Aufschwung wegen CoronaAmazon ist erstmals mehr wert als alle SMI-Firmen zusammen
Die halbe Menschheit ist zu Hause, deshalb boomen Dienste wie Slack, Zoom und Netflix. Sie alle laufen auf Servern von Amazon. Der Onlinehändler überflügelt nun Nestlé, Novartis, Roche & Co.
Der Onlinehändler Amazon ist an der Börse erstmals mehr wert als die 20 Unternehmen, die im Schweizer Aktienleitindex SMI versammelt sind. Das hat die Privatbank Julius Bär errechnet. Seit 2002 habe die Amazon-Aktie pro Jahr im Durchschnitt um 37 Prozent besser als der Index abgeschnitten. In diesem sind Schwergewichte wie Nestlé, Novartis, Roche, ABB, UBS und Credit Suisse versammelt.
Allein seit Anfang Jahr hat die Amazon-Aktie um 25 Prozent zugelegt, während der SMI um 9 Prozent nachgab. Der Onlinehändler ist mittlerweile an der Börse 1,18 Billionen Dollar wert.
«Corona führt zu einer fast totalen Abhängigkeit von Amazons Cloud.»
Die Wertzunahme spiegelt den Boom, den Amazon nicht zuletzt dank der Corona-Krise erlebt. Die halbe Menschheit ist derzeit zu Hause. Arbeit, Zerstreuung, Freunde treffen – alles findet vor allem virtuell statt. Als die USA vor einem Monat Ausgangssperren verhängten, luden zweieinhalb Millionen Bürger den Dienst Slack herunter. 600’000 installierten die Video-App Zoom, die mittlerweile wegen Datenschutzproblemen in Verruf geraten ist. Die Zahl der neuen Netflix-Abos stieg um 50 Prozent.
Diese Angebote sind zwar von verschiedenen Unternehmen, haben aber etwas Entscheidendes gemeinsam: Sie laufen auf den Servern von Amazon Web Services, einem Tochterunternehmen von Amazon. «Corona führt zu einer fast totalen Abhängigkeit von Amazons Cloud», sagt Daniel Hanley, Technologieanalyst der Washingtoner Denkfabrik Open Markets Institute.
Mehr als eine Million Firmen mieten lieber Platz in der Wolke, als eigene Server zu unterhalten. Amazon beherrscht ein Drittel des weltweiten Cloud-Marktes. Das ist mehr als die drei grössten Rivalen zusammen: Microsoft, Google und IBM.
Der reichste Mensch der Welt wird noch reicher
Jeff Bezos, der Gründer von Amazon, hat vieles revolutioniert. Er veränderte die Art, wie Menschen einkaufen. Er baute eine logistische Wundermaschine, die sieben Millionen Pakete pro Tag ausliefert. Seine bedeutendste Schöpfung aber könnte Amazon Web Services sein, die Cloud. Ohne dass die Öffentlichkeit gross Notiz davon nahm, stieg Bezos zum Herrscher über das Internet auf. Und das Virus vergrössert seine Macht nun.
Dabei hatte niemand die Dominanz geplant. Der Dienst war anfangs bloss ein Nebenprodukt. Heute ist die Cloud die einträglichste Sparte des Konzerns. Apple, eigentlich ein Rivale, soll Amazon 30 Millionen Dollar pro Monat überweisen, um die Cloud zu nutzen. Auch Giganten wie Samsung, McDonald’s und General Electric zählen zu den Kunden. Im letzten Quartal 2019 sorgte Amazon Web Services für 2,6 Milliarden Dollar Gewinn, das sind mehr als zwei Drittel des gesamten Amazon-Profits. Der Umsatz stieg um 34 Prozent, so stark wuchs kein anderer Geschäftsbereich.
Und in der Corona-Krise dürfte alles noch besser laufen. Jeff Bezos, schon jetzt der reichste Mensch der Welt, wird dadurch noch reicher. Sein Vermögen wuchs laut dem Bloomberg Billionaires Index seit Jahresbeginn um 24 Milliarden Dollar.
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