Wahlen in der WaadtBürgerliche behaupten sich gegen Linke
Die FDP festigt ihre Dominanz im Waadtländer Kantonsparlament. SP und Grüne müssen dagegen um ihre Regierungsmehrheit zittern.
Die Regierungswahlen dominiert, im Parlament einen Sitz hinzugewonnen: Die Stimmung beim Waadtländer FDP-Präsidenten Marc-Olivier Buffat könnte nicht besser sein. Von 50 Parlamentssitzen habe er geträumt, dieses Resultat habe er nun auch erreicht, sagt Buffat. Mit einem Sitzverlust, wie ihn andere freisinnige Kantonalparteien hinnehmen mussten, hat der Lausanner Wirtschaftsanwalt gar nie gerechnet. Woher kam seine Zuversicht? «In der Waadt deckt die FDP von rechts bis links ein im Vergleich breites Spektrum ab und vergisst auch die Schutzbedürftigen nicht. Zudem ist die Partei stets nahe bei den Leuten», sagt Buffat. Er habe Zuspruch gespürt und darum gewusst, dass die FDP-Fraktion auch in Zukunft ein Drittel des Parlaments stellen werde.
Insgesamt zufrieden tönt auch SVP-Präsident Kevin Grangier, trotz zwei verlorenen Sitzen. «Ich habe mir die Parlamentswahlen komplizierter vorgestellt», sagt Grangier. Einige bekannte Kantonsräte seien nicht mehr zu den Wahlen angetreten, zudem habe man jetzt zwei Sitze nur knapp verloren, argumentiert der SVP-Präsident.
Zur grossen Wahlverliererin wurde in der Waadt die SP, die im Vergleich zu 2017 gleich fünf Parlamentssitze einbüsste, während die Grünen (+4) und die GLP (+3) Sitze hinzugewannen. «In einzelnen Bezirken rechneten wir mit einem Sitzverlust, weil die Grünen stark zulegten», sagt SP-Präsidentin Jessica Jaccoud. Eine grüne Welle habe man in der Waadt aber nicht gesehen, zudem habe das gesamte linke Lager im Kantonsrat sogar einen Sitz hinzugewonnen.
Hochspannung verspricht nun der zweite Wahlgang der Regierungsratswahlen in drei Wochen. Zwar dominierte eine bürgerliche Allianz aus FDP, Mitte-Partei und SVP den ersten Wahlgang. Aber ihr gelang es lediglich, die amtierende FDP-Staatsrätin Christelle Luisier Brodard im Amt zu bestätigen. Sämtliche weiteren amtierenden Staatsrätinnen und sonstige Kandidaten, darunter die Nationalräte Isabelle Moret, Frédéric Borloz (beide FDP) und Michael Buffat (SVP), müssen in den zweiten Wahlgang. Für eine Überraschung sorgte Mitte-Kandidatin Valérie Dittli. Die Mitte-Partei spielt im Kanton Waadt eine sehr marginale Rolle, trotzdem schob sich die 29-jährige gebürtige Zugerin Valérie Dittli im ersten Wahlgang mitten in die Waadtländer Politprominenz.
Die Dominanz der Bürgerlichen wäre noch deutlicher ausgefallen, hätte sich die GLP ihrer Allianz angeschlossen. FDP, Mitte und SVP hatten darum gebeten, die GLP lehnte dies aber ab. Stattdessen schickten die Grünliberalen gleich drei Kandidaten in die Regierungsratswahlen. Mit 8 Prozent der Wählerstimmen blieben sie zwar chancenlos, aber die GLP avanciert beim zweiten Wahlgang trotzdem zur Königsmacherin.
Drei Optionen bieten sich der GLP nun: Sie kann entscheiden, ob sie nur eine Kandidatin oder einen Kandidaten in den zweiten Wahlgang schickt; ob sie sich wie 2017 doch noch mit einem eigenen Kandidaten der bürgerlichen Allianz anschliesst; oder ob sie sich aus dem Rennen nimmt und eine Wahlempfehlung abgibt. Die GLP wird sich am Montag entscheiden. Gemäss François Pointet, Nationalrat und Ex-Präsident der GLP Waadt, ist es eher unwahrscheinlich, dass sich die GLP der bürgerlichen Allianz anschliesst, weil ihr auch die SVP angehört.
«Im zweiten Wahlgang wird sich ein anderes Bild zeigen.»
Die linke Allianz mit den amtierenden SP-Staatsrätinnen Nuria Gorrite, Rebecca Ruiz und Cesla Amarelle und dem Grünen Vassilis Venizelos muss die linke Regierungsmehrheit verteidigen. Doch im ersten Wahlgang hatte die Linke auf diesem Weg einen herben Dämpfer zu verkraften. «Im zweiten Wahlgang wird sich ein anderes Bild zeigen», sagt Gesundheitsdirektorin Rebecca Ruiz. Die Wahlbeteiligung sei mit 34 Prozent extrem tief gewesen, das linke Wählerpotenzial in den Städten sei bei weitem noch nicht ausgeschöpft, und zudem sei es im bisherigen Wahlkampf kaum um Inhalte gegangen.
«Wir wollen jetzt über die Kaufkraft der Leute, Prämienverbilligungen und den kostenlosen ÖV für einen Teil der Bevölkerung diskutieren», kündigt Ruiz an. Staatsrätin Cesla Amarelle erwartet wiederum eine harte Konfrontation zwischen dem linken und dem bürgerlichen Block. Als Bildungsdirektorin hat sie ein schlechtes Ergebnis erzielt, beunruhigt ist sie deswegen aber nicht. Die Maskentragpflicht in den Schulen habe ihre Popularität kaum befeuert, sagt sie. Ebenso wenig die beiden kürzlich gegen sie eingereichten Strafanzeigen wegen Ehrverletzung. Amarelle erläuterte am Sonntag: «Ich habe in meinem Leben nie eine Busse bekommen, aber zwei Strafklagen innerhalb von wenigen Tagen.» Sie müsse den Leuten weiter erklären, worum es gehe.
Auch der grüne Kandidat Vassilis Venizelos muss zulegen. Bis zum zweiten Wahlgang wird er versuchen, umweltpolitsche Themen ins Zentrum der Debatte zu rücken. Die Abkehr von fossilen Energieträgern und Investitionen in Gebäudesanierungen müsse auch im Kanton Waadt forciert werden, betont Venizelos.
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