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Steigende Corona-Zahlen
Belgien zahlt den Preis der Sorglosigkeit

Hat sich als Corona-Krisenmanagerin profiliert: Sophie Wilmès, Belgiens Ministerpräsidentin.
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Die Zeit der Gelassenheit ist in Belgien definitiv vorbei. Wegen des deutlichen Anstiegs an Corona-Neuinfektionen gelten von Mittwoch an bis Ende August erneut strenge Massnahmen: Jeder Haushalt soll in dieser Zeit maximal fünf Leute regelmässig und ohne Mundschutz treffen dürfen, Einkäufe können nur noch von einer Person und mit Alltagsmaske erledigt werden und sollen nicht länger als 30 Minuten dauern. Die Zahl der Besucher von öffentlichen Veranstaltungen, bei denen Maskenpflicht herrscht, wird auf 100 halbiert, unter freiem Himmel dürfen sich maximal 200 Menschen versammeln – und alle, die es können, sollen zurück ins Homeoffice.

Als Premierministerin Sophie Wilmès zu Wochenbeginn die Einschränkungen vorstellte, nannte sie ein Ziel: Ein Lockdown wie im Frühling muss vermieden werden. Alle Bürger sollten überlegen, was sie persönlich tun könnten, «um gegen das Virus zu kämpfen und die Liebsten zu schützen». In der vergangenen Woche wurden in Belgien durchschnittlich 328 Neuinfektionen pro Tag registriert und 23 Menschen ins Krankenhaus eingeliefert. Wie ernst die Lage ist, zeigt die deutliche Reduzierung der sogenannten Kontaktblase auf fünf Leute: Bisher war es erlaubt, jede Woche 15 Personen zu treffen, die nach sieben Tagen wechseln durften.

Die Regeln zu schnell gelockert

Kritisch ist die Lage in Antwerpen, der Hafenstadt mit 530’000 Einwohnern. Dort ist Erwachsenen jeglicher Kontaktsport verboten. Bars und Restaurants schliessen um 23 Uhr, und alle über 12-Jährigen müssen eine Maske dabeihaben, um diese an belebten Orten aufsetzen zu können. Und zwischen 23.30 und 6 Uhr morgens darf bis Ende August nur auf die Strasse, wer zur Arbeit oder ins Krankenhaus muss. Die Regeln, so lautet die Kritik von Experten, seien in Belgien zu schnell gelockert und deren Einhaltung zu wenig überprüft worden. Eine Tracing-App gibt es noch nicht.

In Belgien bestimmt der Streit über die richtigen Antworten auf die Corona-Pandemie die Innenpolitik – und die ist kompliziert. Das Land mit seinen 11,5 Millionen Einwohnern hat seit Dezember 2018 keine Regierung, die über eine Mehrheit im Parlament verfügt, und wird seit Oktober von der Liberalen Wilmès angeführt. Sie hat wegen Corona Sondervollmachten erhalten und muss sich im September einer Vertrauensfrage stellen.

Vor einer Woche hatte König Philippe Bart De Wewer, dem Chef der nationalistisch-separatistischen Partei N-VA, und Paul Magnette, dem Chef der Parti Socialiste (PS), den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Ob sich in einer neuen Koalition auch ein Platz für Sophie Wilmès finden würde, ist offen. Auch wenn es oft Kritik an ihrem Kabinett gab, etwa bei der späten Einführung der Maskenpflicht, so hat sie mit ihrer ruhigen Art meist einen guten Eindruck gemacht. Und dass ihr Job als Corona-Krisenmanagerin sehr schwierig war, bestreiten auch politische Gegner nicht.