Bundesfinanzen«Sparen ist nicht alternativlos» – SP fordert Investitionen
Finanzministerin Karin Keller-Sutter will sparen. Demnächst liegen Vorschläge auf dem Tisch. Nun prescht die SP mit eigenen Ideen vor – und fordert, dass abgeschaffte Steuern wieder eingeführt werden.
Diese Woche werden die Bundesfinanzen zu reden geben – einmal mehr. Der Verteilkampf geht in eine entscheidende Runde: Erwartet werden die Sparvorschläge einer Expertengruppe, die Finanzministerin Karin Keller-Sutter (FDP) eingesetzt hat.
Die Gruppe unter der Leitung von Serge Gaillard, dem ehemaligen Chef der Finanzverwaltung, hatte den Auftrag, die Aufgaben und Subventionen des Bundes unter die Lupe zu nehmen. Sie soll dem Bundesrat Vorschläge unterbreiten, wie der Bundeshaushalt entlastet werden kann. Um Milliarden.
Als Keller-Sutter die Gruppe einsetzte, rechnete der Bund mit Fehlbeträgen von bis zu 4 Milliarden Franken. Gemäss aktueller Schätzung sieht es wieder etwas besser aus. Das Minus bleibt aber: Ab 2027 droht ein Fehlbetrag von 2,5 Milliarden Franken. Das lassen die geltenden Regeln der Schuldenbremse nicht zu. Keller-Sutter will die Defizite zum Verschwinden bringen. Aber wie?
Noch bevor Gaillards Vorschläge auf dem Tisch liegen, schlägt die SP nun ein Gegenkonzept vor. Aus ihrer Sicht ist schon die Herangehensweise von Finanzministerin Karin Keller-Sutter falsch. «Sparen ist nicht alternativlos», sagt SP-Nationalrätin Sarah Wyss. Fraktionskollegin Tamara Funiciello kritisiert, die Erzählung der Finanzministerin sei «ideologisch geprägt».
Die Finanzpolitikerinnen und -politiker der SP haben ein alternatives Konzept entworfen, das die sozialdemokratische Fraktion am Wochenende verabschiedet hat. Der Kern des Konzepts: Die SP will nicht nur bei den Ausgaben ansetzen, sondern auch bei den Einnahmen. Das Ziel: Spielraum schaffen für Zukunftsinvestitionen.
Weniger Geld für die Armee
Auf der Ausgabenseite stellt die SP das geplante starke Wachstum der Armeeausgaben infrage. Das Loch in der Bundeskasse sei primär darauf zurückzuführen, hält die Partei fest. Der Bundesrat sieht im Finanzplan eine Erhöhung der Armeeausgaben auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts bis 2035 vor. Das Parlament will dieses Ziel bereits 2030 erreichen.
Die SP will hingegen beim ursprünglichen Wachstumspfad bleiben. In diesem Punkt könnte sie mit Gaillards Expertenkommission einig sein: Gemäss Recherchen der «NZZ am Sonntag» schlägt die Kommission ebenfalls ein langsameres Wachstum der Armeeausgaben vor.
Vermögen stärker besteuern
Auf der Einnahmenseite will die SP Steuerabzugsmöglichkeiten streichen, Steuererleichterungen für Unternehmen rückgängig machen – und neue Steuern einführen. Die Knappheit der Bundesfinanzen sei nicht naturgegeben, sondern die Folge «ideologischer blinder Flecken der rechten Mehrheit», schreibt sie.
Konkret schlägt die SP eine Vermögenssteuer auf Bundesebene vor – mit Einnahmen von 2,2 Milliarden Franken. Auch eine Bundeskapitalsteuer für Unternehmen – wie es sie bis 1998 gab – soll wieder eingeführt werden. Betrüge die Steuer 0,1 Prozent, würde dies jährlich 1,4 Milliarden Franken einbringen. Unter dem Stichwort «Finanztransaktionssteuer» will die SP die Emissions- und Umsatzabgabe erhöhen. Das Bankgeheimnis im Inland soll fallen – eine alte Forderung der SP.
Schuldenbremse lockern
Schliesslich wollen die Sozialdemokraten nach wie vor die Schuldenbremse «modernisieren». Die Schweiz habe eine rekordtiefe Schuldenquote und wolle diese auch noch senken, sagt Sarah Wyss. Das verhindere Investitionen, und zwar auf Kosten künftiger Generationen. Die Schweiz sollte statt einer Reduktion eine Stabilisierung der Schuldenquote anstreben und Kreditreste nicht länger für den Schuldenabbau verwenden.
Mit diesen und einigen weiteren Massnahmen kommt die SP auf ganze 16,5 Milliarden Franken pro Jahr, die zusätzlich zur Verfügung stehen könnten. Sie sieht somit ausreichend Spielraum für die Finanzierung «zentraler gesellschaftspolitischer Anliegen» – von Kita-Plätzen über Klimamassnahmen bis zu Entwicklungshilfe und Unterstützung für die Ukraine.
Doch ist das realistisch? Für neue Steuern dürfte sich kaum eine Mehrheit finden. Tamara Funiciello sagt: «Die Bürgerlichen sagen immer, das sei nicht mehrheitsfähig. Aber sie haben es in der Hand.» Die SP-Nationalrätin erinnert auch an Aussagen bürgerlicher Politiker, etwa jene von Mitte-Fraktionschef Philipp Bregy. Er hat sich vor kurzem für eine Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. Die SP zeige nun, wie sich diese verwirklichen lasse, sagt Funiciello.
Streit um einzelne Subventionen?
Wenn die Vorschläge der Expertengruppe erst auf dem Tisch liegen, dürften Vorschläge aus allen politischen Richtungen kommen. Die Debatte wird sich wohl auch um einzelne Subventionen drehen, von der Filmförderung über Beiträge an das Schiesswesen bis zur Absatzförderung für landwirtschaftliche Produkte.
Die Finanzhilfen des Bundes sind in einer Datenbank aufgelistet, die 504 Einträge umfasst. Der Bundesrat hat sie schon mehrmals überprüfen lassen. 2008 stellte das Finanzdepartement unter dem damaligen FDP-Bundesrat Hans-Rudolf Merz bei 70 von 228 überprüften Subventionen Handlungsbedarf fest. Das Sparpotenzial schätzte Merz auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Am Ende setzte das Parlament die meisten Vorschläge allerdings nicht um.
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