SVP-Parteichef gehtMarco Chiesa tritt überraschend zurück
Der 49-jährige Tessiner gibt im März den Posten als SVP-Präsident ab. Die Nachfolgesuche hat begonnen – mehrere Kandidaten melden Interesse an.
SVP-Präsident Marco Chiesa stellt sich zum Ende seiner ordentlichen Amtszeit im März 2024 nicht zur Wiederwahl. «Ich hatte einen Auftrag. Und der ist erfüllt», so der Tessiner in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit CH Media (Bezahlartikel) und dem «Corriere del Ticino».
Und wer kommt für die Nachfolge infrage? Das Rennen ist völlig offen. Aus der Parteileitung stechen die Namen Marcel Dettling und Manuel Strupler hervor. Er überlege es sich ernsthaft, sagt Dettling auf Anfrage dieser Redaktion.
Der Schwyzer Nationalrat Dettling galt bereits vor vier Jahren als Favorit für die Nachfolge des damals zurückgetretenen Albert Rösti, doch er sagte ab. Im Vize-Präsidium und als Wahlkampfleiter engagierte sich der Landwirt aus Oberiberg seither aber stark und erfolgreich für die Partei.
Manuel Strupler ist zwar erst seit vier Jahren im Nationalrat – und damit halb so lang wie Dettling. Der Thurgauer Ex-Ringer und -Schwinger und Gartenbau-Unternehmer gilt innerhalb der SVP bereits als Schwergewicht und Hoffnungsträger. Ähnlich schaut es bei dessen Aargauer Ratskollegen Benjamin Giezendanner aus.
Auch eine Frau könnte auf Chiesa folgen
Oder ist bei der Volkspartei die Zeit reif für eine Frau oder für jemanden aus der Westschweiz? Beides verkörpern würde Céline Amaudruz. Die Genfer Nationalrätin ist neben Dettling – und Magdalena Martullo-Blocher – eine von drei Personen im SVP-Vizepräsidium.
Die Genannten sind alle über vierzig Jahre alt. Ein Vertreter einer noch jüngeren Generation wäre Nationalrat Mike Egger aus dem St. Galler Rheintal. Der 31-Jährige hat kürzlich bekannt gegeben, dass er nicht für die Regierung seines Kantons kandidiert, weil er sich auf seine Karriere im Fleischkonzern Micarna und in der nationalen Politik konzentrieren wolle.
Nun sagt Egger: «Das Parteipräsidium ist eine spannende und anspruchsvolle Aufgabe, welche selbstverständlich einen grossen Reiz hat. Selbstverständlich macht man sich als leidenschaftlicher Politiker bei solch spannenden Möglichkeiten die eine oder andere Überlegung. Ganz nach dem Motto ‹Sag niemals nie› werde ich in den nächsten Tagen ernsthafte Gedanken darüber machen.»
Die anderen Erwähnten haben noch nicht auf kurzfristige Anfragen reagiert. Falls die SVP keinen Generationenwechsel will, käme auch der Luzerner Nationalrat Franz Grüter infrage. Der Name des 60-Jährigen kursiert immer, wenn ein interessanter SVP-Posten frei wird. Grüter sagt aber auch immer ab.
Weniger infrage kommen dürften weitere starke Figuren der Partei: Thomas Aeschi ist als Fraktionschef gesetzt, Esther Friedli ist erst seit kurzem Ständerätin (und hat, wenn schon, eher Bundesratsambitionen) und Magdalena Martullo-Blocher leitet mit der Ems einen der grössten Industriebetriebe des Landes.
Die Findungskommission der SVP habe ihre Arbeit unter der Leitung von alt Nationalrat Caspar Baader bereits aufgenommen, sagt Chiesa. Mögliche Kandidatinnen und Kandidaten können bis am 19. Januar gemeldet werden. Die Delegierten wählen den Ersatz von Chiesa an ihrer Versammlung vom 23. März in Bern.
«Wir stehen gut da»
Der Zeitpunkt für den Rücktritt als Parteipräsident sei richtig, zeigt Chiesa sich überzeugt. «Das Ziel meiner Amtszeit war: Die Wahlen zu gewinnen und die Politik und die Werte der SVP zu stärken.» Das sei gelungen.
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Seine Partei habe bei den Nationalratswahlen im Oktober neun Sitze dazugewonnen und damit das drittbeste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt, sagt Chiesa. «Wir haben noch an vielen Orten Potenzial, aber wir stehen gut da.»
Die SVP hat seinen Abgang «mit grossem Bedauern» entgegengenommen. Die Partei dankte ihm für seine «grossen Verdienste» in den vergangenen vier Jahren. Chiesas starke Präsenz bei der Parteibasis habe der SVP vor allem in der Romandie sehr geholfen, hiess es. Dort habe die Partei bei den Wahlen vom Oktober vier Sitze zulegen können. Im Tessin gewann die SVP einen Sitz dazu. Chiesa war der erste SVP-Präsident aus dem Tessin und aus der lateinischen Schweiz.
Nach seinem Amt als Parteipräsident werde er nicht verschwinden, so Chiesa, der im November als Tessiner Ständerat bestätigt worden war. «Ich werde noch neue Kapitel in meinem Leben aufschlagen.» So sei er auch Inhaber einer Treuhandfirma und habe eine Stiftung gegründet, die Kinderkrippen verwalte. In die Landesregierung ziehe es ihn – anders als seine Vorgänger Albert Rösti und Ueli Maurer – aber nicht. «Bundesrat zu werden, ist kein persönliches Ziel von mir.»
In den Stadtrat von Lugano?
Anfang Dezember schrieb die «Weltwoche», Chiesa liebäugle mit einem Exekutivamt in der Stadt Lugano. Dort finden im nächsten Frühling Wahlen statt. Chiesa äusserte sich damals nicht zu dem Bericht.
Ende September schrieb zudem diese Redaktion über Ungereimtheiten in Chiesas beruflichem Umfeld. Eine Firma des Tessiners war nicht korrekt geführt.
SDA/chk/cpm/tok/wal
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