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Meinung

Analyse zur GLP
Den Grünliberalen droht eine düstere Zukunft

National- und Ständeratswahlen 2023: Jürg Grossen und Melanie Mettler, GLP, jubeln nach ihrer Wahl in den Nationalrat im Rathaus. © Adrian Moser / Tamedia AG
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Die Geburt eines Menschen ist das Resultat von Liebe. Die Geburt einer Partei hingegen ist oft das Resultat von Streit. Die Grünliberalen, vor knapp zwanzig Jahren von unzufriedenen Grünen als Abspaltung gegründet, sind hierfür das beste Beispiel. Ein Schisma, doch es hat den ökofreundlichen Kräften lange Zeit trotzdem nicht geschadet. Vor allem für die Grünliberalen ging es jahrelang steil bergauf, in Kantonalwahlen wie auf nationaler Ebene.

Und jetzt der Wahlsonntag vom 22. Oktober 2023. Er fegt ein Drittel der grünliberalen Bundeshausfraktion hinweg. Nur noch 10 statt 16 Grünliberale werden künftig im Nationalrat sitzen. Sie, nicht die Grünen, sind die Hauptverlierer dieses Sonntags. Die Grünen verlieren «nur» 5 Nationalratssitze, und es bleiben ihnen immer noch deren 23, dazu mindestens 3 im Ständerat.

Einiges spricht dafür, dass die langjährige Erfolgsstory der Grünliberalen an einem kritischen Punkt angelangt ist – möglicherweise einem Wendepunkt. Natürlich, eine ungnädige Proporzmathematik hat viel zu den Sitzverlusten beigetragen. Betrachtet man nur den Rückgang beim Wähleranteil von ungefähr 0,6 Prozentpunkten, nimmt sich die Situation zunächst weniger dramatisch aus. Allerdings ist der Wähleranteil eine rein rechnerische und nur bedingt aussagekräftige Grösse. Realpolitisch kommen unangenehme Zeiten auf die GLP zu.

Als verhängnisvoll könnte sich insbesondere das Erstarken der Mitte-Partei erweisen.

Zunächst einmal wird die geschrumpfte Sitzzahl zu einem spürbaren Verlust an Macht und finanziellen Mitteln führen. Es wird für die Kleinpartei noch schwieriger, Einfluss geltend zu machen und sich in den medialen Diskurs einzubringen. Als verhängnisvoll könnte sich aber insbesondere das Erstarken der neuen Mitte-Partei erweisen. Gemäss der Nachwahlbefragung von Tamedia und «20 Minuten» haben sich ganze 16 Prozent der GLP-Wählerschaft von 2019 diesmal für Gerhard Pfisters Mitte entschieden.

Pfisters bisherige Bemühungen, einen neuen Hegemonen zwischen den politischen Polen zu kreieren, waren bemerkenswert erfolgreich. Die BDP – eine andere kurzlebige Mitbewerberin – vermochte er geräuschlos in die ehemalige CVP zu integrieren. Von den alten katholischen Milieus hat er seine Partei losgelöst. Diesen Sonntag legte er bei Wähleranteilen und Sitzen zu. 

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, mangelt es der GLP an charismatischem Personal.

Die GLP ist für einen Verdrängungskampf schlecht aufgestellt. Sie startet aus der schwächeren Position, und es gelingt ihr kaum, die Lufthoheit über Themen zu erringen. Nicht nur die Mitte-Partei macht ihr Konkurrenz. Als Kompetenzzentrum für den Klimawandel zum Beispiel gelten noch immer die alten Rivalen, die Grünen. Zugleich stockt die Nachwuchsförderung; von Ausnahmen wie Tiana Moser und Kathrin Bertschy abgesehen, mangelt es an charismatischem Personal.

Vor allem aber ist die politische Mitte, da von allen Seiten beackert, für Parteistrategen ein traditionell hartes Terrain. Das zeigte sich etwa beim Landesring der Unabhängigen, der zu seinen besten Zeiten, in den 60er-Jahren, ebenso stark war wie bis vor kurzem die Grünliberalen. Später schrumpfte er zur Kleinstpartei und löste sich irgendwann auf.

Es liegt viel Arbeit vor der GLP-Parteiführung um Präsident Jürg Grossen, will sie nicht das gleiche Schicksal erleiden. Die Grünen jedenfalls wirken, trotz grösserem Wählerminus, für die langfristige Zukunft besser aufgestellt.