Alarm via SMSModernere Unwetter-Warnung: Jetzt zieht die Schweiz nach
Der Bevölkerungsschutz will künftig Alarmmeldungen direkt auf das Handy schicken. Um sich der Digitalisierung anzupassen, rechnet das Bundesamt mit rund 310 Millionen Franken.
Drei Todesopfer der Unwetter in Val Bavona wussten nichts von den Warnungen der Behörde. Das Lavizzara-Tal war kurzzeitig von der Aussenwelt abgeschnitten, weil Mobilfunk- und Stromnetz zusammengebrochen waren. Das Unwetter im Wallis und Tessin in den letzten Wochen hat gezeigt: Die Schweiz hinkt hinterher.
Nun reagiert der Bevölkerungsschutz. Das Bundesamt will seine Alarmierungssysteme modernisieren und an die neuen Mediengewohnheiten der Menschen anpassen. «Wir können die Bevölkerung nur schützen, wenn wir sie rechtzeitig warnen», sagte Michaela Schärer, Direktorin des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (Babs), am Donnerstag an einem Mediengespräch in Bern. Das Bundesamt rechnet mit Ausgaben von rund 310 Millionen Franken zwischen 2026 und 2035.
Direkt via SMS alarmiert
Konkret soll das Alarmierungssystem Alertswiss um einen Cell Broadcast erweitert werden. Die USA und zahlreiche Länder Europas setzen bereits auf die Technologie, während die Schweiz bislang hinter diesem Standard zurückblieb, wie diese Redaktion berichtet hat.
Cell Broadcast funktioniert ähnlich wie Radioübertragung: Ein Mobilfunkmast sendet eine Nachricht an alle Handys, die sich in seinem Radius befinden. Im Krisenfall kann das Babs zukünftig kurze Instruktionen von circa 500 Zeichen pro Sprache direkt an die möglich Betroffenen verschicken. Im Gegensatz zu heute werden die Meldungen so auch Touristinnen oder Touristen erreichen, die nicht bei einem Schweizer Handyanbieter sind.
Die Technologie ist frühestens ab 2026 einsatzbereit. Das Parlament kann sich auch noch gegen die Finanzierung wehren und die Einführung verzögern: Die Erweiterung mit Cell Broadcast kostet den Bund etwa 58 Millionen Franken zwischen 2026 und 2035. Die Betriebskosten pro Jahr werden vom Babs mit 5,2 Millionen Franken beziffert.
UKW-Notfallradios werden abgeschafft
Widerum abschaffen will das Bundesamt das Ultrakurzwellen-Notfallradio (UKW) in Schutzräumen. «Wenn die ganze Bevölkerung nicht mehr UKW hört, bringt es nichts mehr, UKW aufrecht zu erhalten», sagte Babs-Direktorin Schärer gegenüber Keystone-SDA. Das Radio müsste auf DAB+ umgerüstet werden, was «sehr hohe» Kosten aber nur einen geringen zusätzlichen Nutzen mit sich bringen würde. Dabei handle es sich aber nur um die Sender, die in den Schutzräumen betrieben werden.
Im Fall eines Angriffs mit Massenvernichtungswaffen sei das Notfallradio in seiner heutigen Ausprägung zwar unverzichtbar. Jedoch frage sich, ob die Sender in einer solchen Situation nicht selber zum Ziel von Angriffen mit Präzisionswaffen würden, hiess es weiter.
Notfalltreffpunkte mit WLAN ausstatten
Demgegenüber plant das Babs eine Weiterentwicklung der Notfalltreffpunkte. Die Erfahrungen aus der Ukraine hätten gezeigt, wie wichtig es für die Bevölkerung sei, in Krisenfällen per Mobiltelefon mit dem eigenen Umfeld kommunizieren zu können.
Das Bundesamt will daher mit den Kantonen Möglichkeiten prüfen, an den Notfalltreffpunkten WLAN und Lademöglichkeiten für Mobiltelefone zur Verfügung zu stellen.
Mit Material der SDA.
Fehler gefunden?Jetzt melden.