Der neue AsylministerVon rechts gelobt, von links kritisiert – verkehrte Welt um Beat Jans
Der Basler SP-Bundesrat erntet für seine ersten Entscheide Lob von der SVP. Folgt nun ein Zeichen an die Linke?
Für Beat Jans war es eine weitere Premiere: Erstmals musste sich der Neo-Bundesrat am Mittwoch einer grossen Asyldebatte im Parlament stellen. Der Ständerat beriet über ein Dutzend parlamentarische Vorstösse.
Die hohe Zahl von Asylgesuchen widerspiegle leider die Weltlage, sagte Jans. «Das heisst aber nicht, dass wir gar nicht steuern können, wie viele Personen bei uns Schutz suchen. Für mich ist klar, dass wir denjenigen Schutz geben müssen, die ihn brauchen. Wir müssen aber möglichst Gesuche von Personen reduzieren, die nicht schutzbedürftig sind.» Jans hob auch hervor, dass die Schweiz bei der Rückkehr abgewiesener Asylsuchender zu den effizientesten Ländern Europas gehöre.
Der Ständerat entschied grösstenteils im Sinne des Bundesrats, teilweise aber knapp. So lehnte er mit 22 zu 21 Stimmen eine Forderung der FDP-Fraktion für eine Verschärfung ab. Die FDP wollte dem Bund untersagen, in Ausnahmefällen auf Asylgesuche einzutreten, für die eigentlich ein anderer Staat zuständig wäre. Jans sagte, die Ausnahmeregel werde nur selten angewandt. Als Beispiel nannte er den Fall einer Familie mit einer schwer an Krebs erkrankten Frau mit kleinen Kindern.
Angenommen hat der Rat hingegen FDP-Vorstösse zu Eritrea. Er will den Bundesrat unter anderem damit beauftragen, abgewiesene eritreische Asylsuchende mittels eines Transitabkommens «in einen Drittstaat» zurückzuführen. Jans argumentierte vergeblich, das könne nicht funktionieren. Weiter will der Ständerat, dass der Bundesrat die Einführung einer Zuwanderungsabgabe prüft, mit der sich Arbeitsmarkt-Zuwanderer «einkaufen» müssten. Laut Jans wäre eine solche Abgabe mit der Personenfreizügigkeit nicht vereinbar – auch mit diesem Argument drang er nicht durch.
«Positiv überrascht»
Nach dem Ständerat wird am Donnerstag der Nationalrat eine Asyldebatte führen, auf Wunsch der SVP, wie in fast jeder Session. Nur etwas ist neu: Ausserhalb des Ratssaals spricht man in der SVP fast schon begeistert über den zuständigen neuen SP-Bundesrat, der das Departement Anfang Jahr von seiner Parteikollegin Elisabeth Baume-Schneider übernommen hat. «Ich bin positiv überrascht», sagt Asylpolitikerin Barbara Steinemann. Vor der Wahl habe sie bezweifelt, dass Jans das Format für das Amt habe. Nun trete er staatsmännisch auf und wirke kompetent. Inhaltlich habe er sie nicht nur überrascht, sondern «verblüfft»: Offenbar sei er kein «Realitätsverweigerer», sondern bereit, Probleme anzugehen.
Beat Jans ist noch keine 100 Tage im Amt – und hat in einer Umfrage bereits die beste Note aller Bundesratsmitglieder erhalten. Eine bessere als andere kurz nach ihrer Wahl. Obwohl er als Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartements für das schwierige Asyldossier zuständig ist.
Das hat damit zu tun, dass Jans das Dossier entschlossen anpackte und nach nur 50 Tagen im Amt Massnahmen ankündigte – Massnahmen mit dem Ziel, Migranten aus nordafrikanischen Staaten mit geringen Chancen auf Asyl abzuschrecken. Manche Bürgerliche sagen, das sei auch ein wenig Symbolpolitik. Andere wollen abwarten, ob die Massnahmen tatsächlich etwas bewirken. Aber mit Kritik an Jans ist man im bürgerlichen Lager noch zurückhaltend – anders als bei Baume-Schneider.
«Das ist doch eine Illusion»
Am anderen Ende der Wandelhalle – bei den Grünen – gehen die Meinungen auseinander. «Ich finde es gut, wenn Probleme angegangen werden», sagt Nationalrätin Greta Gysin. Die von Jans angekündigten Massnahmen beträfen Personen, die überdurchschnittlich häufig Probleme verursachten, aber eine tiefe Schutzquote aufwiesen. Das sei auch im Sinne jener, die wirklich Schutz benötigten.
«Und wenn er der SVP so Wind aus den Segeln nehmen kann …», sagt Gysin, wird aber von ihrer Fraktionschefin Aline Trede unterbrochen: «Das ist doch eine Illusion!» Die SVP werde das Thema weiterhin bewirtschaften, das Asylrecht infrage stellen – und auch Jans kritisieren, sagt Trede. «Die SVP hat keine Lösungen und treibt alle vor sich her.» Zu meinen, sie lasse sich mit Verschärfungen besänftigen, sei ein Irrtum. Aus Tredes Sicht hätte Jans sich auch mit anderen Themen als «Macher» positionieren können.
SP fordert mehr Betten
Auch in Jans’ eigener Partei, der SP, stossen seine Prioritäten nicht nur auf Begeisterung. SP-Co-Fraktionschefin Samira Marti sagt: «Beat Jans ist sehr rasch im Amt angekommen.» Darüber sei man erfreut. Weniger gefreut habe die Partei, dass er als Erstes einseitig repressive Massnahmen angekündigt habe.
«Wir wünschen uns eine realistischere Migrationspolitik», sagt Marti. Dazu gehöre, dass der Bund die Kapazitäten der Realität anpasse und mehr Unterbringungsplätze schaffe, um geflüchteten Menschen Schutz bieten zu können. Auch Massnahmen zur Integration und mehr Engagement für eine menschliche Asylpolitik in Europa und insbesondere an den Aussengrenzen wünscht sich Marti von ihrem Bundesrat.
Eine Gelegenheit für Ankündigungen im Sinne seiner Partei bietet sich Jans Anfang April, wenn er nach 100 Tagen im Amt vor die Medien treten wird. Klar ist, dass ihn das Asyldossier weiterhin stark beschäftigen wird: Das Staatssekretariat für Migration rechnet auch für dieses Jahr mit vielen Asylgesuchen.
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