Nach der KonzernverantwortungsinitiativeAngriff auf die Steuerbefreiung der NGOs
Der Staat müsse politisch neutral sein, deshalb dürfe er Spenden an politische Kampagnen nicht von der Steuer befreien. Das Parlament befasst sich bald mit einem brisanten Vorschlag von FDP-Ständerat Ruedi Noser.
Es war der zweite sehr teure Abstimmungskampf innert weniger Monate: Sowohl für die Kampagne zur Konzernverantwortungsinitiative, die am Sonntag abgelehnt wurde, als auch für das erfolgreiche Referendum gegen das Jagdgesetz von Ende September haben Nichtregierungsorganisationen Millionen ausgegeben.
Das Geld stammt aus Spenden. Und diese dürfen von den Spendern sowohl bei den kantonalen Einkommenssteuern wie bei der Bundessteuer in Abzug gebracht werden, wenn die Organisation von einer kantonalen Steuerverwaltung als gemeinnützig anerkannt und damit steuerbefreit ist. Maximal können so 20 Prozent des Reineinkommens abgezogen werden. Gemäss der neusten Spendenstatistik sind 2019 insgesamt 1,91 Milliarden Franken bei gemeinnützigen Organisationen eingegangen. Spenden an Parteien sind hingegen nur in begrenztem Rahmen abzugsfähig, in Bern beispielsweise maximal 5200 Franken.
Steuerbefreite Branchenverbände
Die Liste der als gemeinnützig geltenden Organisationen ist lang. Im Kanton Basel-Stadt sind es 80 eng beschriebene Seiten, in Bern 60 und in Zürich gar 108. Organisationen, die politisches Lobbying betreiben, sind darauf keine Seltenheit. Im Kanton Bern ist der Schweizer Städteverband oder der Schweizer Gemeindeverband als gemeinnützig anerkannt, beides Organisationen, die vor allem politisch aktiv sind. Ebenfalls als gemeinnützig gelten Curaviva, der Branchenverband der Pflegeheime, oder Insos, der Verband der Behinderteninstitutionen.
In Zürich ist Greenpeace auf der Liste, die sich selbst als «Kampagnenorganisation» versteht. Ebenfalls steuerlich abzugsfähig sind Spenden an Pro Natura, deren oberstes Ziel gemäss eigenen Angaben «politischer Naturschutz» darstellt. Ebenfalls auf der Liste ist Public Eye, eine der zentralen Organisationen hinter der Kampagne für die Konzerninitiative. Oder Swissolar, der «Fachverband» der Solarindustrie, der die Interessen gegenüber «der Öffentlichkeit, der Politik und gegenüber den regulierenden Behörden» vertritt. Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.
Unklare Regelung
«Der Staat hat sich politischen Gruppierungen gegenüber neutral zu verhalten», schreibt der Bundesrat in einer Antwort auf eine Motion des Zürcher FDP-Ständerats Ruedi Noser, der überprüfen will, ob die steuerbefreiten NGOs wirklich noch gemeinnützig sind. «Die Steuerbefreiung ist zu verneinen, wenn eine Institution politische Ziele verfolgt, nicht aber, wenn für die Erreichung eines gemeinnützigen Zweckes politische Mittel eingesetzt werden», findet der Bundesrat weiter. Der politischen Betätigung dürfe nicht ein derart zentrales Gewicht zukommen, dass die Organisation gesamthaft betrachtet als politische Organisation erscheine.
Noser verlangt in seiner Motion, die nächste Woche in den Ständerat kommt, dass der Bund die Kantone besser beaufsichtigen soll. Er soll die Kantone dazu anhalten, die Steuerbefreiung zu widerrufen, wenn die Bedingungen nicht mehr erfüllt sind. «Entweder wir haben den Grundsatz, dass sich der Staat politisch neutral zu verhalten hat, dann muss er auch kontrolliert werden», findet Noser. «Oder wir haben ihn nicht, dann müssen aber auch grössere Spenden an Parteien abzugsfähig sein.» Der Bundesrat lehnt den Vorstoss ab.
Die nächste politische Kampagne von steuerbefreiten NGOs rollt derweil bereits an. «Agrarlobby stoppen – Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft», mit diesem Slogan wirbt eine Kampagne für eine Agrarpolitik, welche «die massiven Umweltdefizite korrigiert». Ziel der Kampagne ist die Beratung der Agrarpolitik im Parlament, welche in dieser Session in den Ständerat kommt. Gleichzeitig kämpft die Kampagne auch gegen die «giftige Agrarindustrie», das «Agrobusiness», das mit Pestiziden «Gewinn auf Kosten der Natur» mache. Die Formulierung erinnert an die Befürworter der Konzerninitiative, die behaupteten, die international tätigen Firmen würden «Profit auf Kosten der Menschenrechte» machen.
Verschachtelte Finanzierung
Getragen wird die Kampagne von den vier steuerbefreiten Organisationen WWF, Pro Natura, Bird Life und Greenpeace. Finanziert wird sie jedoch durch eine andere gemeinnützige «Stiftung für eine nachhaltige Landwirtschaft» mit Sitz in Zürich. Jahresberichte veröffentlicht die Stiftung keine. Sie hat gemäss eigenen Angaben jedes Jahr eine Million Franken zur Verfügung. Dieses Geld wiederum stammt von der Mava-Stiftung, welche ihre Mittel von den Geschwistern Hoffmann erhält, den milliardenschweren Roche-Erben.
Auf Nachfrage schreibt der Sekretär der Stiftung für eine nachhaltige Landwirtschaft, man finanziere «verschiedene Projekte, um die Anwendung hochgiftiger Pestizide zur reduzieren sowie alternative Konzepte und Denkanstösse für eine umweltfreundlichere Landwirtschaft». Allein bis Mitte August dieses Jahres habe die Stiftung 750’000 Franken für die Kampagne ausgegeben. Die politische Kampagne macht also den Löwenanteil der Stiftungsaktivität aus. Kommt Ruedi Noser mit seinem Vorstoss durch, müsste geprüft werden, ob dabei der Politik ein «zentrales Gewicht» zukommt und damit die Stiftung als politische Organisation erscheint.
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