Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Frankreichs Terrorangst
Ein 13-Jähriger für 380 Bomben­drohungen ver­ant­wort­lich

French police stand guard in a cordonned off area at Paris' Gare du Nord train station, after several people were lightly wounded by a man wielding a knife on January 11, 2023. The man was arrested by police at the station, which serves as a hub for trains to London and northern Europe, after they opened fire and wounded him, said a police source, who asked not to be named. (Photo by JULIEN DE ROSA / AFP)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Man fragt sich ja immer, wie jemand auf die Idee kommen kann, Bombendrohungen vorzutäuschen. Mit anonymen Anrufen bei der Polizei, mit Posts im Internet. In Frankreich hat die Justiz einen 13-Jährigen aus Laval im Pays de la Loire in Gewahrsam genommen, der zugab, Hunderte solche Drohungen gefälscht zu haben, mit seinem Computer. Die Justiz nimmt an, dass es etwa 380 gewesen sein könnten, verteilt auf ganz Frankreich. Der Teenager benutzte dafür ein VPN, ein Programm, mit dem die Verortung des Computers verhindert werden kann.

Dank einer aufwendigen internationalen Recherche gelang es der französischen Polizei, das Zuhause des Jungen zu lokalisieren. Sie nahm zunächst die gesamte Familie fest, behielt dann aber nur den jüngsten Sohn in Gewahrsam, wie die Zeitung «Le Parisien» in ihrer exklusiven Geschichte berichtet. Der Schüler, der offenbar psychische Probleme hat, erzählte den Ermittlern, das sei nur ein Spiel gewesen, es gebe da weder politische noch religiöse Beweggründe für sein Handeln. Der Krieg in Nahost? Auch der treibe ihn nicht an.

Menschen in Angst, Flugausfälle, hohe Kosten

Das aber war die Vermutung der französischen Regierung gewesen – ein Überschwappen. Im Nachgang zum Terrorangriff der Hamas auf Israel und zum Gegenschlag der israelischen Armee in Gaza hatte es in Frankreich nämlich Hunderte Bombenalarme gegeben. An gewissen Tagen mussten deshalb grosse Museen, Gerichte, Schulen, Bahnhöfe und Flughäfen evakuiert werden. Das Musée du Louvre mehrmals, das Schloss Versailles auch, die Gare de Lyon. Menschen in Angst, Flugausfälle, horrende Kosten.

Der Staat hat in solchen Fällen gar keine andere Wahl: Er muss reagieren, egal, wie glaubwürdig die Drohungen anmuten. Gerade der französische Staat steht im besonderen Mass unter Druck. Das Land hat schon so viele Terroranschläge erlebt, man zögert nicht. Auch als Folge dieser Häufung von Bombendrohungen hatte die französische Regierung im vergangenen Herbst die Terrorwarnstufe «Urgence attentat» ausgerufen, Notstand Attentat. Es gibt kein höheres Niveau im dreistufigen Sicherheitsplan Vigipirate.

French Justice Minister Eric Dupond-Moretti arrives for a meeting with members of the French government to share the government's priorities, at Hotel Matignon, in Paris, on January 18, 2024. (Photo by JULIEN DE ROSA / AFP)

Doch schon bald sprach Frankreichs Justizminister Éric Dupond-Moretti davon, man werde «diese kleinen Kasper» schon finden. 192 Ermittlungen zu falschen Bombenalarmen wurden eröffnet, dreissig davon waren ergiebig. Oft handle es sich dabei um «Minderjährige oder junge Erwachsene», wie der «Parisien» von den Justizbehörden erfuhr.

«Eine immense Mehrheit der aufgespürten und verhafteten Personen hat keine Beziehung zu Attentaten oder zur internationalen Situation.» Sie handeln aus Langeweile, aus böser Dummheit. Die Justiz spricht von «schlechten Scherzen» – mit strafrechtlichen Folgen für die «Kasper» und ihre Familien.

Sind die Täter minderjährig, müssen auch mal die Eltern bezahlen

Auf dem Tatbestand «Verbreitung von Falschnachrichten mit der Absicht, eine gefährliche Zerstörung oder eine Todesdrohung vorzutäuschen», wie es – paraphrasiert – im Gesetz heisst, stehen Gefängnis und Geldstrafen: zwei bis drei Jahre Haft sowie 30’000 bis 45’000 Euro Busse.

Wenn es sich beim Täter um einen Minderjährigen handelt wie in diesem Fall, kann es vorkommen, dass das Gericht die Eltern dazu verurteilt, den angerichteten Schaden zu begleichen. Hier geht der Schaden allerdings in die Millionen, allein für die zusätzliche Mobilisierung der Polizei.