Buch «Erzähl mir von der Liebe»Die wichtigste Lektion in der Liebe? Dieses Buch verrät sie
Ein neues Buch verhandelt die Liebe in 20 wahren Geschichten von echten Menschen – und gibt uns nebenbei einen wichtigen Ratschlag.

Was ist Liebe? Ein neues Buch umkreist diese Frage anhand von 20 wahren Geschichten. Aufgeschrieben haben die Anekdoten zwei Journalistinnen und ein Journalist aus Deutschland: Robert Ide, Joana Nietfeld und Helena Piontek. Sie sind die Autoren der beliebten Kolumne «Ins Herz» der Berliner Zeitung «Tagesspiegel». Die 20 schönsten Lovestorys aus dieser wöchentlichen Serie haben sie nun im Buch «Erzähl mir von der Liebe» gesammelt.
Darin erzählen wahre Menschen von ihrem Liebeskummer, ihren intimen Geheimnissen und ihren schönsten Begegnungen. Oft unter Pseudonym.
Zum Beispiel Alma. Alma liebt ihren Freund. Aber genau so liebt sie es, heimlich mit anderen Männern zu schlafen. Sie fühlt sich dann lebendig und frei. Wenn es nach ihr geht, soll ihr Freund nie erfahren, dass sie ihn betrügt.
Oder Rico und Annett, im Dorf aufgewachsen und seit der Jugend zusammen. Sie leben heute in Berlin und sind längst Stammgäste im Swingerclub. Schritt für Schritt haben sie sich von den Konventionen befreit und ihre ganz eigenen Beziehungsregeln definiert.

Helena Piontek, eine der Journalistinnen aus dem Autorentrio, ist eigentlich Kriminalreporterin und recherchiert gerade zur Mafia in Deutschland, als wir sie telefonisch erreichen. Seit zwei Jahren schreibt sie mit ihren Kollegen die Liebeskolumne im «Tagesspiegel». Ihre Protagonisten finden sie fast ausschliesslich im erweiterten Bekanntenkreis, wie sie erzählt. Über Freunde von Freunden, an Partys, aber auch in sozialen Netzwerken.
Manchmal komme sie in Gesprächen eher beiläufig auf die Liebe, sagt sie: «Denn Liebesgeschichten sind vor allem Lebensgeschichten. Biografischen Wendepunkten – einem Umzug, einer Krise – geht oft eine Trennung oder eine neue Liebe voran.»
Viele der Erlebnisse im Buch sind mit einiger zeitlichen Distanz erzählt, von Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Vielleicht ist es tatsächlich so, dass eine Liebe ihre Bedeutung erst vom Ende her zugewiesen bekommt: Wie glücklich oder verletzend oder prägend sie war, weiss man meist erst, wenn sie vorbei ist.
Ebenfalls auffallend ist, dass die meisten Anekdoten einen versöhnlichen Blick auf die Liebe offenbaren, selbst wenn sie zerbrochen ist. Verbitterte, abgrundtief enttäuschte Liebende kommen im Buch keine zu Wort. «Stimmt, vielleicht spiegelt das den eher positiven Blick von uns dreien auf die Liebe», sagt die 34-jährige freie Journalistin.
31 Jahre Altersunterschied
Im Buch kommen einige zu Wort, die sich trauen, ungeachtet der Normen und Erwartungen zu lieben. Etwa Sofie (26), die im 31 Jahre älteren Nikolai ihren Seelenverwandten gefunden hat. Oder Maggy. Sie hat einen Freund und eine Tochter, konservative Freunde und eine gläubige Familie. Dann verliebt sie sich in Jonas, einen trans Mann. Und findet das grosse Glück.
Öfter aber handeln die Geschichten von verhinderte Liebe. Manchmal sind es äussere Umstände, in der heutigen Zeit kaum mehr vorstellbar, die eine Beziehung (fast) unmöglich machen. Wie bei jenem jungen Paar, das sich in den 70ern über die innerdeutsche Grenze hinweg verliebt und seine Beziehung gegen Stasi und Spitzel verteidigen muss.
Allzu oft liegt der Grund für eine unerfüllte Liebe jedoch woanders. In Scham und Schüchternheit, geheimen Sehnsüchten und unausgesprochenen Wünschen.
So ergeht es Thomas, der sich als junger deutscher Austauschstudent am anderen Ende der Welt in Elizabeth verliebt. Und den Mut nicht findet, sie zu küssen. 35 Jahre muss er auf den ersten Kuss warten.
«Ich will nicht cool sterben»
Man will von Helena Piontek natürlich unbedingt wissen, was sie nach all den Liebesgeständnissen unterschiedlichster Menschen als persönliche Lebensregel für Herzensangelegenheiten mitnimmt.
Ihre Antwort: «Ich will mal nicht cool sterben.» Sie wolle nicht auf Nummer sicher gehen und aus Angst vor einer Abfuhr anderen Menschen ihre Gefühle verheimlichen. «Ist es im Rückblick das, was du bereuen wirst: dass du dich einmal im Leben blamiert hast, weil du jemandem gesagt hast, dass du verliebt bist, und das Gegenüber es nicht erwidert hat?», fragt sie rhetorisch. «Eher nicht.»
Es ist die wohl wichtigste Lektion, die man aus der Lektüre des Buches mitnimmt: Wenn man sich mag, und das kommt gar nicht so oft vor, dann sollte man sich offenbaren.
Oder sich das zumindest vornehmen, so wie Michael. Er war zwar schon einige Male verliebt, aber stets zu schüchtern, um seine Gefühle auszusprechen. Er wollte keinen Fehler machen, und weil er wohl spürte, dass man in der Liebe selten alles perfekt machen kann, blieb er untätig, ein ganzes Leben lang. Nun, mit 60, will er nicht länger einsam sein. Er meldet sich zum Scrabblespielen und in der Kirchengemeinde an. Und hofft auf die Liebe.

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