Australiens Premier entdeckt den Klimaschutz – ein bisschen
Scott Morrison reagiert auf die Kritik an seinem Umgang mit den schweren Buschbränden und verspricht Massnahmen gegen den Klimawandel. Was davon zu halten ist.
Den Klimawandel gibt es nicht, und falls doch, ist er nicht menschengemacht. Die verheerenden Feuer, die in Australien dieses Jahr ungewohnt früh lostobten, die 28 Menschen das Leben kosteten, mehr als einer Milliarde Tiere töteten und 112'000 Quadratkilometer zu Aschelandschaften verwandelten, sind: ganz normal. Und die australischen CO2-Emissionsziele sind mehr als ausreichend. So hat sich Australiens Premierminister Scott Morrison in den vergangenen Monaten und selbst in den vergangenen Wochen immer wieder geäussert - ganz egal, was Wissenschaftler und Feuerwehrchefs ihm und den Australiern zu erklären versuchten.
Auf dem UN-Klimagipfel in Madrid im Dezember hatten seine Abgesandten noch gemeinsam mit denen aus den USA und Brasilien strengere Emissionsziele verhindert. Kritiker seiner Politik und Demonstranten beschimpfte er als Hysteriker, die «Australier ihrer Freiheiten berauben wollen». Der Erhalt von Arbeitsplätzen, gerade in der Kohleindustrie, gehe für ihn und seine Liberal Party immer vor.
Nun auf einmal die Kehrtwende. Am Sonntag gab Morrison dem Fernsehsender ABC ein Interview über die «Bushfire-Crisis». Und was er da zu sagen hatte, klang anders. Es gebe «keinen Streit» darüber, dass der Klimawandel «längere, heissere, trockenere Sommer» verursache. Es brauche eine «historische Wende» im Umgang mit den Feuern, man müsse sich «auf eine neue Normalität vorbereiten». Seine Regierung werde daher eine «Royal Commission» einsetzen, einen Ausschuss, der Vorschläge machen soll, wie man der Klimakrise künftig begegne.
«Dinge, die ich vor Ort hätte besser machen können»
Als Schlagzeile klang das durchaus revolutionär – zumal Morrison bei dem Interview erstmals Kritik akzeptierte an seinem Umgang mit Feueropfern. So hatte er etwa im niedergebrannten Ort Cobargo grob nach der Hand einer Frau gegriffen, obwohl sie ihm eine Begrüssung verweigerte – und als sie mehr Hilfe für freiwillige Feuerwehrleute forderte, drehte er sich weg. «Da gibt es Dinge, die ich vor Ort hätte besser machen können.» Er gab sogar zu, es sei keine gute Idee gewesen, sich vor Weihnachten mit seiner Familie einen Hawaii-Urlaub zu gönnen, während mehr als 2000 freiwillige Feuerwehrleute unbezahlt gegen die Flammen kämpften.
Wie der australische Premier sein Land gegen sich aufbrachte
Ist der Mann also geläutert? Hat ihn die immer lauter werdende Kritik, sowohl aus den eigenen Reihen wie von politischen Gegnern, oder den Zehntausenden Demonstranten, die am Freitag seinen Rücktritt forderten, zu einem Politikwechsel motiviert? Eher nicht. Scott Morrison ist sowohl Opportunist als auch Marketingexperte. Er hat mitbekommen, dass die Stimmung unter den Australiern mit jedem Feueropfer, mit jeder neuen Horrorzahl schlechter wird. Am Wochenende zeigte eine Umfrage der Tageszeitung The Australian, die ihm normalerweise zugetan ist, dass die Mehrheit derzeit nicht mehr ihn wählen würde, sondern den Konkurrenten der Labor-Partei, Anthony Albanese. Da ging er mit dem ABC-Interview in die Offensive.
Keine schärferen Emissionsgrenzen
Wer genau zuhörte, verstand indes, dass Morrison seine Klima- und Wirtschaftspolitik nicht wirklich ändern will. Seine «historische Wende» bezog sich lediglich auf die Art, wie Behörden, Feuerwehr und Militär künftig mit Naturkatastrophen umgehen sollen. Trotz dreimaligen Nachhakens des Journalisten beharrte er darauf, den Australiern bis 2030 keine höheren Emissionseinsparungen zu verordnen. Sein Land werde die (bescheidenen) Klimaschutzziele erreichen «ohne CO2-Steuern, ohne höhere Elektrizitätspreise und die traditionellen Industrien dichtzumachen, von denen die berufliche Existenz vieler Australier aus ländlichen Regionen abhängt».
Mit solchen Sätzen hatte seine Koalition bei der Parlamentswahl im Mai ihre knappe Mehrheit gewonnen, vor allem dank Stimmen aus Queensland, wo die umstrittene Adani-Mine neue Arbeitsplätze schaffen soll.
Doch seither hat sich viel getan. Die Australier diskutieren nun viel über Klimaschutz, hören auf zu verdrängen, dass sich sowohl ihr Land als auch der Ozean erwärmt - was auch ihr geliebtes Great Barrier Reef bedroht. Doppelt sogar, wenn zukünftig womöglich die Kohletransportschiffe der Adani-Minen durch den Meeresnationalpark fahren.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch