Reisen während CoronaBringt uns der digitale Impfpass wieder in ferne Länder?
Die Luftfahrtbranche und Techkonzerne testen derzeit unterschiedliche Modelle einer elektronischen Lösung. Damit soll der Reiseverkehr für die Wirtschaft und für Private angekurbelt werden.
Werden wir am Flughafen bald neben Pass und Boardingkarte routinemässig das Smartphone mit dem digitalen Impfpass bei der Kontrolle zücken? Darauf hofft die darbende Luftfahrtbranche, darauf hoffen die verwaisten Tourismusdestinationen rund um den Globus.
Und darauf hoffen auch viele Firmen in der Schweiz. Der Industrieverband Swissmem verlangt neben flächendeckenden Impfkampagnen und genügend Testkapazitäten international anerkannte, fälschungssichere Impfatteste. «Nur so können Techniker, Serviceleute und das Verkaufspersonal wieder reisen. Das ist entscheidend, denn rund 80 Prozent des Geschäftes der Schweizer MEM-Industrie finden im Ausland statt», teilte der Verband am Mittwoch mit. Auch Tourismuskantone drängen auf den Pass.
Doch wie funktioniert ein Gesundheitspass? Personen müssen einen Corona-Test oder die Impfung in einer akkreditierten Gesundheitseinrichtung machen. Dann werden die Ergebnisse auf eine entsprechende App hochgeladen. Die App ist mit einer Datenbank verbunden, in der die Einreisebedingungen gespeichert sind.
Der Pass beurteilt dann, ob Test oder Impfung aus einer zuverlässigen Quelle stammen und mit den Anforderungen des Ziellandes übereinstimmen. Im nächsten Schritt müssen die Ergebnisse mit den Regulierungen der unterschiedlichen Länder abgeglichen werden. Das Ergebnis wird in einen QR-Code verwandelt. Grundsätzlich kann der Code elektronisch gespeichert oder auf Papier ausgedruckt werden. Gibt der Code im übertragenen Sinn grünes Licht, kann die Reise angetreten werden, zeigt er Rot, geht die Reise zurück in die eigenen vier Wände.
Umstrittene Schweizer Lösung
Auch hierzulande gibt es eine digitale Lösung für das Impfbüchlein. Nur weiss kaum jemand davon. Ende Dezember wies die Direktorin des Bundesamtes für Gesundheit, Anne Lévy, an einer Medienveranstaltung darauf hin, dass Personen mit einer Covid-Impfung ihre Daten ab Januar auf myCovidvac eintragen lassen können. Dahinter steht das digitale Impfbüchlein namens «Meineimpfungen», ein Projekt, das seit zehn Jahren läuft und unter den Geimpften nur wenig bekannt ist.
Recherchen des «Beobachters» und des Konsumentenmagazins «Saldo» zeigten das Bild einer wenig transparenten privaten Stiftung. Im Stiftungsrat sind unter anderem die Ärzteschaft und der Apothekerverband vertreten. Neben Mitteln aus der Bundeskasse fliessen auch Gelder aus der Pharmaindustrie in die Stiftungskasse.
Für Argwohn unter IT-Fachleuten sorgte in der Vergangenheit, dass die Daten der Geimpften nicht auf einem Bundesserver gespeichert sind, sondern bei einer Privatfirma. Auch wurde der Zugriff auf die Daten als wenig sicher kritisiert. Wer das Passwort einer registrierten Person kennt, erhält Zugriff auf die Gesundheitsdaten. Nach den Medienberichten versprach die Stiftung Besserung in Sachen Sicherheit.
Trotz der Kritik hält das BAG an der Lösung «Meineimpfungen» fest.
Das Aus für das gelbe Impfbüchlein?
Und was passiert mit dem berühmten gelben Impfpass der Weltgesundheitsorganisation (WHO)? Wird er weiterhin im Reisegepäck mitfliegen? Wohl eher nicht. «Der Pass ist fälschungsanfällig», sagt die Amerikanerin Lucy Yang. Sie arbeitet für die Covid-19 Credentials Initiative. Diese Organisation arbeitet unter dem Dach der Linux Foundation zusammen mit mehreren Dutzend Unternehmen aus der ganzen Welt an einer digitalen Alternative zum gelben Papierpass.
Die WHO selber wird sich laut Experten darauf konzentrieren, die Parameter zu definieren, welche die digitalen Pässe zu erfüllen haben. Diese Leitplanken sollen bald veröffentlicht werden.
Schweizer Know-how gegen Fälschungen
Dass die Gefahr der Fälschung ein wichtiges Thema ist, beweist Israel. Kaum hatte das Land am letzten Sonntag als erster Staat den digitalen Impfpass freigegeben, kursierten bereits Anleitungen zum Fälschen des Dokumentes. (Mehr dazu lesen Sie hier.)
Die in der Nähe von Lausanne ansässige Firma Sipca hat eine Lösung gegen Fälschungen entwickelt. Das Unternehmen, das weltweit führend ist bei der Herstellung von Sicherheitselementen auf Banknoten und Pässen, hat auch eine Lösung für elektronische Dokumente im Angebot.
Sipca offeriert eine Siegeltechnologie für elektronische Dokumente, wobei die Fälschungssicherheit mittels Blockchain und QR-Code gewährleistet wird. Die Daten wie Name und Geburtsdatum sind im QR-Code gesichert.
Bei der Sipca-Lösung werden persönliche oder vertrauliche Daten nie in einer Datenbank oder auf Blockchain gespeichert. Transferiert wird bei der Kontrolle am Flughafen oder anderswo nur die Information, dass die betreffende Person geimpft worden ist. Die Gesundheitsdaten bleiben beim Aussteller. Das sind je nach Kanton das Spital, die Apotheke, der Hausarzt, ein Labor oder staatliche Stellen.
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