Griechischer TourismusAthen schränkt Feiertagsausflüge ein
Die Griechen sollen wegen steigender Corona-Infektionen zum orthodoxen Osterfest zu Hause bleiben. So will die Regierung die Tourismussaison retten
Heiss soll es werden zum orthodoxen Osterfest in Griechenland am kommenden Wochenende, 35 Grad Celsius und mehr werden erwartet, aber allzu sommerlich-unbeschwert wird das Fest nicht werden. Schon Ende vergangener Woche errichtete die Polizei Kontrollpunkte an den Ausfallstrassen rund um Athen und andere Städte – um zu prüfen, ob jene, die ihren Wohnort verlassen, auch wirklich triftige Gründe dafür vorweisen können. Dazu zählen etwa bestimmte berufliche Verpflichtungen, medizinische Notfälle oder Begräbnisse enger Angehöriger. Nicht dazu zählen etwa Besuche lebender Angehöriger in anderen Regionen.
Die Kontrollen würden «rund um die Uhr» durchgeführt, und wer keine Papiere habe, um den Grund seiner Reise angemessen zu belegen, «wird zurück nach Athen geschickt», wie ein Polizeibeamter der Nachrichtenagentur AP erklärte. Auch an Fährhäfen und Busterminals wird verstärkt kontrolliert, dass alle, die in eine andere Region aufbrechen, die nötigen Dokumente bei sich tragen.
Fast 90 Prozent der Intensivbetten belegt
Es ist ein heikler Moment in der Corona-Pandemie für Griechenland. Landesweit waren am vergangenen Freitag 87 Prozent der Intensivbetten belegt, in der Region Thessaloniki sogar 95 Prozent. Abwasserproben aus der Hauptstadtregion ergaben vergangene Woche eine höhere Belastung mit dem Virus als je zuvor im Verlauf der Pandemie. «Jegliche Lockerung, jetzt, da das Virus überall ist, wird die Infektionen umgehend weiter in die Höhe treiben», sagte die Epidemiologin Vana Papaevangelou auf einer Pressekonferenz des Gesundheitsministeriums und rief alle Bürger dazu auf, bei den Ostergottesdiensten – die ohnehin nur unter strengen Hygieneauflagen stattfinden dürfen – jeweils zwei Masken übereinander zu tragen und ausserdem einen Covid-Selbsttest vor dem Festmahl mit der Familie zu machen.
Die Regierung setzt alles daran, zu verhindern, dass die Osterwoche zu einem Superspreading-Event wird, bei dem das Virus aus den Grossstädten auf die Inseln getragen und dort verbreitet wird. Das könnte die Hoffnung auf eine einigermassen erkleckliche Tourismus-Saison 2021 zunichtemachen. Die soll am 15. Mai beginnen, und nicht zuletzt deshalb konzentrieren sich die Behörden bei ihrer nationalen Impfkampagne besonders auf die beliebten Sommerurlaubs-Destinationen. «Unsere Inseln haben eine hohe Priorität für uns – und sind eine grosse Verantwortung», sagte Gesundheitsminister Vassilis Kikilias vergangene Woche bei einem Besuch auf der Kykladeninsel Iraklia. Mehr als ein Fünftel des griechischen Bruttoinlandprodukts speist sich aus dem Tourismus, jeder fünfte Job hängt davon ab.
Keine Quarantäne mehr für Russen
Zugleich hat die Regierung die Liste der Länder erweitert, deren Bürger bei der Einreise von der Pflicht zu einer siebentägigen Quarantäne befreit werden und stattdessen nur einen Impfnachweis oder einen negativen PCR-Test vorlegen müssen. Dazu gehören bereits die Länder des Schengenraums, also auch die Schweiz, Grossbritannien, die USA und Israel, neu hinzu kommen Länder wie Australien, Südkorea, Ruanda, Singapur – und Russland, wo Griechenland als Ferienziel in den vergangenen Jahren immer beliebter wurde.
«Die Bürger werden für ein weiteres Osterfest ihrer Freiheit beraubt.»
Die linke Oppositionspartei Syriza wirft der Regierung indes vor, in der Pandemiebekämpfung nicht die richtigen Prioritäten gesetzt zu haben. «Nach sechs Monaten harten Lockdown sind das nationale Gesundheitssystem und jene, die im Gesundheitssektor arbeiten, weiterhin am Rand des Zusammenbruchs», heisst es in einem Statement der Partei vom Montag. Das Impfen gehe viel zu langsam voran. Zuvor hatte Syriza-Chef und Ex-Premier Alexis Tsipras die Reisebeschränkungen im Inland scharf kritisiert: «Die Bürger werden für ein weiteres Osterfest ihrer Freiheit beraubt», wetterte er.
In einer Online-Kabinettssitzung am Montag sprach Regierungschef Kyriakos Mitsotakis von der «extrem schwierigen Aufgabe», die Rückkehr von Wirtschaft und Gesellschaft in eine gewisse Normalität mit den noch nötigen Gesundheitsschutzmassnahmen zu vereinbaren. «Die meisten unserer Landsleute verstehen aber offenbar, wie wichtig es ist, Reisen während der Osterfeiertage zu vermeiden», sagte er. Auch hob er «die Reife und Disziplin» hervor, mit der die «schrittweise Öffnung einiger wirtschaftlicher Aktivitäten» vonstattengegangen sei.
Zugleich werde man das Impfprogramm massiv beschleunigen; bis Ende Mai sollen unter den etwa 10,7 Millionen Einwohnern fünf Millionen Impfungen verabreicht sein. Jeder Öffnungsschritt solle mit Tests, Abstandsregeln und Hygienemassnahmen begleitet sein, «damit das Land sich öffnet und nicht wieder schliessen muss», so Mitsotakis.
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