Milliardenfehler bei der AHVBundesamt informierte Baume-Schneider spät
Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider hat nicht sofort vom Rechenfehler bei der AHV erfahren. Erst zwei Monate nach dem ersten Verdacht wurde sie informiert.
Die ersten Zweifel seien Mitte Mai aufgekommen, sagten die Vertreter des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) am Dienstag vor den Medien. Mitte Juni bestätigte sich der Verdacht: Der Bund hat sich bei der AHV um Milliarden verrechnet. Wie nun bekannt wird, wurde Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider aber erst Mitte Juli informiert. Die Tamedia-Zeitung «24 Heures» sowie die «Aargauer Zeitung» haben zuerst darüber berichtet. Das BSV erklärt dies damit, dass erst Mitte Juli eine solide Einschätzung zum Ausmass des Problems möglich gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe das BSV Bundesrätin Baume-Schneider informiert.
Dass die Bundesrätin nicht schon über den Verdacht informiert wurde, wirft jedoch Fragen auf – zumal ein wichtiger Entscheid anstand: Am 22. Mai eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zur Finanzierung der 13. AHV-Rente. Das tat er, ohne vom Verdacht zu wissen – obwohl das BSV damals schon Zweifel hegte. Das Innendepartement von Baume-Schneider sagt dazu, das werde Teil der Administrativuntersuchung sein.
Unmut bei den grossen Parteien
Politikerinnen und Politiker kritisieren das Vorgehen des BSV. «Ich verstehe nicht, warum das BSV so lange gewartet hat, bis es das Departement informierte», sagte SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi zu «24 Heures». Er verstehe auch nicht, warum die Bevölkerung nochmals drei Wochen später informiert worden sei. Wenn ein solcher Fehler passiere, müsse man das sofort mitteilen, auch wenn es nur um einen Verdacht gehe.
FDP-Nationalrat Cyril Aellen hält es für gravierend, dass das Bundesamt die Debatte zur Finanzierung der 13. AHV-Rente laufen liess, ohne etwas zu sagen. Das sei umso schlimmer, als es sich um ein sensibles Thema handle.
Auch in der SP gibt es Unmut. Co-Fraktionschef Samuel Bendahan sagt, er könne zwar verstehen, dass die Abklärungen zum Ausmass des Fehlers Zeit in Anspruch genommen hätten. Auch sei er überzeugt, dass die Administrativuntersuchung zeigen werde, ob die Informationen früh genug geflossen seien. «Aber es ist klar, dass informiert werden muss, sobald das Risiko klar erkannt wurde.»
Das BSV hat am Dienstag bekannt gegeben, dass die AHV-Ausgaben in den kommenden Jahren um Milliarden tiefer liegen, als bisher angenommen wurde. Die Differenz zwischen den bisher angenommenen und den neu angenommenen Ausgaben wächst von Jahr zu Jahr. Im Jahr 2033 dürften die AHV-Ausgaben um ganze 4 Milliarden Franken tiefer ausfallen als gemäss den früheren Prognosen. Das Umlagedefizit wächst damit bis 2033 auf lediglich rund 4 Milliarden Franken statt wie bisher angenommen auf über 7 Milliarden Franken an.
Baume-Schneider: «Nicht normal»
Baume-Schneider äusserte sich am Donnerstag auf Radio SRF. Ein solcher Fehler sei nichts Normales, sagte sie. Auf eine Frage nach möglichen personellen Konsequenzen sagte die Bundesrätin, wenn es nötig sei, werde sie diese ergreifen. Jetzt sei aber nicht der richtige Zeitpunkt, darüber zu diskutieren. Die Administrativuntersuchung laufe. Möglich sei auch eine nachfolgende Disziplinaruntersuchung.
Die Bundesrätin äusserte sich ausserdem zur Finanzierung der 13. AHV-Rente. Für sie steht fest, dass es weiterhin Massnahmen zur Finanzierung braucht – auch wenn die AHV nun finanziell besser dasteht als bisher angenommen wurde. Der Bundesrat hatte zwei Varianten in die Vernehmlassung geschickt. In der ersten Variante würden die Lohnbeiträge um 0,8 Prozentpunkte erhöht. Die zweite Variante sieht einen Mix von Lohnbeiträgen und einer höheren Mehrwertsteuer vor. Der Bundesrat dürfte bald entscheiden, ob und welche Gesetzesänderungen Baume-Schneider ausarbeiten soll.
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