Kommentar zum Serbien-Kosovo-KonfliktBelgrad spielt eine destruktive Rolle
Dass Serbiens Präsident Aleksandar Vucic Truppen an die Grenze zu Kosovo schickt, ist nichts anderes als ein populistisches Manöver fürs heimische Publikum.
Es sollte ein historischer Kompromiss sein, mit dem die EU und Washington Serbien und Kosovo im April 2013 in Brüssel zu einer Übereinkunft brachten. Doch tatsächlich war sie ein historischer Fehler, dessen Folgen immer wieder auf die Region zurückfallen. Statt Serbien zu zwingen, als Gegenleistung für eine EU-Mitgliedschaft die Unabhängigkeit von Kosovo anzuerkennen, beförderte die EU einen faulen Kompromiss.
Bei dem musste Belgrad Kosovo nicht anerkennen und konnte unter Aleksandar Vucic die Aufarbeitung seiner oft gewalttätigen jüngeren Vergangenheit im früheren Jugoslawien vermeiden, die serbische Minderheit in Kosovo für seine Zwecke manipulieren und bis heute die Karte der angeblich verfolgten Serben spielen.
Dass Vucic jetzt Armee und Polizei in volle Gefechtsbereitschaft versetzt, davon sollte man sich nicht beeindrucken lassen – es ist nicht mehr als ein populistisches Manöver fürs heimische Publikum.
Mit Recht befürchten die Kosovaren die faktische Unregierbarkeit – wie bereits in Bosnien und Herzegowina.
Das stützt Vucic vor allem, weil es in Serbiens staatlichen Medien und regierungsnahen Revolverblättern seit Jahren mit Unmengen an Anti-Washington-, Anti-EU- und Pro-Russland-Propaganda überschüttet wird. Der Ministerpräsident von Kosovo, Albin Kurti, verweigert die 2013 in Brüssel vereinbarte quasiautonome Vereinigung serbischer Städte und Gemeinden in Kosovo – und er tut gut daran.
Das zeigt die destruktive Rolle, die Belgrad seit Jahren bei der Steuerung der noch in Kosovo lebenden Serben spielt. Mit Recht befürchten die Kosovaren die faktische Unregierbarkeit – wie bereits in Bosnien und Herzegowina. Auch dort boykottieren Moskau und Belgrad vor allem über eine serbische Teilrepubik ein Funktionieren des Gesamtstaates, das diesen näher in Richtung Demokratie und EU bringen würde.
Im Falle Russlands hat sich die europäische Politik spät, aber doch umorientiert. Im Falle der Politik gegenüber Kosovo und Serbien ist dies bisher – leider – nicht in Sicht.
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