Besuch in WashingtonZölle, Mikrochips und Sanktionen: Wofür die Schweiz bei Trumps Leuten weibelt
Schaden von der Schweiz abwenden – das war Helene Budligers Mission in Washington. Nun steht schon der nächste Austausch an: Diesmal reisen US-Parlamentarier nach Bern.

- Helene Budliger sprach in Washington mit Vertretern der Trump-Administration.
- Thema waren unter anderem Zölle, Exportbeschränkungen und Sanktionen.
- Die Schweiz will klären, ob ein Freihandelsabkommen oder sektorielle Abkommen für die USA infrage kommen.
- Am Mittwoch besuchen amerikanische Parlamentsmitglieder Bern. Sie treffen unter anderem Aussenminister Ignazio Cassis und Wirtschaftsminister Guy Parmelin.
Wird Donald Trump auch die Schweiz mit Strafzöllen belegen – obwohl das kleine Land schon jetzt kaum Zölle auf amerikanische Produkte erhebt? Bevor der US-Präsident am 2. April entscheiden wird, wie breit er seinen Handelskrieg führen will, versuchen Diplomaten, die Auswirkungen zu mindern.
Die oberste Schweizer Handelsdiplomatin, Helene Budliger Artieda, ist nun persönlich nach Washington gereist, um dort die Schweizer Argumente vorzutragen. Sie sprach mit Sam Mulopulos, dem Stabschef des neuen US-Handelsbeauftragten. Daneben hatte sie Treffen mit Vertretern des Büros für Industrie und Sicherheit im Handelsministerium sowie «führender Techfirmen», wie Budliger auf X schrieb. Weiter besuchten sie und ihre Delegation die für Sanktionen zuständige Behörde im US-Finanzministerium sowie das Aussenministerium.
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Ein Abkommen speziell für die Pharma?
Trumps Vorwurf der «unlauteren Handelspraktiken» treffe auf die Schweiz nicht zu, machte Budliger Artieda bei ihren Gesprächen mit Mulopulos geltend, wie sie zu CH Media sagte. Es habe eine «sehr freundliche Atmosphäre» geherrscht. Das ist keine Selbstverständlichkeit angesichts des rauen Tons, den der US-Präsident selbst gegenüber engen Verbündeten anschlägt.
Zudem machte Budliger darauf aufmerksam, dass Schweizer Unternehmen in den USA mehr als 400’000 gut bezahlte Jobs geschaffen hätten. Die Schweiz hat kürzlich auch in einem Brief Stellung genommen zu den Vorwürfen aus den USA. Darin erinnerte sie daran, dass die Schweiz nicht «übermässig reguliere» und auch «keine diskriminierenden Steuern oder Subventionen» kenne. Auch diese Argumente dürfte Budliger in Washington noch einmal vorgebracht haben.
In Bern hört man zudem, Budliger habe in Washington auch vorgefühlt, ob ein Freihandelsabkommen im Interesse der USA sein könnte. Kleine ermutigende Zeichen gibt es: Der Stabschef des neuen Handelsbeauftragten war früher Mitarbeiter des Senators Rob Portman, der sich für ein Freihandelsabkommen einsetzte. Und das Büro von Mulopulos ist für die Aushandlung neuer Freihandelsabkommen zuständig.
Trump droht der ganzen Welt mit Strafzöllen
Allerdings signalisieren die Amerikaner den Schweizern bei jeder Gelegenheit unmissverständlich, dass alle wichtigen Entscheidungen nicht auf Fachstufe gefällt werden – sondern im Oval Office, dem Büro von Donald Trump. Da der US-Präsident gerade der ganzen Welt mit Strafzöllen droht, steht der Schweizer Wunsch nach einem Freihandelsabkommen etwas quer in der Landschaft. Als Alternative wären für die Schweiz sogenannte sektorielle Abkommen denkbar, die für einzelne Branchen Ausnahmen im Zollregime festlegen. Im Fokus könnte die Pharma stehen. Mit rund 60 Prozent machen Medikamente und Pharma-Vorprodukte den grössten Teil der Schweizer Exporte in die USA aus.
