürfte Gräben aufreissen, namentlich im rot-grünen Lager. Zu einer delikaten Aufgabe dürfte das Geschäft auch für SP-Magistratin Simonetta Sommaruga werden: Als Energie- und Umweltministerin verantwortet sie beide Bereiche. 

Der Bundesrat begründet seinen Verzicht auf den Fisch- und Krebsschutz mit «grundsätzlichen energiepolitischen Erwägungen» und «kritischen Rückmeldungen» der Energiebranche. Gleichzeitig versichert er, auch er wolle die Biodiversität schützen. Doch die Initiative geht ihm zu weit, da sie den Handlungsspielraum von Bund und Kantonen übermässig einschränke. Das Volksbegehren verlangt einen stärkeren Schutz von Biodiversität und Landschaft, der Kerngehalt der Schutzwerte sei «ungeschmälert zu erhalten». Die Initiative fordert dafür mehr Gelder der öffentlichen Hand.

Der Bundesrat will nun 96 Millionen Franken pro Jahr zusätzlich zur Verfügung stellen, dem Trägerverein der Initiative ist das aber zu wenig. Das Geld reiche nicht einmal für den Unterhalt der wertvollsten Naturflächen, die gerade einmal 2 Prozent der Landesfläche ausmachen würden, sagt Urs Leugger-Eggimann, Zentralsekretär von Pro Natura. Zu wenig weit geht den Initianten auch der bundesrätliche Plan, 17 Prozent der Landesfläche unter Schutz zu stellen, das sind knapp 4 Prozentpunkte mehr als heute. Dazu gehören nicht nur bekannte Schutzobjeke wie der Nationalpark, sondern auch Moore, Waldreservate und Jagdbanngebiete. Die Initianten forderten in der Vernehmlassung 20 Prozent bis 2030, dies als Zwischenziel. 

Als Nächstes ist das Parlament am Zug. Unter welchen Bedingungen die Initianten ihr Begehren zurückziehen, lässt Leugger-Eggimann offen. Angesprochen auf das Spannungsfeld, das sich mit der Förderung der Biodiversität und der erneuerbaren Energien auftut, sagt er: Klimawandel und Artensterben müssten unbedingt gemeinsam angegangen werden, Lösungen zur Bewältigung dieser beiden Krisen müssten sich gegenseitig bedingen. «Sonst laufen wir grosse Gefahr, das Kind mit dem Bade auszuschütten.»