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Beeindruckende Alinghi-Technik
Das kleine Schwesterschiff fliegt mit Autopilot

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Dem Mann stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Er war Teil einer TV-Crew aus Deutschland und eigens nach Barcelona geflogen, um das Ungetüm mit Alinghi-Bemalung in freier Wildbahn zu filmen. Geplant war eine Trainingsfahrt vor dem Hafen von Barcelona, sein Kameramann lag in Position.

Doch dann kam an diesem Tag gar nicht die AC75 zum Einsatz, das ist die 75 Fuss lange Premiumjacht des Schweizer Segelteams. Sondern ihre kleine, schlanke Schwester, die AC40. Nur 2 statt 6,5 Tonnen schwer, ihr Rumpf etwas über elf Meter lang. «Baby-Boot», so hat sie der «Blick» getauft.

Putzig ist das Schiff aber nur im Vergleich. Auch das Trainingsboot sorgt mit einem Tempo von bis zu 45 Knoten für Staunen, denn das sind für ein Wasserfahrzeug beachtliche 83 km/h. Die AC40 ist damit doppelt so schnell wie seinerzeit das Boot SUI64, mit dem Alinghi 2003 erstmals den America’s Cup gewann. Von wegen Baby also.

Die AC40 dient dem Team Alinghi Red Bull primär als Trainingsboot, denn sie ist sehr ähnlich gebaut wie die grosse Jacht. Die Abläufe auf dem Boot lassen sich so simulieren, und weil Alinghi Red Bull seit ein paar Monaten zwei kleine Schiffe besitzt, sind teaminterne Wettfahrten möglich. Beiden Bootstypen, der AC75 und der AC40, ist gemein, dass auf beiden Seiten des Schiffs die jeweils gegenüberliegende Seite der Strecke nicht einsehbar ist. Das erfordert perfekte Kommunikation.

Es gibt aber auch einige Unterschiede, teilweise grundsätzlicher Art. Zum einen verfügen die beiden AC40 über einen Autopiloten, der die Segler beim Fliegen unterstützt – also beim spektakulären Foilen, dem Markenzeichen dieser Schiffsgeneration. Dabei heben sich die Boote dank ihrer Tragflügel mittels Auftrieb aus dem Wasser, was den Widerstand des Bugs reduziert. Bei Fahrten mit der AC75 trainiert die Alinghi-Crew vor allem dieses Fliegen.

Alinghi Red Bull Racing of Switzerland seen during the practice with AC40 No.2 in Barcelona, on June 5, 2023.

Zum anderen ist die Crew auf der AC75 doppelt so gross wie auf den AC40, denn die gesamte Hydraulik an Bord wird manuell erzeugt: Eine vierköpfige Powergroup sorgt auf dem grossen Schiff mit Muskelkraft für den Antrieb, aus diesem Grund hat Alinghi Red Bull zahlreiche frühere Profi-Velofahrer und -Ruderer rekrutiert. Auf den AC40 übernimmt deren Aufgabe eine leistungsstarke Batterie.

Der Fokus bei Fahrten mit den kleinen Booten liegt deshalb beim Segeln. Bryan Mettraux ist als Trimmer verantwortlich dafür. Der 33-jährige Genfer erklärt: «Die AC75 ist viel komplizierter. Es braucht fast die gesamte Crew, damit man segeln kann. Bei den kleineren Booten ist der Aufwand geringer, man ist schneller im Wasser. Deshalb ist es auch günstiger.»

Fürs Erste sind die beiden AC40 deshalb unverzichtbar. Denn auch wenn sie sich vom Schiffstyp unterscheiden, der ab August beim Cup der Herausforderer zum Einsatz kommt, sagt Mettraux: «Das meiste von dem, was wir auf den AC40 lernen, können wir auf die AC75 transferieren.»

Überhaupt fliesst alles erlernte Know-how in die Produktion des Boots, das auch tatsächlich beim America’s Cup zum Einsatz kommen wird. Derzeit wird daran in Ecublens bei Lausanne gebaut. Der Launch wird in den kommenden Monaten erwartet. Mettraux sagt: «Auf diesen Tag warten wir alle sehnsüchtig. Das wird wie ein zweites Weihnachten sein.»

Bryan Mettraux of Switzerland and Alinghi Red Bull Racing seen prior the AC37 Preliminary Regatta in Vilanova I la Geltrú, Spain on September 15, 2023.

Die Realität heisst derzeit aber AC40. Die Trainingsboote kommen zum Einsatz, wenn ab Donnerstag die zweite Vorregatta zum America’s Cup ansteht. Gesegelt wird in der saudiarabischen Hafenstadt Jidda im Roten Meer, wo es tagsüber 32 Grad warm ist und auf dem Wasser perfekte Bedingungen herrschen. Nach einer Vorausscheidung am Donnerstag und Freitag kommt es am Samstag zum Final.

Es ist die zweite von drei Vorregatten zwischen den sechs Teams, ehe im kommenden August mit der Serie der Herausforderer der offizielle Teil des America’s Cup beginnt. In der ersten Vorregatta in Spanien hatte Alinghi Red Bull über weite Strecken überzeugt. Am Ende erreichte das Team nach technischen Problemen im letzten Rennen den fünften Rang.