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Branche nach Corona unter Druck
Oberster Bündner Hotelier sieht Jugend verweichlicht

Ernst Wyrsch verortet bei der heutigen Jugend eine fehlende Resilienz.

Der Tourismusbranche fehlt es auch nach den Pandemiejahren weiter an Fachkräften. Doch das sei bei weitem nicht das einzige Problem, sagt der Bündner Hotelierpräsident und Führungstrainer Ernst «Aschi» Wyrsch im Interview mit der «Südostschweiz».

So werde die Branche in der Schweizer Tourismushochburg Graubünden neu auch von den vielen krankheitsbedingten Absenzen und vorzeitigen Abgängen von Mitarbeitenden belastet.

«Falsche Erziehung ohne Leistungscharakter»

Für Wyrsch ist klar, wo der Hund begraben liegt: «Die heutige Jugend ist verweichlicht. Man gibt zu schnell auf, ist rasch genervt, empfindlich und kränklich», wird er zitiert. «Kurz: Die Widerstandsfähigkeit, die sogenannte Resilienz, fehlt.»

Daran seien vor allem die Eltern schuld, ist Wyrsch überzeugt. «Sie sind geprägt durch eine falsche Erziehung ohne Leistungscharakter», so der Hotelierpräsident. «Wir haben es gut gemeint, sind aber zu weit gegangen.» Von einem sehr strengen Erziehungsmodell seien wir zu einer «Mach, was du willst»-Mentalität übergegangen. «Das war falsch.»

Konkret bestreite die Bündner Hotellerie die aktuellen Festtage mit ungefähr fünf Prozent unbesetzten Stellen. «Gefühlt hat sich das Problem im Vergleich zum Vorjahr leicht entspannt, ich traue dem Frieden allerdings nicht», sagt Wyrsch.

Er rechnet damit, dass viele Angestellte den Bettel wieder hinwerfen. «Die Tage in der Hochsaison sind lang, der Umgangston mag bisweilen rau und fordernd sein. Einigen ist dies zu anstrengend.» Die hohe Fluktuation sei ein neues Phänomen, er wolle aber betonen: Dieser Trend betreffe auch andere Branchen.

Auch Führungskräfte sind überfordert

Wyrsch glaubt an ein gesellschaftliches Problem, das auch die Hoteliers selbst betrifft: «Wir sind physisch gesund, aber psychisch krank.» Schuld daran seien die permanente Reizüberflutung und die Dauerberieselung durch Social Media und Newskanäle.

«Wir saugen heute fast rund um die Uhr alles auf (…), und doch beschleicht uns dauernd das Gefühl, wir würden etwas verpassen und hinterherhinken. Der Rhythmus der Welt ist vielen zu schnell geworden, und das führt zu einer permanenten gefühlten geistigen Überforderung.»

Einen Ausweg sieht Wyrsch in mehr Ich-Zeit. «Es gibt kein Schulfach Selektion, darum haben wir auch nicht gelernt, mit diesem Overload an Informationen und Nachrichten umzugehen.» Wichtig sei darum, auch einmal offline zu sein und Langeweile auszuhalten. «Wenn wir das nicht lernen, dann hat unser Körper über kurz oder lang nur eine Möglichkeit: die Notabschaltung.»

Auf Anfrage dieser Zeitung sagt Wyrsch, er stehe zu seinen bewusst pointierten Aussagen. Von einer stillen Mehrheit erhalte er viel Zuspruch.

SDA/fem