Silvester-Krawalle in BerlinARD-Video befeuert Debatte über Nennung von Täter-Herkunft
Über 100 Verhaftete, viele Verletzte Beamte und nun der Vorwurf, man wolle nicht über die Herkunft der Täter reden: Die Krawallnacht von Berlin lanciert eine alte Debatte neu.
Nach den Silvester-Krawallen in mehreren deutschen Städten läuft in Deutschland nun eine Debatte über die Nennung von Nationalitäten der Täterschaft. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft äusserte sich so: «Bei vielen Einsatzkräften ist der Eindruck vorherrschend, dass Gruppen junger Männer mit Migrationshintergrund weit überrepräsentiert sind». Das sagte Rainer Wendt gegenüber dem deutschen Magazin «Focus».
Genauer nennt es inzwischen die «Berliner Zeitung», respektive ein Berliner Polizeisprecher, der in einem Bericht zu den Krawallen in der Hauptstadt zitiert wird. Es seien insgesamt 18 verschiedene Nationalitäten erfasst worden. 45 der Verdächtigen hätten die deutsche Staatsangehörigkeit, 27 hätten die afghanische Nationalität und 21 seien Syrer.
Bereits zuvor aber wurde der Vorwurf laut, gewisse Medien würden bewusst nicht über die Täter-Herkunft reden wollen. Als Beweis dafür wird die Live-Schaltung zum ARD-Korrespondenten in Berlin zitiert. «Von den Tätern zu sprechen ist in solchen Kontexten immer ein bisschen schwierig», erklärte der Journalist im TV. Der Mann zitiert die Gewerkschaft der Polizei, die das Problem in «gruppendynamischen Prozessen» und «einem gesamtgesellschaftlich grossen Druck» sehe.
Dass er sich dabei immer wieder verhaspelt, wird teils als Beleg dafür genannt, er drücke sich um klare Aussagen. Allerdings verlor der Korrespondent bereits zuvor vollkommen den Faden, als es lediglich um politische Forderungen ging.
Trotzdem steht nun die Frage im Raum: Wurde von einzelnen Medien bewusst das Thema Täter-Herkunft umschifft?
«Die Tagesschau berichtete über die Vorfälle. Aber: Sie schien keine Worte zu finden, um die Täter zu benennen», schreibt etwa die «Bild». Dass es sich überwiegend um junge Männer in Gruppen, häufig mit Migrationshintergrund, handle, sei eine bittere Wahrheit. «Doch die Nachrichtensendungen erweckten den Eindruck, sich Mühe zu geben, diese zu umschiffen.»
Der Extremismus-Experte Ahmad Mansour warnte im NDR-Interview davor, «aus Angst rassistisch zu sein, rassistisch zu handeln». Es sei kontraproduktiv, die Herkunft von Straftätern zu verschweigen. Um Probleme zu lösen, müsse man sie klar benennen, sonst würden Rechtsextreme die Debatte für sich nutzen, um politisches Kapital daraus zu schlagen.
Auch zu unserer Berichterstattung über die Krawalle in Deutschland meldeten sich viele Leserinnen und Leser mit entsprechenden Kommentaren. «Hallo Deutschland: Man löst keine Probleme, indem man diese verharmlost oder sogar negiert», so ein Leserinnen-Kommentar.
In der Silvesternacht waren Einsatz- und Rettungskräfte in Berlin und anderen Städten massiv angegriffen worden. Zum Teil musste die Polizei ausrücken, um Feuerwehrleute beim Löschen von Bränden gegen Angriffe zu schützen. Allein in Berlin gab es 33 verletzte Einsatzkräfte und mehr als hundert Festnahmen. Die Vorsitzenden von CDU und CSU, Friedrich Merz und Markus Söder, geben der Berliner Landesregierung eine Mitschuld an den Krawallen in der Silvesternacht. «Die Chaoten, viele davon mit Migrationshintergrund, fordern mit ihrer Randale den Staat heraus, den sie verachten», sagte Merz dem «Münchner Merkur» vom Mittwoch. Das Land Berlin werde jedoch «mit der Lage nicht fertig». Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wies die Vorwürfe zurück.
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