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Gericht kippt Auslieferungsverbot
Rückschlag – Jetzt droht Assange Auslieferung an die USA

Julian Assange auf dem Balkon der ecuadorianischen Botschaft in London.
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Das juristische Tauziehen um Wikileaks-Gründer Julian Assange geht weiter: Ein britisches Berufungsgericht hat das Verbot einer Auslieferung des 50-jährigen Australiers an die USA aufgehoben. In einem früheren Urteil war dies unter Berücksichtigung seines psychischen und gesundheitlichen Zustands und die zu erwartenden Haftbedingungen in den USA untersagt worden.

Washington hatte diese Entscheidung jedoch angefochten – und bekam Recht. Die von den USA in der Zwischenzeit gegebenen Zusicherungen seien ausreichend, um die Sorgen um seine Gesundheit auszuräumen. Das Gericht folgte einem Berufungsantrag der USA, wie Richter Tim Holroyde am Freitag erklärte.

Der Fall werde nun an das erstinstanzliche Gericht zurückgegeben mit der Weisung, die Entscheidung über die Auslieferung der Innenministerin zu überlassen, so der Richter weiter.

Assanges Verlobte kündigt Berufung an

Stella Moris, die Verlobte von Julian Assange, hat angekündigt, erneut in Berufung zu gehen. «Wir werden diese Entscheidung zum frühestmöglichen Punkt anfechten», sagte Stella Moris einer Mitteilung zufolge. Moris bezeichnete die Entscheidung des High Courts als «gefährlich und fehlgeleitet». Es handle sich um eine «schwere Rechtsbeugung», so Moris weiter.

Assange hatte sich mehrere Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London einer Festnahme entzogen. Während dieser Zeit entwickelte sich die Beziehung mit Moris. Das Paar hat zwei kleine Kinder und noch vor kurzem Heiratspläne angekündigt.

Drohendes Urteil: Bis zu 175 Jahre Haft

Geht es nach der US-Regierung, soll ihm der Prozess gemacht werden wegen des Vergehens gegen den mehr als hundert Jahre alten «Espionage Act», der den unbefugten Besitz und die Veröffentlichung geheimer Regierungsdokumente unter Strafe stellt. Assange droht in den USA eine Anklage in 18 Punkten – und damit bis zu 175 Jahre Haft.

Vorgeworfen wird ihm, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen und 2010 und 2011 auf der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht zu haben. Die Dokumente enthielten brisante Informationen über US-Einsätze, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen.

Assange habe mit der Veröffentlichung das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht, so der Vorwurf aus den USA. Seine Unterstützer sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte.

UN-Berichterstatter für Folter: Armutszeugnis für Justiz

Der unabhängige Berichterstatter der Vereinten Nationen für Folter hat das Londoner Urteil scharf kritisiert. «Dies ist ein Armutszeugnis für die britische Justiz», sagte Nils Melzer. «Man kann über Assange denken, was man will, aber er ist nicht in einem Zustand, in dem man ihn ausliefern kann.» Melzer sprach von einem «politisch motivierten Urteil».

«Man will ein Exempel an ihm statuieren», sagte Melzer. Es solle andere abschrecken, jemals wie Assange geheime Regierungsdokumente zu veröffentlichen. Melzer kritisierte die «westliche Sicherheitskoalition». «Sie alle wollen Assange nicht auf freiem Fuss sehen, weil sie das Business-Modell der Geheimhaltung schützen wollen.»

Melzer hat Assange zuletzt im Mai 2019 persönlich im Gefängnis in London gesehen. Er habe aber Kontakt zu seinem engen Umfeld. Assange sei in Isolation, die auf so lange Zeit fast jeden breche. Er sei mit Medikamenten stabilisiert, aber in sehr labilem Gesundheitszustand. Es sei grotesk, dass Richter und Anwälte darüber verhandelten, ob Assange einem Verfahren vor einem geheimen Gericht in den USA gewachsen sei, während er selbst gesundheitlich nicht in der Lage war, der Anhörung zuzuhören. «Hier hat eine Entmenschlichung stattgefunden», sagte Melzer.

«Schande, Schande» vor dem Gerichtsgebäude

Dutzende Anhänger des Wikileaks-Gründers, die sich am Freitag vor dem Gerichtsgebäude in London versammelt hatten, zeigten sich enttäuscht und empört. Viele skandierten «Schande, Schande» und kündigten an, weiter für Assanges Freilassung zu kämpfen.

Assanges Angehörige beschreiben seinen Gesundheitszustand seit Monaten als schlecht und besorgniserregend. Der 50-Jährige sitz seit mehr als zwei Jahren im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh.

AFP/ij