Ausbau der FotovoltaikBund soll Solarprojekte in den Alpen vorantreiben
Die Solarlobby verlangt beschleunigte Verfahren für Solaranlagen ausserhalb der Bauzone. Kantone und Landschaftsschützer wehren sich.
Mitten in den Alpen, oberhalb von Gondo im Wallis, will der Energiekonzern Alpiq unter dem Projektnamen «Gondosolar» die grösste alpine Solaranlage der Schweiz erstellen. 4500 Solarelemente auf einer Fläche von 14 Fussballfeldern sollen künftig den durchschnittlichen Bedarf von mindestens 5200 Haushalten decken. Landschaftsschützer üben Kritik: Man solle zuerst das Potenzial auf bereits bestehenden Bauten und Infrastrukturen ausschöpfen.
Auch Gabriela Suter ist der Ansicht, der Ausbau müsse zuerst hauptsächlich dort erfolgen. «Trotzdem», sagt die Nationalrätin und Vizepräsidentin des Branchenverbands Swissolar, «können auch Projekte für Anlagen ausserhalb der Bauzonen sinnvoll sein, insbesondere in alpinen Gebieten, wo hohe Winterstromerträge möglich sind.» «Gondosolar» soll 55 Prozent der Produktion im Winter liefern – viermal so viel wie eine vergleichbare Anlage im Mittelland.
Bereits realisiert ist der schwimmende Solarpark im Stausee Lac des Toules im Wallis, ebenso Solar-Grossanlagen auf den Staumauern des Muttsees im Kanton Glarus und des Albignasees in Graubünden. Auf der Staumauer Lago di Lei an der Grenze zu Italien ist eine weitere hochalpine Solaranlage geplant. Mit Gondo käme nun die erste grosse Anlage dazu, die auf freier Fläche in die Landschaft gebaut würde.
Doch es gibt ein Problem. Das Bewilligungsprozedere ist noch nicht abschliessend geregelt, der Bau frei stehender Anlagen ist heute höchstens unter sehr restriktiven Bedingungen zulässig. Das Uvek, das Departement von Simonetta Sommaruga, plant zwar Erleichterungen. Suter möchte aber bereits jetzt einen Schritt weitergehen. Um Wildwuchs zu verhindern, solle der Bundesrat entsprechende Regeln für grosse Photovoltaik-Anlagen mit Pilotcharakter erarbeiten. In einer jüngst eingereichten Interpellation fragt Suter, ob er dazu bereit sei. Auf Basis der gemachten Erfahrungen soll später ein einheitliches Bewilligungsverfahren definiert werden. «Die Anlagen könnten dabei von einfacheren Bewilligungsverfahren profitieren», schlägt die SP-Politikerin vor.
Einfachere Verfahren hat der Bundesrat bereits angekündigt – allerdings nur für grosse Wind- und Wasserkraftrojekte. «Es ist aber wichtig, Erfahrungen mit Solar-Pilotprojekten wie in Gondo zu sammeln», sagt Suter.
Die Urner Ständerätin Heidi Z’graggen (Die Mitte) dagegen fordert ein Moratorium für Solaranlagen, bis der Bund ein Spezialgesetz verabschiedet hat. Z’graggen, Präsidentin der eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission, fordert zudem, der Bund solle in Zusammenarbeit mit den Kantonen mögliche Standorte für grosse Freiflächen-Solaranlagen als Vorgabe für die kantonale Richtplanung definieren.
Kantone kritisieren Sommaruga
Der politische Streit ist damit lanciert. Nun schalten sich auch die Kantone ein. Die Konferenz kantonaler Energiedirektoren (ENDK) begrüsst eine Klärung der Frage, unter welchen Bedingungen Freiflächen-Anlagen überhaupt bewilligungsfähig sind. Kritisch sieht das Gremium dagegen das von Z’graggen vorgeschlagene Bundeskonzept für potenzielle Standorte. «Wir stehen dem sehr skeptisch bis ablehnend gegenüber», sagt ENDK-Sprecher Jan Flückiger.
Die Energiedirektoren bezweifeln, dass damit die nötige Planungssicherheit geschaffen wird, weil Einsprachen am Ende des Verfahrens immer noch möglich wären – selbst bei einem konzentrierten Verfahren, wie es der Bund momentan bei Wind und Wasser vorsieht. Umgekehrt wären nach Einschätzung der ENDK Projekte, die wie Solaranlagen nicht in diesem Konzept vorkommen, per se unmöglich zu bauen oder – im Falle von Wind- und Wasserkraft – noch schwerer zu realisieren als heute.
Braucht es ein flexibleres Umweltrecht?
Auch die bundesrätlichen Pläne für beschleunigte Verfahren taxieren die Energiedirektoren kritisch. Man tue jetzt so, als ob die Verfahren der einzige Grund wären, warum gewisse Projekte jahrelang blockiert seien, sagt Flückiger von der ENDK. «Faktisch ist es in vielen Fällen aber das materielle Umweltrecht, das diese Einsprachen und Blockaden überhaupt ermöglicht.» Aber just an diesem wolle der Bund beziehungsweise das Uvek, das Departement von Simonetta Sommaruga, im Rahmen der Beschleunigungsvorlage nichts ändern.
Das Uvek entgegnet, mit der Vorlage lasse sich die Verfahrensdauer massgeblich reduzieren – und zwar unabhängig davon, ob Bestimmungen zum Schutz von Natur und Umwelt «flexibilisiert» würden, wie es im Parlament derzeit diskutiert werde. «Solch lange Verfahren», sagt eine Sprecherin, «kann sich die Schweiz nicht mehr leisten.» Die Branche erwarte zu Recht eine Beschleunigung.
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