Trotzdem ist die Pharmabranche von der Idee eines Abkommens nicht begeistert. Heute kann sie auf eine Regel der Welthandelsorganisation zählen, die Medikamente weltweit von Zöllen befreit. Interpharma-Chef René Buholzer sagt auf Anfrage, man dürfe auf keinen Fall mit «überstürzten Forderungen, wie etwa nach einem Freihandelsabkommen», die «weltweite Schwächung dieses Abkommens» riskieren.
In Washington hat Budliger Artieda auch das Büro für Industrie und Sicherheit besucht, das für Exportkontrollen zuständig ist. Man habe die Treffen genutzt, um die «Auswirkungen der neuen Bestimmungen zu KI-Chips für die Schweiz zu eruieren», heisst es beim Seco. Joe Biden hatte im Januar überraschend Beschränkungen erlassen, von denen auch die Schweiz betroffen war. Die Schweizer Delegation trug nun ihre Argumente für eine Ausnahme vor, worüber Trump im Frühling entscheiden dürfte. Beim Besuch im Finanzministerium dürften derweil die US-Sanktionen gegen Russland das Hauptthema gewesen sein.
Amerikanische Parlamentarier sollen zwei Bundesräte treffen
Während die Schweiz – wie auch andere europäische Staaten – wochenlang Schwierigkeiten hatte, in Washington überhaupt Ansprechpartner zu finden, findet nun plötzlich ein reger Austausch statt. Budligers Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) schreibt auf Anfrage, Budligers Reise habe auch «zur Vorbereitung weiterer Gespräche» gedient – «auch auf Ministerebene». Eine Gelegenheit ergäbe sich für Wirtschaftsminister Guy Parmelin etwa im April beim Jahrestreffen von Weltbank und Währungsfonds.
Diese Woche traf sich zudem Brad Bell, der derzeit übergangsmässig die US-Botschaft in Bern leitet, am Montag mit Parlamentariern der Freundschaftsgruppe Schweiz - Amerika. Deren Leiter Damien Cottier (FDP) sagt, es sei ein informeller Austausch gewesen zu den Themen Sicherheit, geopolitische Lage, Handel und zur Lage des multilateralen Systems.
Am Mittwoch besuchen nun sechs amerikanische Abgeordnete – zum Teil mit Begleitung – das Bundeshaus. Dort sind Treffen mit gleich vier Staatssekretärinnen und Staatssekretären geplant: mit Alexandre Fasel (Aussendepartement), Markus Mäder (Sicherheit), Daniela Stoffel (Finanzen) und auch mit Helene Budliger Artieda, die bis dahin zurück aus Washington sein sollte. Zudem ist vorgesehen, dass die Parlamentarier sich mit Ignazio Cassis und Guy Parmelin austauschen. Zu den Treffen eingeladen hat das Aussendepartement (EDA), das einmal pro Jahr US-Parlamentarier in die Schweiz einlädt. Dieses bestätigt die Reise auf Anfrage.
Anreisen werden Lloyd Doggett, Andrew Peter Harris, William Patrick Huizenga, Stephen Lynch, Nicole Malliotakis und Donald Norcross. Das sind sowohl Parlamentarier der Republikaner als auch der Demokraten. Das Ziel ist es laut dem EDA, «die Stärken der Schweiz hervorzuheben und Möglichkeiten der Zusammenarbeit aufzuzeigen».
Die Schweizer dürften sich von den Treffen aber auch erhoffen, einen besseren Einblick ins Funktionieren der USA unter Trump zu erhalten – obwohl auch die Parlamentarier wohl keinen direkten Einblick in die Verwaltung und den engsten Kreis um den neuen amerikanischen Präsidenten haben. Am Freitag reisen die US-Parlamentarier weiter nach Genf, wo sie sich mit Jürg Lauber, dem ständigen Vertreter der Schweiz bei der UNO, treffen sowie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und das Cern besuchen.
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