Boykott des Ballon d’OrDer Kindergarten von Real Madrid
Der ruhmreiche Verein boykottiert die Wahl des besten Fussballers, weil keiner seiner Spieler gewinnt. Ein Wutanfall als Trauerspiel.
Es ist ein ehrenvolles Resultat für Real Madrid. Bei der Wahl des Ballon d’Or von «France Football» und der Uefa belegten seine Spieler die Plätze 2, 3 und 4, durch Vinícius Jr., Jude Bellingham und Dani Carvajal, dazu noch Platz 6 für Kylian Mbappé (wofür eigentlich?).
Für den grossen Club aus Madrid war das der Anfang, sich in seiner Wut ganz klein zu machen und zurück in den Kindergarten zu gehen. Weil nicht Vinícius, gern nur Vini Jr. genannt, die Trophäe gewann, boykottierten sie die Gala am Montagabend im Théâtre du Châtelet in Paris, ein Ort mondän genug für einen solchen Anlass, gleich gegenüber der Notre-Dame gelegen.
Die Madrilenen waren siegesgewiss gewesen, wie das offensichtlich zur Agenda eines 15-fachen Gewinners von Meistercup und Champions League gehören muss. Für Vini, ein Freund von Glanz und Glitter, galt dasselbe, zumindest berichtet eine spanische Zeitung davon, dass er schon am Vorabend bei einer Party gefeiert und seinen Teamkollegen eine Rolex versprochen habe.
Der Real-Sonderflug wurde kurzfristig gestrichen
Am Montag wollte sich dann eine grosse Delegation, um die 50 Personen, nach Paris aufmachen, um reich beladen wieder zurückzukehren. Doch noch vor dem Abflug bemühte sich der Club darum, das wabernde Gerücht zu prüfen, nicht Vini werde ausgezeichnet, sondern Rodri. Und als aus dem Gerücht Gewissheit wurde, strich Real den Sonderflug nach Paris. Und verschickte lieber ein Communiqué.
Darin hiess es: «Wenn die Vergabekriterien Vinícius nicht als Gewinner ausweisen, dann sollten dieselben Kriterien auf Carvajal als Gewinner hinweisen. Da dies nicht der Fall war, ist es klar, dass ‹Ballon d’Or› und Uefa Real Madrid nicht respektieren. Und Real Madrid geht nicht dorthin, wo es nicht respektiert wird.» Die Zeitung «Marca» lieferte noch ein Zitat aus dem Vorstand nach: «Der Ballon d’Or hat für uns aufgehört zu existieren.»
Mag ja sein, dass den Madrilenen das 0:4 am Samstagabend gegen den Erzrivalen Barcelona zusätzlich aufs Gemüt geschlagen hat. Stil liest sich trotzdem ganz anders, gerade für einen Verein, der sich gern als königlich sieht. Vielleicht lohnte sich ein Blick in seine alte Hymne. «Wenn er verliert, reicht er die Hand / Ohne Neid und Groll», steht da. Präsident Florentino Pérez und seine Jünger ergehen sich lieber in kindischem Trotz.
So war also kein Pérez im schönen Theater, um die Trophäe für den «Verein des Jahres» entgegenzunehmen, und kein Carlo Ancelotti, um sich als «Trainer des Jahres» ehren zu lassen. Derweil stand Rodri auf der Bühne, nach seinem Kreuzbandriss an Krücken angehumpelt, und sagte Richtung Real: «Ich stecke nicht im Kopf eines anderen. Sie wollten nicht hier sein, das akzeptiere ich.» Dass sich Rodri die Auszeichnung wegen seines Einflusses auf das Spiel von Manchester City und Europameister Spanien verdient hat, steht ausser Frage.
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