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Migration in Grossbritannien
Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und Deportationen: In London gehen Behörden gegen illegale Migranten vor

Der britische Premierminister Keir Starmer spricht während der wöchentlichen Prime Minister’s Questions im House of Commons am 12. Februar 2025.
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In Kürze:
  • Die britische Labour-Regierung verschärft das Vorgehen gegen illegale Migranten.
  • Gesetz soll striktere Massnahmen gegen Menschenschmuggler ermöglichen.
  • Kampagne mit Videos sorgt für heftige Proteste innerhalb der Labour-Partei.
  • Labour steht unter Druck wegen wachsender Popularität von Reform UK.

Die britische Labour-Regierung geht gleich an mehreren Fronten gegen illegale Migranten vor. Zum einen mühen sich die Minister Sir Keir Starmers darum, eine Grosszahl neuer Hausdurchsuchungen, Verhaftungen und Deportationen über Videos und dramatische Fernsehberichte weithin publik zu machen.

Zum anderen hat die Regierung dem Unterhaus ein Gesetz vorgelegt, das den Behörden schärfere Massnahmen gegen die «Menschenschmuggler-Gangs» erlauben soll, die weiterhin die Überfahrt von Flüchtlingen und Migranten in kleinen Booten organisieren über den Ärmelkanal.

Härtere Strafen für Betriebe, die unregistrierte Migranten beschäftigen, sollen im April bekannt gegeben werden. Schon jetzt hat die Regierung entsprechende Massnahmen aber deutlich verstärkt.

600 Personen verhaftet

Allein im Januar sind über 800 Betriebe, darunter Nagelsalons, kleine Lebensmittelläden, Gaststätten und Autowaschanlagen, von der Polizei durchsucht worden, dabei wurden 600 Personen verhaftet. Das waren 73 Prozent mehr als im Januar vorigen Jahres.

Auch die Zahl der Deportationen und Abschiebungen liegt nach Angaben der Behörden bereits um ein Viertel höher als im Vorjahr. Der Regierung zufolge sind diese Massnahmen aber in der Öffentlichkeit kaum bekannt. Ein Teil der Bevölkerung bezweifelt sie sogar. «Deshalb ist es wichtig, dass wir publik machen, was wir tun», erklärte diese Woche die für Grenzsicherheit und Asyl zuständige Staatssekretärin Angela Eagle.

Dabei helfen soll dem Innenministerium eine Serie von Videos und Filmberichten, die die Haussuchungen, Festnahmen und Deportationen für TV-Nachrichtensendungen dokumentieren. In einem der Berichte begleitet Ministerin Yvette Cooper persönlich Polizisten bei deren Einsatz vor Ort.

Eine «grausame» Videokampagne

Die Filme haben freilich heftige Proteste ausgelöst, nicht zuletzt im Labour-Lager. Besorgte Labour-Politiker klagen, dass ihre Regierung mit einer solchen Initiative eine ähnlich flüchtlings- und fremdenfeindliche Politik betreibe wie einst die Tory-Premierministerin Theresa May, die mit einer «feindseligen Stimmung» unerwünschte Migranten zur Rückkehr in ihre Heimatländer zwingen wollte.

Die Videokampagne sei «einfach grausam», fand die Labour-Abgeordnete Nadia Whittome. Ihre Kollegin Rachael Maskell fügte hinzu, natürlich müsse man gegen die kriminellen Aktivitäten der Menschenschmuggler vorgehen: «Aber es ist falsch, ihre Opfer zu Sündenböcken zu machen.»

Enver Salomon, der Direktor des britischen Flüchtlingsrats, erinnerte daran, dass noch im vergangenen Sommer «hasserfüllte Mobs ein Hotel, in dem Flüchtlinge untergebracht waren, abzufackeln suchten». Mit ihrer Kampagne spiele die Regierung nur «einer gefährlichen Darstellung von Immigration» in die Hände und erhöhe das Misstrauen und die Abneigung gegen Flüchtlinge generell.

Wenn Premier Starmer hoffe, auf diese Weise Labour-Wähler vom Abdriften zu Nigel Farages Rechtspartei Reform UK abhalten zu können, habe er sich verkalkuliert, meint die prominente linke Labour-Abgeordnete und frühere Schatten-Innenministerin Diane Abbott.

Warum sind die Wähler frustriert?

Andererseits findet sich Starmer unter dem Druck Dutzender von Labour-Parlamentariern, die ein härteres Vorgehen in Sachen Immigration fordern und die jüngst zu diesem Zweck eine parteiinterne Lobby gründeten – vor allem, weil sie sich in ihren Wahlkreisen bedroht fühlen von Farages Partei.

Jüngsten Meinungsumfragen zufolge haben die Rechtspopulisten Labour in der Wählergunst landesweit eingeholt. Und Immigration spielt eine zentrale Rolle bei diesem Stimmungsumschwung in weiten Teilen des Vereinigten Königreichs.

Die Frustration vieler Wähler bezieht sich dabei freilich auch auf die Rekordzahl legaler Immigranten, die dafür gesorgt hat, dass Grossbritannien 2023 eine Nettozuwanderung von 900’000 erreichte und bereits fürs erste Halbjahr 2024 – die Zeit vor dem Regierungswechsel von den Konservativen zu Labour – auf 728’000 kam.

Reform UK konnte von diesem Trend profitieren. Er trug entscheidend zur schweren Niederlage der Tories im vergangenen Juli bei. Seither ist es der Konservativen Partei jedoch nicht gelungen, in der Bevölkerung wieder Fuss zu fassen.

Inzwischen liegt sie sogar mehrere Prozentpunkte hinter Reform UK zurück. Während sie nur noch über 130’000 Mitglieder verfügt, verkündete Farage am vergangenen Wochenende, dass Reform UK die 200’000er-Marke überschritten habe.