Tennis-Wunderkind aus BrasilienDieser 18-Jährige begeistert – und gibt Federer einen Korb
João Fonseca fegt bei seinem Grand-Slam-Debüt einen Top-10-Spieler vom Platz und schlägt die Vorhand härter als alle. Eine Schweizer Firma hat sein Potenzial schon früh gesehen.
- João Fonseca feierte in Melbourne ein eindrückliches Grand-Slam-Debüt.
- Der 18-Jährige gilt als der nächste grosse Star im Tennis.
- Sein Idol ist Roger Federer, er hat diesen aber noch nie getroffen.
- Mit einer Siegesserie von 14 Matches zieht Fonseca erstmals in die Top 100 ein.
Beim Siegerinterview in der Rod-Laver-Arena mit der Deutschen Andrea Petkovic wirkte João Fonseca noch etwas scheu. «Huuuge», riesig, sei das Stadion mit seinen 15’000 Plätzen, sagte er mehrmals und blickte in die Ränge. Manchmal brummelte er leicht verlegen nur ein paar Worte als Antwort. Das alles ist noch neu für den brasilianischen Teenager.
In den zweieinhalb Stunden zuvor hatte Fonseca indes keine Spur von Zurückhaltung gezeigt und bei seiner Grand-Slam-Premiere Andrei Rublew, die Nummer 9 der Welt, in drei Sätzen 7:6, 6:3, 7:6 deklassiert. Dabei schlug er 51 Winner, und sein schnellster Vorhandball wurde mit 181 Stundenkilometern gemessen, womit er die statistische Führung am diesjährigen Australian Open übernahm – vor Giovanni Mpetshi Perricard (180 km/h) und Carlos Alcaraz (178 km/h).
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Auf Youtube analysieren und sezieren Tennistrainer bereits die Schlagbewegung Fonsecas bei der Vorhand, um hinter das Geheimnis seiner Power zu kommen. Denn der 1,85 Meter grosse Teenager ist kein Muskelprotz wie Alcaraz, sondern wirkt eher noch etwas schlaksig. Aber die Wucht, mit denen er seine Bälle schlägt, auch mit der zweihändigen Rückhand, ist eindrücklich.
Es ist eine Frage des Timings, der Drehbewegung des ganzen Körpers und der Art, wie offensiv er in die Bälle hineingeht. Er lässt sich nicht hinter die Grundlinie drängen, sondern ist stets auf dem Sprung nach vorne. Damit erinnert er an Roger Federer – und das ist kein Zufall.
Sein Idol? Natürlich Roger Federer
«Roger war immer mein Idol», sagte Fonseca nach seinem grossen Sieg in Melbourne. «Ich wuchs damit auf, ihn zu beobachten, und versuchte, mein Spiel ihm nachzuempfinden.» Er habe in jüngeren Jahren sogar probiert, die Rückhand einhändig zu spielen wie Federer. Ungefähr eine Woche lang habe er es durchgehalten, dann habe ihm der Ellbogen wehgetan und er wieder auf eine zweihändige Rückhand umgestellt.
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Man muss sich nicht gross aus dem Fenster lehnen, um zu behaupten, dass Fonseca der nächste grosse Star dieses Sports wird, sofern er sich nicht gravierend verletzt. Denn er ist nicht nur sehr talentiert, sondern auch nervenstark. Das bewies er gegen Rublew eindrücklich, als er in den beiden Tiebreaks so richtig aufdrehte und auch mit dem Sieg in Griffweite nicht nervös wurde. «Das ist so eine Sache mit mir», sagte er im Platzinterview. «Je wichtiger der Punkt, desto besser spiele ich, desto mehr attackiere ich.»
Guilherme Teixeira betreut Fonseca, seit er elf ist. Gegenüber «The Athletic» sagte der Trainer, ihm sei nicht nur die Qualität der Schläge des jungen João aufgefallen, als er ihn erstmals habe spielen sehen, sondern auch noch etwas anderes: «Siege begeisterten ihn nicht sonderlich, Niederlagen machten ihn nicht gross traurig. Auf der Tour muss man Woche für Woche konkurrieren und trainieren und in der Lage sein, seine Gefühle zu kontrollieren. Er drückt einfach den mentalen Reset-Knopf und beginnt jeweils wieder von vorne.»
