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Nahostkonflikt
Angst vor einem Auftakt zum Krieg

Militante Palästinenser nutzen Luftballone, um brennbares Material über die Grenze vom Gazastreifen nach Israel zu schicken.
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Die Feuer lodern wieder auf den Feldern im Grenzgebiet, aus dem Gazastreifen fliegen Ballons mit Brand- und Sprengsätzen und immer wieder auch Raketen in Richtung Israel. Die israelische Armee antwortet fast jede Nacht mit Luftangriffen oder Panzerbeschuss auf Stellungen der Hamas. Seit etwa zwei Wochen hat sich die Gewalt wieder eingenistet rund um den palästinensischen Küstenstreifen – und je länger diese Auseinandersetzung dauert, desto banger und lauter fragen die betroffenen Bewohner, wo dieser Schlagabtausch nun hinführen soll: Ist es die Ouvertüre zu einem neuen Krieg oder nur die bedrückende Routine eines periodischen Kräftemessens?

«Wir sind im Krieg, werden mit Raketen beschossen und haben keine Sicherheit.»

Bürgermeister der grenznahen Stadt Sderot

Einen Weckruf an die eigene Regierung hat bereits der Bürgermeister der grenznahen israelischen Stadt Sderot geschickt, deren Bewohner vom Sirenenalarm in Angst versetzt und um den Schlaf gebracht werden. Mitten hinein in den Jerusalemer Jubel über das geplante Friedensabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) erklärte er: «Ich verstehe nicht, von welcher Welt sie reden. Wir sind im Krieg, werden mit Raketen beschossen und haben keine Sicherheit.»

Warenlieferungen unterbunden

In Israel beobachtet man mit Sorge, dass – anders als bei den allfälligen Scharmützeln der jüngeren Vergangenheit – diesmal keine kleineren Splittergruppen, sondern die im Gazastreifen herrschende Hamas selbst offenbar der Initiator der Angriffe ist. Zur Strafe wurde die seit 2007 aufrechterhaltene Blockade noch einmal verschärft: Die Fischereizone vor dem Gazastreifen wurde zunächst von sechs auf drei Seemeilen reduziert und schliesslich komplett gesperrt. Auch Waren und Treibstofflieferungen wurden mit Ausnahme wichtiger humanitärer Güter unterbunden. Das einzige Kraftwerk im Gazastreifen musste deshalb den Betrieb einstellen. Die Stromversorgung der mehr als zwei Millionen eingeschlossenen Menschen wird damit nach palästinensischen Angaben auf nur noch 3 bis 4 Stunden am Tag reduziert.

Parallel dazu kommen drohende Töne von beiden Seiten. Israels Präsident Reuven Rivlin warnte: «Wenn sie Krieg wollen, dann bekommen sie Krieg.» Premierminister Benjamin Netanyahu kündigte «ernste Konsequenzen» an, und Verteidigungsminister Benny Gantz, der im bislang letzten Gazakrieg 2014 noch als Armeechef gedient hatte, besuchte zu Wochenbeginn demonstrativ die Standorte zweier «Iron-Dome»-Raketenabwehrbatterien im Grenzgebiet. «Die Hamas-Führer müssen wissen: Wenn auf unserer Seite Ballons explodieren, wird die Explosion auf ihrer Seite sehr viel schmerzhafter sein», erklärte er dort. Im Krieg der Worte feuert die Hamas zurück. Israel werde «einen Preis bezahlen», war aus Gaza zu hören, man werde «nicht zögern, in die Schlacht zu ziehen».

Millionen an die Machthaber im Gazastreifen

Doch die starken Sätze scheinen nicht nur an Israel gerichtet zu sein, sondern sollen wohl auch Druck entfalten in Richtung Katar. Die dortigen Herrscher haben in den vergangenen Jahren zur Absicherung einer Waffenruhe die Aufgabe übernommen, die Machthaber im Gazastreifen mit regelmässigen Millionen-Überweisungen liquide zu halten. Von diesem Geld zahlt die Hamas zum Beispiel die Benzinlieferungen aus Israel oder die Löhne der öffentlich Bediensteten. Nun will die Hamas Berichten zufolge erreichen, dass die monatlichen Zahlungen von 20 auf 40 Millionen Dollar erhöht werden.

Zur Beilegung des aktuellen Konflikts sind längst schon alle Mediatoren eingeschaltet. Vorige Woche war eine ägyptische Delegation im Gazastreifen, am Dienstag wurde ein hochrangiger Emissär aus Katar erwartet. Berichten zufolge war in den vergangenen Tagen sogar der für die Verteidigung von Israels Süden verantwortliche Generalmajor Herzl Halevi in Geheimmission nach Katar gereist. Doch von einer Beruhigung der Lage ist bislang noch nichts zu sehen.

«Tel Aviv mit Tausenden Raketen niederbrennen.»

Drohung von militanten Hamas-Anhängern, falls es gezielte Tötungen geben soll.

Im Gegenteil: Es wächst die Angst vor einer Eskalation. Geschürt hat das auch Verteidigungsminister Gantz, der einen wenig verklausulierten Hinweis darauf gab, dass Israel im Umgang mit der Hamas zur Politik der gezielten Tötungen zurückkehren könnte. «Wir wissen, wie man nicht nur Gebäude und Infrastruktur ins Visier nimmt, sondern auch jene, die von dort aus agieren», sagte er. Berichten aus Gaza zufolge haben sich daraufhin alle Führungskräfte der Hamas sowie ihres militärischen Arms, der Qassam-Brigaden, in unterirdische Verstecke zurückgezogen. Von dort aus kommen die jüngsten Drohungen: Im Falle einer gezielten Tötung eines ihrer Mitglieder werde «Tel Aviv mit Tausenden Raketen niedergebrannt».