Analyse zum Moçambique-Skandal UBS und Credit Suisse kommen billig davon
In letzter Minute einigt sich die UBS mit Moçambique im Skandal um die «Thunfisch-Anleihen». Der Bank spielt in die Hände, dass auch die Regierung in der Hauptstadt Maputo wenig Interesse an einer transparenten Aufarbeitung hat.

Es wird nichts aus dem Mammutprozess. Diese Woche hätte sich die Credit Suisse gemeinsam mit weiteren beschuldigten Parteien vor einem Londoner Gericht für die Vergabe der sogenannten Thunfisch-Anleihen an Moçambique verantworten müssen. Es ging um Forderungen an die Bank von rund 1,5 Milliarden Dollar. Stattdessen ein dürres Communiqué, verschickt von der UBS als neuer Eigentümerin der Credit Suisse.
Dessen Inhalt: Die Bank habe sich in dem Rechtsstreit mit dem ostafrikanischen Land gütlich geeinigt. Und: «Die Parteien haben sich gegenseitig von allen Verbindlichkeiten und Ansprüchen im Zusammenhang mit diesen Transaktionen entbunden und sind erfreut über die Beilegung dieses langjährigen Rechtsstreits, der auf Ereignisse vor einem Jahrzehnt zurückgeht.»
Wie erfreut die Einwohnerinnen und Einwohner von Moçambique über diese Einigung in letzter Minute tatsächlich sind, ist fraglich. Die «Thunfisch-Anleihen» haben das Land in eine tiefe Krise gestürzt. Der Skandal hat viele hinlänglich bekannte Fehler der CS vereint: Es gab massive Mängel im Risikomanagement der Bank, und das Management unter dem damaligen Präsidenten Urs Rohner schaute weg – alles Faktoren, die schlussendlich zum Untergang der CS geführt haben. Mögliche Gewinne aus hochriskanten Geschäften wie den «Thunfisch-Anleihen» schienen den Schaden aus Bussen und Strafzahlungen für die Bank bei weitem zu überwiegen.
Die Credit Suisse hat wiederholt Hinweise auf Korruption ignoriert.
Begonnen hat alles 2013. Damals schnürten die britische Tochter der Credit Suisse und die russische Staatsbank VTB Kredite im Umfang von rund 2 Milliarden Dollar. Diese wurden an eine Reihe von undurchsichtigen Mittelsmännern und Firmen wie dem Schiffsbauer Privinvest vergeben. Diese sollten im Auftrag der Regierung unter anderem eine Flotte für den Thunfischfang und Schnellboote für die Küstenwache finanzieren.
Zum Fischfang taugten die Boote jedoch kaum. Die überteuerte und unbrauchbare Flotte rostete im Hafen der Hauptstadt Maputo vor sich hin. Während der Beschaffung wurden zudem mehrere Hundert Millionen Dollar als Schmiergeld abgezweigt. Wiederholt ignorierte die Credit Suisse dabei Hinweise auf Korruption. Drei CS-Banker steckten rund 50 Millionen Dollar in ihre eigenen Taschen. Bankintern war einer der Chefs der beauftragten Firmen als «Meister der Bestechungsgelder» bekannt.
2016 geriet eine der beteiligten Firmen in Zahlungsschwierigkeiten. Trotzdem führte die CS eine Umstrukturierung der Kredite in Anleihen der Republik Moçambique durch. Von alledem hatte das Parlament von Moçambique keine Ahnung. Geldgeber wie der Internationale Währungsfonds wurden darauf misstrauisch und stoppten ihre Überweisungen.
Moçambique wurde von den Finanzmärkten abgeschnitten und musste 2017 Staatsbankrott anmelden. Dazu kamen zwei heftige tropische Wirbelstürme. Bis heute hat sich die Wirtschaft des Landes nicht mehr erholt. Noch im Juli schrieb der Internationale Währungsfonds in einem Zwischenbericht, die Wirtschaft wachse immer noch deutlich unter den Werten vor dem Skandal.
2019 bekannten sich die drei Banker der Credit Suisse schuldig. Das ostafrikanische Land reichte vor dem Gericht in London Klage gegen die CS ein. Zwei Jahre später musste die Bank in den USA und Grossbritannien eine Busse von 475 Millionen Dollar zahlen und Moçambique 200 Millionen Dollar an Schulden erlassen.
Die nun erzielte Einigung macht für die UBS wie für Moçambique Sinn. Die Bank hat damit eine der grössten juristischen Altlasten abgetragen, welche sie von der Credit Suisse geerbt hat. Zudem hat sie erreicht, dass keine öffentliche Aufarbeitung der Rolle, welche die Credit Suisse bei den «Thunfisch-Anleihen» gespielt hat, stattfindet.
Die UBS und die Credit Suisse zahlen einen geringen Preis für einen Staatsbankrott.
Ähnliches gilt für die Regierung in Maputo. Präsident Filipe Nyusi muss sich im kommenden Jahr Wahlen stellen. Er dürfte ebenfalls wenig Interesse daran haben, den Skandal und den Staatsbankrott erneut in die Öffentlichkeit zu tragen. Zu der fraglichen Zeit bekleidete er das Amt des Verteidigungsministers und ist ebenfalls mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Anfang September hat das Gericht in London entschieden, dass er nicht Teil des Verfahrens wird, da er als Staatspräsident Immunität geniesst.
Für Moçambique selbst ist die Geschichte damit allerdings noch nicht ausgestanden. So ist nach wie vor unklar, wie viel die Einigung die Credit Suisse kostet. Die Rede ist davon, dass dem Staat Moçambique Teile eines Kredits im Umfang von bis zu 100 Millionen Dollar erlassen werden könnten – ein geringer Preis für einen Staatsbankrott, der notabene durch die «Thunfisch-Anleihen» verursacht worden ist.
Getragen werden die massiven volkswirtschaftlichen Folgen von der Bevölkerung in Moçambique. Hier ist die UBS als neue Eigentümerin der CS gefordert. Sie muss sicherstellen, dass die Bevölkerung vom Schuldenerlass profitiert – und nicht bloss eine korrupte Elite.
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