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Glosse über hyperkorrektes Sprechen
Aussprache-Streber, go home!

Nach dem Cappuccino gibt es noch zwei Espresso. Oder vielleicht doch lieber zwei Espressi?
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Was tut man, wenn man im Fall Arabisch kann und dies bei einer Diskussion – zum Beispiel über die Verhüllungsinitiative – auch gebührend signalisieren will? Man spricht den Namen des Propheten etwa so aus: Mochammed. Und wenn man Gelegenheit hat, den Geburtsort von dessen christlichen Kollegen einzuflechten, dann heisst das: Bett-lèchämm.

Aussprache-Streber schiessen beim Reden ständig verbale Selfies, wie es «Jetzt», das Jugendmagazin der «Süddeutschen Zeitung», vor Jahren einmal formuliert hat. Das Selfie zeigt: Ich war nicht nur dort, sondern ich war wirklich dort. Ich kenne mich aus in der fremden Kultur, habe sie vielleicht sogar während eines mehrjährigen Auslandaufenthaltes absorbiert. Wie ich spreche, ist ein elegant-beiläufig eingestreuter Hinweis auf die thematische Kompetenz, mit der ich spreche.

Einkaufen in Lannden

Das Hipster-Pärchen war vor Corona übers Wochenende jeweils nicht in London einkaufen, sondern in Lannden, you know. Das u von you fast als ü ausgesprochen, klar.

Die Kollegin verbrachte vor dreissig Jahren ein Austauschjahr in Südamerika, und wenn sie davon erzählt, sagt sie heute noch: Venessuela.

Der Filmfreak war an einer Retrospektive, die dem Werk des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman gewidmet war. Ingmar mit gaaanz dunklem a natürlich, und der Familienname bitte schön: Bäriman, wieder mit dunklem a und ohne g. Precis så.

Und dann sind da die Schweizerinnen und Schweizer, die Hochdeutsch sprechen, als wären sie soeben aus der norddeutschen Tiefebene zugezogen. Oder es zumindest versuchen. «Nee, so ‘ne Nachricht verdirbt mir doch glatt ‘n Tach.»

Fremdschämen mit Ueli Maurer

Die Nemesis des Aussprache-Strebers ist der Aussprache-Holzhacker, mustergültig verkörpert in Bundesrat Ueli Maurer. Was haben wir damals gelacht und uns fremdgeschämt wegen seines realsatirischen Interviews auf CNN – 15 Minuten Weltruhm für das Klischee des Hellebarden-Schweizers, meisterhaft verkörpert von Chueli Muurer.

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Aber auch seine Parteigefährtin Magdalena Martullo («seven sinking steps, you dreamer, you») ist nicht schlecht. Und sein Amtskollege Guy Parmelin, «I can english understand».

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Aussprache-Holzhacker findet man aber auch unter Linksliberalen und Kosmopoliten. Der italienische Ex-Premier Matteo Renzi redet Englisch wie ein Vespa fahrender Glaceverkäufer in einer Hollywood-Italienkomödie, und eine Definition für das Englisch von Klaus Schwaab muss erst noch erfunden werden.

Aussprache-Holzhacker haben einen Mut zur Lächerlichkeit, der cool wirken kann.

Immerhin stehen Aussprache-Holzhacker zu ihren fremdsprachlichen Defiziten. Sie haben einen Mut zur Lächerlichkeit, der sogar cool wirken kann, vor allem, wenn sie auf anderen Gebieten mit Exzellenz auftrumpfen. Das ist irgendwie sympathischer als das penetrante Zelebrieren von Weltläufigkeit und Polyglottismus.

Aussprache-Strebertum ist ein Mosaiksteinchen jener Arroganz, mit der die neue, urban-digitalisierte Elite gemäss Soziologen und Politologen die Globalisierungsverlierer drangsaliert. Beim Italiener «zwei Espressi» bestellen, das ist unfreiwillige Schützenhilfe für Donald Trump.

Okay, das ist jetzt vielleicht etwas übertrieben. Aber «zwei Espresso» tun es auch.