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Zukunft der Landwirtschaft
Bauernpräsident Ritter hofft auf einen Coup

«Wir fühlen uns betrogen»: Bauernpräsident Markus Ritter ist mit der geplanten Reform der Agrarpolitik nicht einverstanden.
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Eine Prognose wagt Markus Ritter nicht. Doch der Bauernpräsident hofft, dass die Ständeräte der Wirtschaftskommission am Donnerstag das Reformpaket «Agrarpolitik ab 2022» an den Bundesrat zur Überarbeitung zurückweisen und so einer Empfehlung des Bauernverbands folgen werden. Im Poker um die Ausrichtung der helvetischen Landwirtschaft will der CVP-Nationalrat also bereits beim Eröffnungszug einen Coup landen. Die Ständeräte lassen sich indes noch nicht in die Karten blicken.

«Wir fühlen uns betrogen», sagt Ritter. Mit der Reform soll der Eigenversorgungsgrad von heute 60 Prozent auf 52 fallen, Importe müssen die fehlenden Schweizer Produkte ersetzen. Die Vorlage entspricht deshalb nach Einschätzung Ritters weder dem, was die Bevölkerung 2017 mit der Verankerung der Ernährungssicherheit in der Verfassung gefordert hat. Noch deckt sie sich mit dem Versprechen, das der damalige Agrarminister Johann Schneider-Ammann (FDP) gemacht hatte. Ein weiterer Kritikpunkt: Das Einkommen der Landwirtschaft soll bis 2025 um total 265 Millionen Franken sinken. «Dies kann ja nicht das Ziel einer Gesetzesanpassung sein, der die Landwirtschaft zustimmen kann», resümiert Ritter.

Uneinigkeit unter den Bauern

Doch die Bauern, so zeigt sich nun, sprechen nicht mit einer Stimme. Mehrere Verbände plädieren dafür, auf die Vorlage einzutreten, so etwa die Kleinbauern, Mutterkuh Schweiz, IP Suisse und Bio Suisse. So unterschiedlich ihre Positionen und Forderungen im Detail sind: Alle wollen sie jetzt den neuen Rahmen für die Landwirtschaft zügig setzen und so Planungssicherheit schaffen. Eine Rückweisung der Vorlage, so die Befürchtung, würde diesen Prozess stark verzögern.

Die Kleinbauern-Vereinigung zum Beispiel erhofft sich von der Reform adäquate Antworten auf Probleme wie zu hohe Pestizidbelastungen oder Nährstoffüberschüsse. Präsidentin Regina Fuhrer vermutet in Ritters Empfehlung ein taktisches Manöver: «Wie schon bei der Debatte zu den Pestizidinitiativen geht es dem Bauernverband darum, die Debatte zu verzögern und somit die Pestizidproblematik nicht ernsthaft anzugehen.» (Lesen Sie dazu: Wird die Landwirtschaft nun grün?)

«Völlig falsch», kontert Ritter. Er verweist auf die parlamentarische Initiative der ständerätlichen Wirtschaftskommission. Diese gehe die Pestizidproblematik losgelöst von der Reform an und werde vom Bauernverband auch unterstützt.

«Zögert das Parlament, riskiert es, dass die Stimmbürger die Notbremse ziehen.»

Urs Brändli, Präsident Bio Suisse

Ritter geht davon aus, dass der Ständerat diese Initiative im Herbst behandeln wird, der Nationalrat im Winter, gefolgt von der Schlussabstimmung im Parlament. «Damit haben wir die richtige Antwort auf die Initiativen vor der Abstimmung verbindlich vorliegen», sagt Ritter. Die beiden Pestizidinitiativen – die Trinkwasser- und die Initiative «Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» – gelangen wohl im Frühjahr oder Sommer 2021 zur Abstimmung.

Kritiker wenden ein, die parlamentarische Initiative sehe nur vor, einen verbindlichen Absenkpfad für Pestizide zu definieren. Die konkreten Massnahmen dagegen seien Bestandteil der neuen Agrarpolitik ab 2022.

So etwa sollen im ökologischen Leistungsnachweis (ÖLN), also dem Minimalstandard für eine umweltgerechte Landwirtschaft, Pestizide mit erhöhtem Umweltrisiko nicht mehr zugelassen und der Verzicht auf Pestizide verstärkt mit Direktzahlungen gefördert werden. (Lesen Sie dazu: Weniger Geld für «vergoldete» Bauernhöfe.) Vor diesem Hintergrund warnt Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli, die Agrarreform aufzuschieben: «Zögert das Parlament, riskiert es, dass die Stimmbürger mit den hängigen Initiativen die Notbremse ziehen.»