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Angst vor Gasmangel
Behörden drohen mit Verbot von Elektro-Öfeli

Die Nachfrage nach Elektro-Öfen steigt. Das alarmiert die Strombranche.  
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Schweizerinnen und Schweizer sorgen sich und sorgen vor. Onlinehändler melden überdurchschnittliche Verkaufszahlen bei mobilen Heizungsradiatoren, Heizlüftern und Heizstrahlern. 
«Bei diesen Produkten liegt das Wachstum bis heute im Vergleich zum Vorjahr bei 300 Prozent», sagt Salome Balmer, Sprecherin von Interdiscount und Microspot. «Am meisten Geräte haben wir im Juli verkauft.»

Ähnliche Steigerungsraten melden Brack.ch und Galaxus. Absolute Zahlen geben die Firmen nicht bekannt. Daniel Rei, Sprecher von Brack.ch, erklärt aber, dass die Stückzahlen im «dreistelligen Bereich» liegen, pro Monat. In Deutschland wurden laut dem Marktforschungsunternehmen GFK in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 600’000 Elektroheizungen verkauft.

Man kann also davon ausgehen, dass seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine auch in der Schweiz etliche Tausend solcher Geräte in den Wohnungen und Einfamilienhäusern landeten – Monate vor dem Beginn der Heizperiode.

Verbot der Öfeli ist möglich

Harmlos ist das nicht. Der Heizöfeli-Boom alarmiert die Strombranche. Michael Frank, Direktor des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen, warnte in der «SonntagsZeitung»: «Der Einsatz Tausender elektrischer Notheizungen kann zu grosser Instabilität im Stromnetz führen.» 

Auch das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) befürchtet, dass es in einer bereits angespannten Stromversorgung wegen vieler zusätzlicher mobiler Elektroöfen zu einem Strommangel kommen kann. «In diesem Zusammenhang könnte die Nutzung elektrischer Geräte eingeschränkt oder verboten werden», sagt BWL-Sprecherin Evelyne Kobelt.

Grundlage für das Verbot oder eine zeitliche Einschränkung wäre das Landesversorgungsgesetz, das im Fall einer schweren Strommangellage solche einschränkenden Massnahmen vorsieht. Das würde dann auch die neu angeschafften Heizlüfter oder Heizstrahler betreffen.

Ihr Gebrauch könnte eingeschränkt oder sogar verboten werden: Mobile Heizstrahler.

Hierzulande sind 700’000 Menschen in 300’000 Haushalten auf Gasheizungen angewiesen. Wie gross ist das Risiko, dass das Erdgas dafür nicht mehr fliesst? Das Bundesamt für Landesversorgung beruhigt: «Im Fall einer Mangellage wären Privathaushalte nicht von Kontingentierungen betroffen.» Privathaushalte gleich zu kontingentieren wie Betriebe, sei technisch gar nicht möglich.

«Die Leute sagen sich: Putin stellt das Gas ab, also kaufe ich für meine Familie ein Öfeli.» 

Christian Fichter, Wirtschaftspsychologe

Sind die Elektro-Öfeli-Käufe also irrational? «Mit einem Augenzwinkern würde ich sagen: Nein. Natürlich ist das rational», erklärt Christian Fichter, Wirtschaftspsychologe an der Kaleidos-Fachhochschule. «Die Leute sagen sich: Putin stellt das Gas ab, also kaufe ich für meine Familie ein Öfeli.» 

Fichter spricht die gegenwärtige Häufung unerwarteter Krisen an. «Sie hat die Menschen vorsichtig gemacht. Plötzlich mussten wir realisieren: Hoppla, ich hätte nicht gedacht, dass so etwas passieren kann.» Zudem habe die Pandemie gezeigt, dass der Staat nicht in jedem Fall helfen könne.

Der Wirtschaftspsychologe vergleicht den Run auf Elektro-Öfeli mit dem Hamstern von WC-Papier zu Beginn der Corona-Krise. «Aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive ist das Verhalten nicht vernünftig», sagt er. «Aber unsere Vernunft ist eben nicht für die gesamtgesellschaftliche Perspektive gemacht, sondern für die Kleingruppe: die Familie oder Sippe.»

Aus diesem Blickwinkel erscheine es sehr wohl rational, sich und die Seinen vor dem Frieren zu schützen. «Das funktioniert dann vielleicht nicht hundertprozentig, aber die paar Hundert Franken für so ein Gerät tun hierzulande vielen nicht weh.»

Zusätzlich spielt laut Fichter «das ganz banale soziale Lernen» eine Rolle, verstärkt durch «das Lernmedium Nummer eins, das Internet». Anders gesagt: Wir sehen und lesen, was andere tun, und machen das nach.

Grill und Campingkocher

Welche Vorsorgemassnahmen im Hinblick auf einen möglichen Gas- und Strommangel sind dann aber sinnvoll? Glück hat, wer eine Holzheizung besitzt oder bis im Winter noch einbauen kann: «Ein Umstieg auf Holzfeuerungen ist betreffend Gas- oder Strommangellage unproblematisch, solange die Versorgung mit Holz sichergestellt ist», sagt BWL-Sprecherin Kobelt

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz verweist seinerseits auf seine Merkblätter zum Erstellen eines Notfallplans und zum Anlegen eines Notvorrats. Explizit ist darin erwähnt, dass Streichhölzer, Kerzen und ein Campingkocher oder -grill mit den passenden Gaskartuschen zur Vorsorge gehören. 
Die Onlinehändler verzeichnen auch bei diesen Produkten überdurchschnittliche Absatzzahlen.