Rares GipfeltreffenBiden umwirbt Afrika
Barack Obama hatte Afrika Grosses versprochen. Nun versucht Joe Biden, den Faden wieder aufzunehmen. Nicht zuletzt wegen Russland und China.
Eigentlich beabsichtigte US-Präsident Joe Biden, seinen afrikanischen Gästen ein Geschenk zu machen, indem er 49 Staats- und Regierungschefs zu einem dreitägigen Gipfeltreffen empfängt. Sein Vorvorgänger Barack Obama hatte das Format ins Leben gerufen, um die Verbindungen zum afrikanischen Kontinent zu verbessern. Dabei versprach der erste afroamerikanische US-Präsident eine neue Ära der Zusammenarbeit. Doch 2014 fand die Serie ein jähes Ende, die Versprechen blieben unerfüllt. Nun will Biden Obamas Ambition wiederaufleben lassen.
Doch die Gäste sind skeptisch, was Bidens neue Initiative bringen wird. In ihrer Wahrnehmung ist der Neuanfang von einem diplomatischen Missgeschick begleitet: Der US-Präsident richtet für die 49 Staats- und Regierungschefs zwar einen dreitägigen Gipfel mit Staatsempfang und Galadiner aus – aber er trifft keine Afrikaner zu bilateralen Treffen. Das verstärkt die Befürchtungen der Gäste, von den Gastgebern als monolithischer Block statt als Vertreter einzelner Länder mit sehr unterschiedlichen Interessen wahrgenommen zu werden, als blosse Schachfiguren im Wettstreit der Supermächte.
Zutritt zum Club der Reichen
Das Weisse Haus sandte darauf Vizepräsidentin Kamala Harris und Aussenminister Antony Blinken zu zahlreichen Treffen aus und liess den Gästen dabei versichern, in den nächsten Monaten würden die Amerikaner die einzelnen Regierungschefs zu Hause besuchen. Zu entschärfen versuchte Biden die Kritik auch, indem er schon vor dem Gipfel sein Hauptgeschenk an die Afrikaner durchsickern liess: Er wollte am Mittwoch vorschlagen, die Afrikanische Union in die G-20 aufzunehmen.
Mit Südafrika ist bisher nur ein einziges afrikanisches Land Mitglied in dem Reigen der grössten Volkswirtschaften. Macky Sall, Präsident von Senegal und der Afrikanischen Union, begrüsste Bidens Vorstoss schon vor dessen offizieller Verkündigung. «Das wird helfen, eine starke und dynamischere Zusammenarbeit aufzubauen», sagte Sall in Washington nach einem Treffen mit Blinken. Die Aufnahme in die G-20 ist eine alte Forderung der Afrikanischen Union; unter anderem wurde dort die Bewältigung der Covid-Pandemie vorbereitet – und Afrika weitgehend aussen vor gelassen.
Biden versprach überdies mehr Hilfe: 55 Milliarden Dollar wollen die USA in den nächsten Jahren in Afrika investieren. Diese Summe wird von den Vertretern der afrikanischen Länder zwar begrüsst. Doch wurde sie umgehend den über 60 Milliarden Dollar gegenübergestellt, welche die USA bereits für den Krieg in der Ukraine bereitgestellt haben, ein Missverhältnis in der Wahrnehmung vieler Afrikaner. Ohnehin hegen sie den Verdacht, dass Biden den Gipfel vor allem zu einem Ziel nutzen will: Die afrikanischen Staats- und Regierungschefs enger an die westliche Staatengemeinschaft zu binden, um die Abwehrfront gegen Russland und China zu stärken. Aussenminister Antony Blinken hört zwar nicht auf, zu betonen, dass sich die Afrikaner keineswegs zwischen Ost und West entscheiden müssten.
Gegen China und Russland?
Bei den Afrikanern kommt die amerikanische Werbeoffensive jedoch ganz anders an. Viele sind nicht bereit, ihre regen Beziehungen mit Russland und China aufzugeben. China ist der grösste Direktinvestor auf dem Kontinent, eine jüngere Entwicklung. Und Russland hat sich als grösster Lieferant von Waffen und militärischer Ausbildung unverzichtbar gemacht, eine Konstante seit dem Kalten Krieg.
Die Menschen in den afrikanischen Ländern leiden nun am meisten unter den Preisschocks, die Russlands Angriff auf die Ukraine nach sich gezogen hat. Viele Länder sind auf Lebensmittelimporte angewiesen und bezogen den Grossteil ihres Weizens aus der Ukraine und aus Russland. Besonders am Horn von Afrika drohen darum nun wieder Hungerkrisen, wie sie längst überwunden galten. Die Nahrungsmittelsicherheit und die Landwirtschaft gehören deshalb zu den wichtigsten Anliegen, welche die afrikanischen Staatschefs mit den USA diskutieren wollen.
Mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa versuchte Biden schon im Vorfeld des Gipfels, Fortschritte zu erzielen. Doch Südafrika, die drittgrösste Volkswirtschaft auf dem Kontinent, weigert sich weiterhin, nur schon UNO-Resolutionen gegen Russland mitzutragen: Dort kursiert die Lesart, nicht der Krieg Russlands habe die Preissteigerungen auf den internationalen Nahrungsmittelmärkten ausgelöst, sondern die Reaktion des Westens, insbesondere die Sanktionen. Für die Amerikaner ist das indes Desinformation, die es zu bekämpfen gelte.
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