Terror in SomaliaDer Albtraum ist noch nicht zu Ende
Verzweiflungstat oder Machtdemonstration? Somalia hat der Al-Shabaab-Miliz den Krieg erklärt, doch die Terroristen schlagen immer wieder blutig zurück – so wie gerade in Mogadiscio.
Der somalische Umwelt- und Klimaschutzminister Adam Aw Hirsi setzte am Sonntag innerhalb weniger Stunden zwei Tweets ab, den ersten als Überlebender, den zweiten als Politiker. «Ich bin in Sicherheit», schrieb er am Abend, nachdem Terroristen das Hotel in Mogadiscio angegriffen hatten, in dem Hirsi sich aufhielt. Ein paar Stunden später folgte eine politische Einordnung des Anschlags: Es handle sich in keiner Weise um eine Machtdemonstration, schrieb Hirsi. Im Gegenteil, es sei eine Verzweiflungstat, die beweise, dass die Terrorbosse um ihr Leben fürchteten und ein letztes Mal um sich schlügen. «Wir werden in diesem Krieg nicht nachlassen.»
Es ist ein Krieg, der seit Monaten eskaliert und mit dem Angriff am Sonntag einen weiteren blutigen Höhepunkt erlebte. Schwer bewaffnete Kämpfer stürmten nach dem Abendgebet das Hotel Villa Rose nahe dem Präsidentenpalast in Somalias Hauptstadt, Augenzeugen berichteten von Schüssen und Explosionen. Über die Zahl der Todesopfer gab es am Montag unterschiedliche Angaben. Die einen berichteten, es seien mindestens zehn Hotelgäste sowie ein Attentäter umgekommen, andere sprachen von vier Toten. Am Montag hatten die Angreifer das Hotel immer noch unter Kontrolle. Die islamistische Al-Shabaab-Terrormiliz teilte mit, sie sei für den Angriff verantwortlich.
Bei dem Anschlag handelt es sich offenbar um eine Vergeltungsaktion. Zwei Tage zuvor hatte das somalische Militär nach Angaben der Regierung mehr als 100 Al-Shabaab-Kämpfer getötet. Die Regierung startete vor Monaten, unterstützt unter anderem von den USA, eine militärische Offensive gegen die eng mit al-Qaida verbündeten Islamisten und konnte einige Gebiete im Süden des Landes zurückgewinnen. Wenn es nicht gelinge, al-Shabaab zu besiegen, dann werde die Gruppe «unsere Zukunft und die der kommenden Generationen zerstören», schrieb Somalias Präsident Hassan Sheikh Mohamud Mitte Oktober. «Dieser Albtraum muss endlich enden.»
Doch ob Machtbeweis oder Verzweiflungstat: Die Islamisten beweisen immer wieder, dass Somalias Albtraum noch lange nicht zu Ende ist. Fast im Wochenrhythmus erschüttern sie das Land am Horn von Afrika mit neuen Anschlägen. Der blutigste der letzten Jahre ereignete sich Ende Oktober, als Selbstmordattentäter vor dem Bildungsministerium in Mogadiscio nacheinander zwei Autobomben zündeten. Die zweite detonierte, als Rettungskräfte und andere Helfer sich um die Opfer der ersten kümmerten – ein besonders perfides Vorgehen, um so viele Menschen wie möglich zu treffen. Mehr als 100 Menschen starben, mehr als 300 wurden verletzt. Das Bildungsministerium war laut einem Bekennerschreiben von al-Shabaab als Ziel ausgewählt worden, weil es das Wissen der Ungläubigen im Land verbreite.
Das am Sonntag attackierte Hotel Villa Rose wirbt damit, die am besten gesicherte Unterkunft in Mogadiscio zu sein.
Besonders haben es die Terroristen auf Hotels in der Hauptstadt abgesehen, die als sicher gelten und daher bei Mitgliedern der Regierung, Geschäftsleuten und Ausländern beliebt sind. Das am Sonntag attackierte Hotel Villa Rose – das manchmal auch Villa Rosa oder Villa Rays bezeichnet wird – wirbt auf seiner Website damit, die am besten gesicherte Unterkunft in Mogadiscio zu sein. Das ganze Gelände sei von einer hohen und gut überwachten Mauer umgeben; es gebe Metalldetektoren, alle einfahrende Autos würden an der Unterseite mit Spiegeln kontrolliert.
Doch gegen den Angriff am Sonntag reichten die Sicherheitsvorkehrungen nicht aus. Umweltminister Hirsi berichtete, dass sie nach dem Abendgebet in der Moschee des Hotels zunächst eine massive Explosion gehört hätten, danach «regnete es Kugeln von allen Seiten». Er selbst sei durch eine Hintertür des Hotels in Sicherheit gebracht worden. Andere Regierungsmitglieder entkamen durch Fenster des Hotels. Somalias Sicherheitsminister Mohamed Ahmed Doodishe gehört zu den Verletzten.
Von Armut und verheerender Dürre geplagt
Der Anschlag vom Sonntag trifft Somalia auch deshalb besonders hart, weil am selben Tag in Mogadiscio eine Konferenz begann, auf der das arme und von einer verheerenden Dürre geplagte Land um internationale Investoren wirbt. Präsident Hassan Sheikh Mohamud eröffnete das Treffen am Sonntag persönlich. Die Konferenz werde, so steht es auf ihrer Website, «die klare und laute Botschaft in die Welt schicken, dass Somalia offen für Geschäfte und Investitionen ist». Doch es steht zu befürchten, dass Bomben und Kugeln einmal mehr eine noch deutlich lautere Botschaft in die Welt schicken.
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