TV-Kritik «Tatort»Auch Arnold Schwarzenegger würde wegschauen
Beim Frankfurter Team ging es um psychedelische Experimente sowie Filme des Terminators – das kam nicht gut.
Früher hatten die «Tatort»-Kritiken dieser Zeitung eine differenziertere Bewertungsskala, auch für Unterkategorien wie «Blutzoll» gab es Sternchen. In dieser Kategorie müsste es heute die Höchstnote geben: Gleich zu Beginn sterben sechs Menschen im Drogenrausch, «der Mann da hat sich den eigenen Penis abgeschnitten», stellt die Polizei fest.
Weitere Leichen folgen im Lauf dieser Folge mit dem Titel «Leben Tod Ekstase». Ausgangspunkt ist eine Sitzung in Psycholyse – Analyse plus Rauschmittel – in der Villa eines Arztes namens Adrian Gosen. Es geht katastrophal aus, Patientinnen und Patienten sterben, der Doktor landet im Gefängnis. Später, bei der Tatort-Besichtigung, wird die Villa zur Falle.
Die Mama und der Draufgänger
Eins muss man den Frankfurtern ja zugutehalten: Ihre Fälle sind stets von einer gewissen Originalität. Allerdings wirkt diese im ersten «Tatort» von Nikias Chryssos (Regie und Buch, Letzteres zusammen mit Michael Comtesse) äusserst forciert. Erstaunlich höchstens, dass die Ermittelnden dabei konventionell angelegt sind: Brix (Wolfram Koch) ist der draufgängerische Kommissar fürs Grobe, seine Kollegin Janneke (Margarita Broich) gibt die fürsorgende Mama, die auch noch für die schrägsten Menschen etwas übrighat.
Und schräg ist er, der Tatverdächtige Gosen. Martin Wuttke spielt ihn mit übertriebener Lust, er hat ja selbst «Tatort»-Erfahrung, weil er zwischen 2008 und 2015 in Leipzig Kommissar war (und bis 2018 der Lebenspartner von Margarita Broich). Hier bekommt er im Gefängnis, als ob alles andere nicht genug wäre, noch ein kleines Vögelchen in die Hände gedrückt, das er hegt und pflegt.
Das ist natürlich ein Filmzitat, Burt Lancaster spielte vor 60 Jahren einen solchen Mann in «Birdman of Alcatraz». Wenn sich später in der Villa der Täter bewaffnet auf jemanden stürzt, ruft er wie Jack Nicholson in «Shining»: «Here’s Johnny.» Und damit ist von Arnold Schwarzenegger noch nichts gesagt: Der gute Doktor beurteilt die Menschen nämlich nach deren Lieblingsfilmen mit dem Ex-Gouverneur Kaliforniens: die Antworten reichen vom «Terminator» bis «Kindergarten Cop».
Finale mit Walpenis
Das ist ein bizarrer Mix, dem auch noch Rainer Maria Rilke (Gedicht «Der Panther») und Demis Roussos (Schlager «Lost in Love») beigemischt werden. Erst gegen Ende schwant einem, dass dies alles wohl wirklich lustig gemeint war. Da wird die Schwarzeneggersche Kampfmaschine, die Menschen umbringt, nämlich mit dem Penis eines Blauwals überwältigt.
Walpenis? Wir haben schon verstanden: Da wird der Kreis geschlossen. Vor lauter Freude bietet Herr Brix der Frau Janneke darauf das Du an, nach ihrem 16. gemeinsamen Einsatz. Sie nimmt an, prost.
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