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Mehr Flüchtlinge in Grossbritannien
Asylbewerber sollen nach Albanien oder auf ausrangierte Ölplattformen

In Grossbritannien nicht willkommen: Ein Boot bringt Migranten an Land, deren Boote im Ärmelkanal gekentert sind.
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Auch der jüngste Versuch der Regierung Boris Johnsons, über den Kanal nach England gekommene Flüchtlinge auf fremdes Territorium abzuschieben, scheint diese Woche gescheitert zu sein. Am Donnerstag wehrte sich Albanien gegen in London kursierende Gerüchte, es stehe in Verhandlungen mit den Briten über die zeitweise Aufnahme Tausender von Asylbewerbern, gegen Bezahlung vieler Millionen Pfund.

Das Ganze, sagte die albanische Aussenministerin Olta Xhacka, sei «nichts als Fake News» – eine Falschmeldung, der man keinen Glauben schenken dürfe. Gespräche zwischen Tirana und London zu einem solchen Thema gebe es «absolut keine», erklärte auch Albaniens Botschafter in London. «Nie und nimmer» würde sein Land so etwas tun.

Massnahmen sollen abschrecken

Über «diskrete Verhandlungen» der beiden Staaten, mit dem Ziel der Einrichtung spezieller Lager in Albanien, hatte die in der Regel gut informierte Londoner «Times» berichtet. Das Blatt zitierte «ein britisches Regierungsmitglied» mit den Worten, es sehe «gut aus» für einen britisch-albanischen Deal. Auch Vize-Premier und Justizminister Dominic Raab stritt nicht ab, dass London das Gespräch mit Tirana gesucht habe. Albanien sei zweifellos «eins der Länder», die infrage kämen für ein solches Arrangement, sagte Raab am Donnerstag.

London sei «fest entschlossen, all die illegalen Überfahrten zu stoppen», sagte Justizminister Dominic Raab.

Der Plan bestand offenbar darin, Asylbewerber, die in kleinen Booten über den Ärmelkanal gekommen sind, in über 2000 Kilometer entfernte Camps in Südosteuropa zu schaffen, wo sie monate- oder sogar jahrelang warten sollten auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge und auf eine eventuelle offizielle Aufnahme im Vereinigten Königreich. Raab machte kein Geheimnis daraus, dass das Ganze als Abschreckungsmassnahme gedacht war. London sei «fest entschlossen, all die illegalen Überfahrten zu stoppen», sagte er.

Hintergrund der Aktion ist die starke Zunahme der Zahl der Bootsflüchtlinge in den letzten Monaten. Letzte Woche wurden an einem einzigen Tag fast 1200 Ankömmlinge gezählt. Mehr als 24’000 Menschen insgesamt sollen seit Jahresbeginn in kleinen Booten an den englischen Küsten angelandet haben. 2019 waren es nicht einmal 2000 – übers das ganze Jahr. Dabei hatte Innenministerin Priti Patel schon voriges Jahr verkündet, sie werde die Kanal-Route «unbefahrbar» machen. Sie hatte alle Bootsflüchtlinge für «illegal» erklärt und der französischen Regierung nahezu 80 Millionen Pfund versprochen, wenn sie die Betreffenden am Übersetzen hindere.

Mehr als 24’000 Menschen haben dieses Jahr bereits den Weg über den Ärmelkanal nach Dover geschafft: Ankömmlinge werden in einem Bus ins Landesinnere gebracht. 

Das hat allerdings nur zu immer neuen Spannungen mit Frankreich geführt, weil auch verstärkte Patrouillen an der französischen Küste und in französischen Gewässern den Zustrom nicht stoppen konnten. Nur ein kleiner Teil der versprochenen Summe soll inzwischen von London ausgezahlt worden sein. Auch die Idee, Flüchtlingsboote mit Wellenmaschinen zurück ans französische Ufer zu drängen, musste Patel nach rechtlichen Einsprüchen wieder fallen lassen.

Asylbewerber auf offiziellem Weg auf den Kontinent zurückzuschicken, erwies sich ebenfalls als schwierig, weil Grossbritannien kein EU-Mitglied mehr ist. Früher wurden, mithilfe der Dubliner Vereinbarung, jedes Jahr mehrere Hundert Personen erfolgreich wieder «nach Europa» abgeschoben. Dieses Jahr waren es, nach Angaben des Innenministeriums, gerade mal fünf. Bereits seit längerem hat Patel darum erwogen, Asylbewerber für die Dauer der Bearbeitung ihrer Anträge auf abgelegenen britischen Inseln oder einfach im Ausland «unterzubringen», um ihnen den Zuzug nach Grossbritannien zu erschweren.

Ausgediente Ölplattformen, alte Fähren

In Betracht gezogen wurden zeitweise die Atlantik-Inseln Ascenion Island und St. Helena. Auch von der Verfrachtung der unliebsamen Ankömmlinge auf ausgediente Ölplattformen in der Nordsee oder auf alte Fähren oder Kreuzfahrt-Schiffe war immer wieder die Rede. Und erste Kontakte gab es mit Moldau und Marokko. Die führten aber, wie alles andere, zu nichts. In ihrem neuen «Nationalitäten- und Grenz-Gesetz», das just durchs britische Parlament geht, hat die Regierung Johnson jedenfalls einen Paragrafen eingebaut, der ihr «offshoring» – also das zeitweise Abschieben von Asylbewerbern in ferne Regionen – erlauben würde.

Gegen eine solche Praxis wehren sich nicht nur die Oppositionsparteien, sondern auch eine Reihe konservativer Abgeordneter. Protestiert haben auch viele Bürger- und Menschenrechts-Verbände. Umfragen zufolge ist die «Auslagerungs»-Idee in der weiteren Bevölkerung aber recht beliebt.