Adliswil unterliegt vor GerichtEin Haus voller Tauben und Ratten? Besitzerin wehrt sich mit Erfolg
Die Stadt Adliswil wies eine Frau an, ihr Haus von Tauben und Ratten zu befreien. Die Hausbesitzerin zog vor Gericht und gewann. Auch, weil die Stadt nachlässig war.
- Das Verwaltungsgericht entschied zugunsten einer Hausbesitzerin in Adliswil.
- Die Stadt Adliswil konnte keine ausreichenden Beweise dafür vorlegen, dass im Haus ein Problem mit Tauben und Ratten besteht.
- Ein Foto und E-Mails reichten dem Gericht nicht als Beweis aus.
Wimmelt es in einem Haus in Adliswil von Schädlingen? Glaubt man der Stadtverwaltung, ist dies der Fall. Sie sah die öffentliche Gesundheit gefährdet und verlangte von der Hausbesitzerin, die Tiere loszuwerden. Damit trat sie einen jahrelangen Rechtsstreit los, der nun mit einer Niederlage für die Stadt endete, wie ein kürzlich publiziertes Urteil des Verwaltungsgerichts zeigt.
Ihren Anfang nimmt die Geschichte im Frühling 2020: Die Stadt Adliswil ordnet an, dass die Hausbesitzerin ihre Liegenschaft «von sämtlichen Wildtieren befreien» muss. Zudem soll sie innert einem Monat Massnahmen ergreifen, damit sich insbesondere Tauben und Ratten nicht mehr am und im Haus einnisten können. Was für Massnahmen das sein können, geht aus dem Urteil nicht hervor, ebenso wenig, wo in Adliswil sich das Haus befindet.
Besitzerin verneint Problem
Die Frau wehrt sich gegen die Anordnung, findet aber weder beim Stadtrat noch vor dem Bezirksrat Gehör. Doch sie gibt nicht auf und zieht im Sommer 2022 vor das Verwaltungsgericht.
Die Hausbesitzerin macht in ihrer Beschwerde geltend, es gebe kein Problem mit nistenden Tauben oder gar Ratten und anderen Wildtieren. Was die Stadt in ihrer Anordnung festgehalten habe, sei fehlerhaft und unvollständig. Das Gericht stützt diese Ansicht und heisst die Beschwerde gut. Denn offenbar ging die Stadt alles andere als professionell vor.
Gericht zerpflückt Akten
Die Stadt verweist in ihrer Anordnung von Frühling 2020 auf eine Kontrolle der städtischen Baupolizei. Mit der Kontrolle reagierte die Stadt wahrscheinlich auf eine Meldung von Nachbarn, wonach im Dach viele Tauben nisteten. Darauf deutet ein E-Mail-Verkehr in den Akten hin, welche das Gericht einsehen konnte. Gemäss dem Urteil findet sich zu dieser Kontrolle allerdings kein entsprechendes Protokoll, obwohl dieses vorgeschrieben wäre. Nicht einmal das Datum der Kontrolle sei vermerkt.
Auch ein Foto, das sich in den Akten befindet, ist nach Ansicht des Gerichts nicht aussagekräftig. Es sei weder klar, woher das Bild stamme, noch, wer es gemacht habe. Zudem seien darauf lediglich die Aussenfassade und ein paar Tauben sowie ein Loch im Dachstock ersichtlich. Dies beweise nicht, dass im Dachstock tatsächlich viele Tauben nisteten und ebenso wenig, dass dies «zu irgendwelchen wohnhygienischen Problemen» führen würde. Gar als «reine Spekulation» bezeichnet das Gericht die Existenz von Ratten im Haus.
«Sehr hoher Massstab»
Die Stadt Adliswil verteidigt ihr Vorgehen. Auf Anfrage der Redaktion teilt sie mit, das Gericht setze ihrer Ansicht nach einen sehr hohen Massstab voraus, was die Dokumentation betreffe. Im Urteil hält das Gericht fest, dass eine Kontrolle angekündigt werden muss und die Hausbesitzerin dabei anwesend sein darf.
Diesen Massstab einzuhalten, benötige Personalressourcen, «welche punktuell über die vorhandenen Möglichkeiten hinausgehen», schreibt die Stadt. Im vorliegenden Fall sei die Hausbesitzerin weder per Telefon noch per E-Mail erreichbar. Sie reagiere nur auf eingeschriebene oder polizeilich zugestellte Briefe. Darüber hinaus sei sie meistens nicht vor Ort anzutreffen.
Gar keine Auskunft gibt die Stadt hingegen auf die Frage, was die Baupolizei bei ihrer Kontrolle damals vorgefunden hat. Dies aus Rücksicht auf die privaten Interessen der Hausbesitzerin. Mittlerweile scheint das Tauben- oder Rattenproblem aber gelöst. Die Stadt schreibt: «Uns sind keine diesbezüglichen Beschwerden mehr bekannt.»
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