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Neue Generalsekretärin
Bauerntochter will die Grünen vor Verlusten bewahren

Jeder müsse bei sich selbst ansetzen, findet Rahel Estermann von den Grünen. In der Politik habe man aber einen «grösseren Hebel».
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«Für die Klimapolitik steht viel auf dem Spiel», sagt Rahel Estermann. 2022 dürfte als eines der wärmsten Jahre in die Statistik eingehen. Im Juni 2023 wird voraussichtlich über den Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative abgestimmt. Im Oktober stehen die nationalen Wahlen an. Die 35-Jährige übernimmt in dieser spannenden Zeit eine Schlüsselrolle in ihrer Partei. Sie wird Generalsekretärin.

«Ich freue mich darauf, noch stärker mitzugestalten», sagt Rahel Estermann. Seit zwei Jahren nimmt sie die Funktion bereits als Stellvertreterin wahr. Nun wird sie Chefin: Ab Januar wird sie das Generalsekretariat (in Bern) leiten, politische Prozesse aufgleisen und den Austausch zwischen den verschiedenen Gremien der Partei sicherstellen. «Viele Aufgaben sind unauffällig, haben politisch aber Gewicht», sagt sie. Beim Managen des Kleinkrams gelte es, den strategischen Weitblick über 2023 hinaus nicht zu verlieren.

«Wir leben auf Kosten kommender Generationen.»

Rahel Estermann

Im Wahljahr wird die Luzernerin besonders gefordert sein. Laut einer Wahlumfrage von Tamedia müssen die Grünen mit Verlusten rechnen. Estermann reagiert darauf kämpferisch. Im Klimaschutz müsse es schneller vorwärtsgehen. Nachhaltigkeit sei als Ziel zwar wichtiger geworden, werde aber erst wenig umgesetzt. «Der Weg zum Ziel ist noch weit. Wir beuten noch immer unsere Lebensgrundlagen aus und leben auf Kosten kommender Generationen.»

Die Ausgangslage sei anders als vor vier Jahren, räumt die neue Generalsekretärin ein. 2019 konnten die Grünen – und die Grünliberalen – von den Klimademonstrationen profitieren. Mit der Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und der Teuerung sind andere Themen auf die politische Agenda gekommen. Rahel Estermann ist sich daher bewusst: «Wir müssen noch mehr Energie in die Mobilisierung unserer Wählerinnen und Wähler stecken.»

«Wir haben mehr bekannte Köpfe, die unsere Anliegen im Wahljahr vertreten werden.»

Rahel Estermann

Mit der SP sind die Grünen daran, Unterschriften für einen Klimafonds zu sammeln. Mit der Operation Libero machen sie sich Gedanken über eine Volksinitiative zu Europa. «Wir sind inhaltlich vielfältiger geworden», sagt Estermann. «Wir haben mehr bekannte Köpfe, die unsere Anliegen im Wahljahr vertreten werden.» Ob sie selbst für den Nationalrat kandidieren wird, lässt die Generalsekretärin offen. Sie kläre dies gerade mit ihrer Partei ab.

Die Natur liegt ihr von klein auf am Herzen. Zusammen mit zwei Brüdern ist sie auf einem Bauernhof in Hildisrieden aufgewachsen, den ihre Familie seit 400 Jahren besitzt. Ihre Eltern waren «nicht besonders politisch» und haben konventionelle Landwirtschaft betrieben. Die Kindheit auf dem Hof habe sie für den Umgang mit der Natur sensibilisiert, sagt Rahel Estermann.

Dossierfest, kompetent und ausdauernd

Nach einer kaufmännischen Lehre zog sie mit 20 Jahren in die Luzerner Neustadt. Sie studierte Politikwissenschaft sowie Soziologie und begann, sich bei den Grünen zu engagieren. Von 2009 bis 2016 leitete sie das kantonale Sekretariat, seit 2018 politisiert sie im Kantonsrat. Von Kolleginnen wird sie als «dossierfest» und «kompetent» beschrieben. Estermann selbst charakterisiert sich als «ausdauernd». «Ich lasse mich nicht so schnell frustrieren.» So habe sie etwa mitgeholfen, Mehrheiten zu schaffen, damit der bürgerlich regierte Kanton Luzern eine Klima- und eine Digitalstrategie erarbeiten musste.

Um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen, müsse jeder Einzelne seinen Lebenswandel überdenken, findet Estermann. Sie esse beispielsweise wenig Fleisch. Damit habe sie aber kaum Einfluss auf die weltweit vernetzte Nahrungsmittel­produktion und deren schädliche Auswirkungen. Um diese zu reduzieren, müssten auf politischer Ebene Weichen gestellt werden. «In der Politik hat man einen grösseren Hebel. Das motiviert mich.»