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Druck auf die Finanzmetropole
Aus Hongkong wird eine gewöhnliche chinesische Stadt

Blick auf die Causeway Bay, das Einkaufsviertel der chinesischen Finanzmetropole Hongkong.
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Wird es ungemütlich für Schweizer Banken in Hongkong? Diese Frage stellt sich, nachdem die «Financial Times» zu Wochenbeginn enthüllt hat, dass US-Präsident Joe Biden in Bälde den Druck auf China erhöhen werde. Neu soll Peking auch für sein brachiales Vorgehen in Hongkong zur Verantwortung gezogen werden.

Washington warnte schon einmal die US-Firmen vor wachsenden Risiken in Hongkong. So könne Peking Zugriff auf Daten nehmen, welche Firmen in Hongkong gelagert hätten. Betroffen sein könnten aber auch Firmen, die sowohl in China wie auch in den USA tätig sind.

Zu den bekannten Retorsionsmassnahmen von China gehört es, gegen ausländische Firmen vorzugehen, die die US-Sanktionen befolgen.

40 Prozent der US-Firmen denken an Wegzug aus Hongkong

Die US-Handelskammer in Hongkong hatte im Mai eine Umfrage unter den Mitgliedern durchgeführt. Ergebnis: 40 Prozent der Befragten gaben an, dass sie einen Wegzug aus Hongkong in Erwägung ziehen.

Ob sich Schweizer Firmen ähnliche Gedanken machen, ist nicht bekannt. Die Schweizerisch-Chinesische Handelskammer erklärt, dass es keine entsprechende Umfrage gebe und auch keine geplant sei.

Schweizer Banken sitzen in der Zwickmühle

Bei den Banken in der Schweiz, die in Hongkong, in Festland-China und in den USA tätig sind, will man sich zur aktuellen Lage in Hongkong nicht äussern. Andreas Venditti, Bankenanalyst bei Vontobel, erklärt, dass alle Grossbanken, ob schweizerischer oder ausländischer Herkunft, in Hongkong in der Zwickmühle sässen.

Aus einer Zürcher Vermögensverwaltungsbank mit Büros in Hongkong ist zu vernehmen, dass man nur Unternehmen sowie politisch nicht exponierte Kunden betreue und deshalb zuversichtlich in die Zukunft blicke.

Schleichende Abwanderung nach Singapur

Die Triage der Kundschaft hat bei nicht chinesischen Banken bereits im vergangenen Jahr eingesetzt. Man wollte so Chinesen und Hongkonger in politisch einflussreichen Positionen identifizieren, die ins Visier der US-Sanktionsbehörden geraten könnten, und sich von ihnen trennen.

Auf einer zweiten Schiene haben einige Banken in den vergangenen Monaten andere Standorte gestärkt, allen voran Singapur. Aber auch Tokio versucht mit attraktiven Angeboten, Banken für einen Wegzug aus Hongkong zu gewinnen.

Mit diesen Verlagerungen kann man sich im Streitfall dem chinesischen Rechtsraum entziehen, der das liberale Recht in Hongkong immer stärker verdrängt.

Festland-China gewinnt auf Kosten von Hongkong

Doch längst nicht alle Geldhäuser verlassen Hongkong in Richtung Singapur. Vielmehr verlagern sie das Geschäft in die boomenden Wirtschaftsmetropolen Shenzen und Shanghai. Der Optimismus der Branche nährt sich aus der schieren Menge an superreichen Chinesen, mit denen man lukrative Geschäfte machen will. Das Reich der Mitte gilt als die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der Welt.

Das UBS-Logo prangt auf einem Gebäude in Hongkong. Die Bank will in Festland-China ausbauen. 

So sieht auch die Strategie von UBS und Credit Suisse aus. UBS-Chef Ralph Hamers hat die Region im Frühling neben den USA als Fokusmarkt für zukünftiges Wachstum definiert. Und Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein hat beschlossen, die Mittel der Bank vorrangig für den Ausbau in China einzusetzen. In den nächsten drei Jahren soll das Personal verdreifacht werden. Auch will die Credit Suisse möglichst bald ihr dortiges Wertpapiergeschäft-Gemeinschaftsunternehmen ganz übernehmen.

Auch die grossen US-Finanzinstitute J. P. Morgan und Goldman Sachs haben ihre Präsenz auf dem Festland deutlich ausgebaut.

Peking benötigt Hongkong nicht mehr so stark

Die Verlagerung der Bankenaktivitäten an andere asiatische Standorte oder direkt nach China könnte die Rolle von Hongkong als bedeutender Finanzplatz und Brückenkopf zwischen dem Westen und China deutlich schwächen.

Die Wirtschaftsagentur «Bloomberg» schrieb am Dienstag in einem Meinungsbeitrag, dass Peking Hongkong nicht mehr auf die gleiche Weise benötige wie in 1980er-Jahren. Die Finanzmetropole, in der eine internationale Denkweise geherrscht habe, werde schlicht und einfach zu einer «chinesischen Stadt».

Immerhin: Hongkong kauft weiterhin fleissig Uhren «made in Switzerland». Das hofft auf jeden Fall Jean-Daniel Pasche, Präsident des Verbandes der Schweizerischen Uhrenindustrie. Im vergangenen Jahr lag Hongkong in der Exportstatistik der grössten Abnehmer helvetischer Zeitmesser hinter den USA und China auf Platz drei. Die aktuelle Lage in Hongkong sei zwar beunruhigend, sagt Pasche. «Bis jetzt haben wir jedoch noch keine Probleme festgestellt.»

Ein interessantes Detail über die politischen Spannungen geht aus der Handelsstatistik Schweiz - Honkong hervor. Im vergangenen Jahr machten die Importe aus Hongkong einen enormen Sprung in die Höhe. Dafür verantwortlich sein dürften enorme Mengen an Gold, die unter dem Eindruck der Proteste und der Einführung rigider chinesischer Sicherheitsgesetze in die Schweiz verschoben worden sind.

Gemäss einem Bericht der «Financial Times» im letzten Jahr haben Edelmetallinvestoren 10 Prozent ihrer Goldbestände in die Schweiz und nach Singapur verlagert.