Aufregung um InterviewSarko, «ein russischer Influencer»
Wegen seiner Verbindungen nach Russland läuft eine Strafuntersuchung. Nun sorgt Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy mit Kritik an der Ukraine-Politik der EU für Empörung.
Nach einem grossen Interview in der Zeitung «Le Figaro» ist Nicolas Sarkozy heftiger Kritik ausgesetzt. Sarkozy sei ein «russischer Influencer», schimpfte etwa Julien Bayou, ein Abgeordneter der französischen Grünen. François Heisbourg, einer der renommiertesten Geopolitik-Experten Europas, sprach von einem «schändlichen Putin-Versteher-Interview» des früheren Staatspräsidenten Frankreichs. Michailo Podoljak, ein enger Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, sagte, Sarkozys Äusserungen beruhten auf «krimineller Logik». Und er deutete an, dass Sarkozy vom Kreml entweder erpresst oder gekauft worden sei.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Im «Figaro»-Interview, erschienen anlässlich seines dritten Memoirenbandes, äusserte sich Sarkozy auch zu Russlands Krieg gegen die Ukraine. Die EU müsse ihre Strategie klären, anstatt «den Krieg zu finanzieren». Die Ukraine und Russland müssten einen Kompromiss finden, um den Krieg zu beenden, sagte Sarkozy.
Die Ukraine solle weder der EU noch der Nato beitreten, sondern ein «neutrales Bindeglied», eine «Brücke» zwischen Europa und Russland «bleiben». Zudem sollten «international beaufsichtigte Referenden» organisiert werden, welche die staatliche Zugehörigkeit der besetzten Gebiete in der Ukraine festlegten. Dies betreffe auch die Krim, wo sich eine Mehrheit der Bevölkerung «immer russisch gefühlt» habe.
«Die Russen sind anders als wir, aber wir brauchen sie, und sie brauchen uns.»
Sarkozy verurteilte Russlands Krieg gegen die Ukraine, er betonte aber gleichzeitig, dass Russland Europas Nachbar sei. «Die Russen sind anders als wir, aber wir brauchen sie, und sie brauchen uns.» Was die Ukrainer wollen – das war für Sarkozy keine Worte wert, ebenso wenig die russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine.
Sarkozy, der von 2007 bis 2012 Frankreichs Präsident gewesen war, verteidigte im «Figaro»-Interview seine Entscheidung von 2008 – zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel –, den Nato-Beitritt der Ukraine und Georgiens zu blockieren. Denn er habe «die roten Linien Putins» gekannt. Im Weiteren nahm Sarkozy für sich in Anspruch, im Georgien-Krieg vor 15 Jahren Putin überzeugt zu haben, nicht das ganze Land zu erobern. Seit Jahrzehnten sind 20 Prozent des georgischen Staatsgebiets, Abchasien und Südossetien, unter russischer Kontrolle.
Tätigkeit für russischen Versicherungskonzern
Das Sarkozy-Interview verschaffte früheren Recherchen von «Mediapart» neue Aktualität. Gemäss dem Investigativportal ermittelt die französische Finanzstaatsanwaltschaft bereits gegen den früheren Staatschef – wegen des Verdachts auf Einflussnahme sowie wegen Verschleierung von Delikten. Dies steht in Zusammenhang mit den geschäftlichen Kontakten Sarkozys nach Russland.
Sarkozy, gegen den in Frankreich bereits mehrere Korruptionsverfahren laufen, soll vor vier Jahren einen mit drei Millionen Euro dotierten Beratervertrag als «conseiller spécial» mit dem russischen Versicherungskonzern Reso-Garantia eingegangen sein. Die Ermittlungen versuchen zu klären, ob Sarkozy «deliktischen Lobbytätigkeiten zugunsten von russischen Oligarchen» nachgegangen sei.
Ein weiteres Beispiel für Sarkozys Russlandnähe ist eine 2018 vom russischen Staatsfonds organisierte Konferenz, bei der Frankreichs Ex-Staatschef eine Jubelrede auf Wladimir Putin gehalten haben soll. Für diesen Auftritt erhielt Sarkozy laut Medienberichten ein Honorar von 300’000 Euro.
Rechtspopulistin Marine Le Pen und ihr Rassemblement National haben eine enge Beziehung zum Kremlregime aufgebaut.
Sarkozy gehört in eine Reihe ehemaliger und amtierender französischer Spitzenpolitiker, die sich in den Dienst von russischen Unternehmen mit mehr oder weniger Kremlnähe gestellt haben – wie zum Beispiel auch François Fillon. Der rechtsbürgerliche Premierminister in Sarkozys Präsidialjahren sass in den Aufsichtsräten des russischen Erdöl- und Energieunternehmens Sarubeschneft und des Petrochemiekonzerns Sibur. Diese Ämter legte er aber nieder nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022.
Inzwischen beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss der französischen Nationalversammlung mit den Verbindungen von Politik und Wirtschaft zu Russland. Unlängst kam der Parlamentsausschuss zum Schluss, dass die Rechtspopulistin Marine Le Pen und ihre Partei Rassemblement National eine enge Beziehung zum Kremlregime aufgebaut haben und prorussische Ansichten und Interessen verbreiten und vertreten.
Fehler gefunden?Jetzt melden.