Turnschuhfirma geht an US-BörseBörsenprospekt gibt Einblick in bislang geheime On-Zahlen
Der Schweizer Sportartikelhersteller On sucht an der New Yorker Börse frisches Kapital. Nun zeigt sich, dass sein Geschäft noch nicht besonders profitabel ist und wer vom Börsengang am meisten profitiert.
Es ist eine Schweizer Erfolgsgeschichte. Innerhalb von elf Jahren schafft es die Jungfirma On von der Gründung an die New Yorker Börse. Bei den Geschäftszahlen war der Turnschuhhersteller während des rasanten Aufstiegs nie besonders transparent – musste er auch nicht sein, denn das Unternehmen gehört den Gründern und einigen ausgewählten Investoren, wie etwa Tennis-Star Roger Federer.
Nun legt die Firma ihren Börsenprospekt vor. Damit bestätigt sie zum einen die seit Monaten anhaltenden Gerüchte um den Börsengang und muss den potenziellen Investoren gleichzeitig auch Einblick in die Geschäftszahlen geben.
Dort zeigt sich, dass On zwar rasant wächst, aber noch nicht sonderlich profitabel ist. So hat der Umsatz zwischen den Geschäftsjahren 2019 und 2020 um fast 60 Prozent zugelegt und ist auf rund 425 Millionen Franken angestiegen. Gleichzeitig wuchs der Verlust von 1,5 Millionen Franken auf 27,5 Millionen Franken.
Gewinnschwelle erreicht
In den letzten sechs Monaten lief es deutlich besser. Der Fitness-Hype in der Corona-Pandemie spielte der Firma in die Karten. Im ersten Halbjahr setzte On Turnschuhe im Wert von 316 Millionen Franken ab. Das entspricht einem Plus von rund 80 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dabei schaute ein Reingewinn von 4 Millionen Franken heraus. Etwas besser sieht das Betriebsergebnis aus, es beträgt 47 Millionen Franken. Im Vorjahr lag das Minus in diesem Zeitraum noch bei 33 Millionen Franken netto.
Über den Börsenwert von On wird weiterhin spekuliert. Die «Bilanz» schrieb kürzlich, dass On eine Bewertung zwischen 6 und 8 Milliarden Dollar anstrebe. Das wäre der grösste Börsengang einer Schweizer Firma seit der Publikumsöffnung des Rohstoffkonzerns Glencore im Mai 2011. In den US-Medien wird die Bewertung jedoch tiefer eingeschätzt. So meldete die Nachrichtenagentur Reuters im Frühjahr, dass der Wert zwischen 4 und 6 Milliarden Dollar betragen könnte.
Zu den grössten Gewinnern des Börsengangs gehören die fünf geschäftsführenden Partner der Firma – ihre Anteile dürften mit dem Börsengang massiv an Wert gewinnen. Zu den drei Gründern Olivier Bernhard, David Allemann und Caspar Coppetti stiessen später Martin Hoffmann und Marc Maurer hinzu. Laut dem Börsenprospekt halten die Gründer jeweils gegen 20 Prozent der Stimmrechte, Maurer und Hoffmann jeweils rund 3 Prozent. Die fünf On-Partner haben so hohe Stimmrechte, weil sie Vorzugsaktien besitzen. Die On-Aktionäre entscheiden an einer GV, ob sie diese in normale Aktien umwandeln und verkaufen dürfen. Weitere wichtige Teilhaber sind die US-Risikokapitalinvestoren Point Break (25 Prozent) und Stripes (12 Prozent).
Die Schweizer Banken spielen beim Börsengang nur eine Nebenrolle.
Mit dem Börsengang will die Firma bis zu 100 Millionen Franken frisches Kapital aufnehmen und damit das weitere Wachstum finanzieren. An die Börse gebracht wird die Firma von den US-Grossbanken J.P. Morgan, Goldman Sachs und Morgan Stanley. Die Schweizer Institute UBS und Credit Suisse spielen dabei nur eine Nebenrolle.
«Freund und Partner» Roger Federer
Tennis-Star Roger Federer ist an On mit schätzungsweise 50 Millionen Franken beteiligt, heisst es in früheren Medienberichten. Aus dem Börsenprospekt geht aber nicht hervor, wie gross seine Anteile tatsächlich sind und in welcher Form er sie hält. «Seit 2019 sind wir stolz darauf, Roger Federer nicht nur als Investor, sondern auch als Freund und Partner zu bezeichnen, der viele Tage mit uns im On Lab verbringt, um an seiner Sneaker-Franchise und seinem Tennis-Wettkampfschuh zu arbeiten», heisst es dazu in den Börsenunterlagen.
Der Tennisstar spielt als Werbefigur eine wichtige Rolle, um Kundinnen und Kunden in neuen Märkten anzulocken. Während das Geschäft in den USA und in Europa gut läuft, gibt es in Asien noch Nachholbedarf. Ausserdem ist es dem Unternehmen bisher nicht gelungen, neben den Schweizer Olympioniken andere international bekannte Spitzensportlerinnen und -sportler als Aushängeschilder zu gewinnen.
Klarheit schafft der Prospekt auch bezüglich des Herstellungslandes. Wurden die Schuhe früher in Vietnam und in Indonesien hergestellt, fand die Produktion in den letzten Monaten ausschliesslich in Vietnam statt.
Boni für die Chefs
Die Chefetage von On hat im letzten Jahr ansprechend verdient – zumindest auf dem Papier. Die Gesamtvergütungen für die leitenden Angestellten – es ist nicht klar, wie viele Personen das sind – belaufen sich auf fast 12 Millionen Franken, wobei aber rund 10 Millionen Franken von Aktienpaketen aus verschiedenen Boni-Programmen stammen. Das Management wurde wohl mit eher tiefen Löhnen, aber der Aussicht auf einen baldigen Börsengang entschädigt. Bald werden On-Aktionäre mehr über die Saläre der Chefs wissen: Ab dem nächsten Jahr wird die Firma eine GV durchführen und dort einen Vergütungsbericht vorlegen müssen.
Schon jetzt ist klar, On-Aktionäre investieren in steigende Kurse und nicht in einen Dividendentitel. So heisst es im Börsenprospekt: «Wir beabsichtigen nicht, in absehbarer Zukunft Dividenden zu zahlen, sodass ihre Rendite von der Kurssteigerung unserer Stammaktien abhängt.»
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