Einer grösseren Öffentlichkeit wurde João Fonseca mit dem Titel am Juniorenturnier des US Open 2023 bekannt. Der 17-Jährige trug sich damals noch mit der Idee, das College an der University of Virginia zu besuchen und dort fürs Tennisteam zu spielen. Doch als er an den ATP-Finals 2023 in Turin als Sparringspartner dabei sein konnte, riet ihm Jannik Sinner davon ab.
«Ich erzählte ihm von meiner Idee, ans College zu gehen», sagte Fonseca. «Darauf sagte Sinner: ‹Dafür bist zu gut. Versuche, Profi zu werden.› Ich glaubte zuerst, er nehme mich auf den Arm.» Aber als er im folgenden Februar im Heimturnier in Rio die bestandenen Profis Arthur Fils und Cristian Garín schlug und in den Viertelfinal einzog, wusste er, dass Sinner richtig gelegen hatte. Also sagte er dem College ab.
2024 ging es für Fonseca indes noch nicht so steil nach oben, wie viele gedacht hatten. War er länger auf Turnieren unterwegs, litt er bald einmal an Heimweh. Er vermisste seine Familie und seine Freunde in Brasilien. Erst gegen Ende der Saison fand er zur Konstanz, die sein Coach bei ihm anstrebt. Er gewann die Next-Gen-Finals im saudiarabischen Jidda, unter anderem mit Siegen über Turnierfavorit Fils und den tschechischen Hünen Jakub Mensik.
Inzwischen hat Fonseca 14 Matches in Serie gewonnen
Weil er zu Beginn dieses Jahres am Challenger-Turnier in Canberra triumphierte, hat Fonseca inzwischen 14 Matches in Serie gewonnen und wird nach dem Australian Open erstmals in den Top 100 auftauchen – als jüngster Spieler. Das soll für ihn aber nur eine Zwischenstation sein.
Dem Tennisportal «Clay» sagte er: «Wenn ich die Rivalität von Alcaraz und Sinner sehe, dann weiss ich, wo ich hinwill. Ich will wie sie sein, ich möchte Grand Slams und andere grosse Turniere gewinnen. Alcaraz und Sinner dienen mir als Inspiration und Motivation, weiter hart zu arbeiten.» Werden aus Alcaraz, Sinner und Fonseca die nächsten grossen drei?
Carlos Alcaraz hält das durchaus für möglich. Der Spanier schaute bei Fonsecas Debüt genau hin und sagte: «Es ist unglaublich, wie er mit allem umgegangen ist. Dass er überhaupt keine Nerven zeigte. Vor ihm werde ich mich in Acht nehmen müssen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er bald zu den besten Spielern der Welt zählen wird.»
Fonseca ist der erste brasilianische Topspieler seit dem charismatischen Gustavo Kuerten, dem dreifachen Paris-Sieger (1997, 2000, 2001). Während Argentinien immer wieder gute Spieler hervorbrachte – Guillermo Coria, Gastón Gaudio, David Nalbandian, Juan Martín del Potro oder Diego Schwartzman –, tat sich Brasilien schwer im Tennis.
Dies wohl auch, weil Tennis im grössten Land Südamerikas immer noch eher ein Sport der Privilegierten ist. Fonseca hat das Glück, aus einer wohlhabenden Familie zu stammen. Vater Christiano ist Mitgründer und Geschäftsführer der Investmentfirma IP Capital Partners in Rio de Janeiro.
Bereits mit 16 unterschrieb er bei On
Dass auch João Fonseca ein gutes Investment ist, erkannte man beim Schweizer Sportartikelhersteller On schon früh – und nahm ihn unter Vertrag. Dass Federer Investor bei On ist, dürfte Fonseca überzeugt haben. Gern hätte Federer den Brasilianer auch ins Portfolio von Team8 aufgenommen, seiner Managementagentur mit Tony Godsick. Doch Fonseca gab ihm einen Korb. «Im Moment möchten wir zu keiner Agentur», erklärte er. «Meine Manager sind meine Eltern.»
Fonseca hat Federer noch nie persönlich getroffen, hofft aber, dass er bald einmal die Chance dazu bekommt. «Ich würde gern seine Geschichten hören», sagte er im Interview mit «Clay». «Wie er sich zum Tennis stellte, als er so alt war wie ich. Er war sehr talentiert, aber viele sagen, er sei als Jugendlicher noch nicht so professionell gewesen. Ich möchte von ihm hören, wie es für ihn war. Er könnte mir sicher ganz viele Dinge beibringen.»
Danach gefragt, welchen Schlag Federers er sich denn aussuchen würde, nannte er den Aufschlag. Die Vorhand trifft Fonseca ja schon ganz ordentlich.
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