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Autofahrern droht automatische Überwachung

Automatisierte Verkehrskontrollen – wie beispielsweise die Maut-Kontrolle in Deutschland – sind mit dem Vorschlag des Bundesrats nicht vom Tisch. Foto: Keystone
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Die Autoschweiz soll digitaler werden. Ab 2022 sollen Fahrzeughalter frei wählen können, ob sie, wie bisher, eine Autobahnvignette zum Aufkleben oder neu eine elektronische Vignette kaufen wollen. In letzterem Fall müssen sie sich über eine Web-Applikation oder eine App registrieren. Benötigte Angaben: Kontrollschild des Wagens, Zahlungsmittel sowie eine E-Mail-Adresse für die Zustellung der Kaufquittung. Unverändert bleibt in beiden Varianten der Preis: 40 Franken pro Jahr. Die Einnahmen – gegen 400 Millionen Franken pro Jahr –sollen weiterhin in den Bau, Betrieb und Unterhalt der Nationalstrassen fliessen.

Mit dieser Doppelstrategie will der Bundesrat die Autobahnabgabe «sanft in Richtung Digitalisierung» führen. Sein ursprünglicher Vorschlag zur Abschaffung der Klebevignette zugunsten der E-Vignette war in der Vernehmlassung durchgefallen. Die «Kompromisslösung» scheint nun aber keine Abwehrreflexe mehr zu wecken.

Zumindest die vorberatende Verkehrskommission des Ständerats empfiehlt die Vorlage der Regierung einstimmig zur Annahme, wie sie am Dienstag mitgeteilt hat. Sie streicht insbesondere die «Bürgerfreundlichkeit» hervor: Die E-Vignette sei direkt an die Fahrzeugnummer gekoppelt, auch könne sie im In- und Ausland online bestellt sowie bezahlt werden und verursache auch bei Wagenwechsel keinen Mehraufwand.

Neue Ausgangslage

Die Zustimmung in der kleinen Kammer scheint damit Formsache. Danach kommt das Geschäft in den Nationalrat. Dort stehen die Chancen für eine Annahme gut. Bereits im letzten Frühjahr hat die grosse Kammer eine Motion gutgeheissen, die ebenfalls diese Doppelstrategie forderte – allerdings knapp. Die SVP und der Grossteil der FDP waren dagegen.

Nach den nationalen Wahlen halten die beiden Parteien aber nur noch 82 Sitze. Hinzu kommt, dass zumindest im Freisinn gewichtige Exponenten mit der nun vorliegenden Ausgestaltung der E-Vignette einverstanden sind, so etwa der Aargauer Nationalrat Thierry Burkart: «Der Vorschlag des Bundesrats ist bürgerfreundlich.»

Für die Kontrollen zuständig sollen wie bisher die Polizei und die Eidgenössische Zollverwaltung sein. Das Konzept sieht keine automatisierten Kontrollen auf den Nationalstrassen vor. In seinem ursprünglichen Vorschlag hatte der Bundesrat noch rund 50 solcher Anlagen auf den Nationalstrassen geplant. Davon sieht er nun ab. Stattdessen will er nun etwa ein Dutzend mobile Kontrollkameras auf Stativen anschaffen, welche die Kontrollteams auf dem Anhalteplatz unterstützen sollen.

Überwachung bei mehr Missbrauch

Allerdings: Automatisierte Kontrollen sind nicht vom Tisch. Sollten die Autofahrer das neue System «massiv» mehr hintergehen als heute, indem sie keine Vignette kaufen, müssen «trotzdem gezielt eingesetzte automatisierte Kontrollen ins Auge gefasst werden», macht der Bundesrat in seiner Botschaft klar.

«Ich will nicht, dass der Staat weiss, wo und wann seine Bürger unterwegs sind.»

Thierry BurkartFDP-Nationalrat

Mit «massiv» meint er einen Anstieg der Missbrauchsquote von heute 5 auf etwa 10 Prozent. Eine solche Ausweitung würde den Widerstand gegen die E-Vignette wohl wieder erstarken lassen. FDP-Politiker Burkart jedenfalls macht klar, dass er dazu keine Hand böte: «Ich will nicht, dass der Staat weiss, wo und wann seine Bürger unterwegs sind.»

Die Popularität ist entscheidend

So oder so gegen die E-Vignette ist die SVP. Nationalrat Walter Wobmann warnt vor einer «Totalüberwachung der Autofahrer» und einem Schritt hin zu einem Roadpricing», das die SVP dezidiert ablehne. Die Befürworter bestreiten das. Nationalrat Martin Candinas (CVP) räumt zwar ein, dass eine zeit- und ortsabhängige Strassenbepreisung mit der E-Vignette einfacher einzuführen wäre. «Doch für ein Road- oder Mobility-Pricing bräuchte es sicher einen separaten Beschluss des Parlaments und wohl auch des Volks.»

Ob die Tage der Klebevignette gezählt sind, hängt von ihrer Popularität ab. Fällt ihr Anteil am Gesamtabsatz von derzeit knapp 10 Millionen Stück pro Jahr auf unter 10 Prozent, also unter 1 Million, «soll der Vertrieb eingestellt werden», wie es im Gesetzesentwurf heisst. Wann genau, würde der Bundesrat entscheiden.