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Umstrittene Pistenverlängerung
Für längere Piste braucht es künstlichen Hügel und Tunnel für Fische

Die Piste 28 soll nach Westen und die Piste 32 nach Norden verlängert werden.
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Der Flughafen will die Piste 28, die von Kloten Richtung Westen führt, in Rümlang um 400 Meter verlängern. Eigentlich tönt das nach einem unspektakulären Bauprojekt, eine Piste verlängern.

Doch das ist es nicht. Denn für die neue Westpiste versiegelt die Flughafen Zürich AG nicht nur 3,5 Hektaren Land. Sie muss auch die wichtigste Durchgangsstrasse im unteren Glattal, die Flughofstrasse, einen Radweg, einen Wanderweg und eine grosse Gasleitung verlegen und dazu neue Lärmschutzwände bauen.

Pistenverlängerung Rümlang, Flussbett der Glatt, Bereich wo die Piste des Flughafens Kloten verlängert werden soll, Rümlang, 18.2.2024, Foto Dominique Meienberg

Besonders aufwendig wird die Umleitung der Glatt. Ihr Flussbett muss auf einer Länge von über einem Kilometer verlegt und renaturiert werden. Zudem wird sie in einem Tunnel unter der Pistenverlängerung durchgeführt. Der Tunnel muss beleuchtet sein, damit die Fische hindurchschwimmen.

Aufschüttungen nötig

Die neue Piste verändert das Landschaftsbild auch oberirdisch, weil sie zwischen 3 und 9 Meter über dem heutigen Gelände auf einen sanften Hügel zu liegen kommt, den der Flughafen aufschüttet.

Wie ein Lawinenkegel wird sich die Piste aus dem heutigen Flughafengelände bis dicht ans überbaute Gebiet schieben. So ist es dem vom Flughafen publizierten Projektbeschrieb zu entnehmen. Der Flughafenzaun kommt nur wenige Meter vor der umgelegten Flughofstrasse und vor dem Gelände der Recyclingfirma Eberhardt im Rümlanger Industriegebiet zu stehen.

Pistenverlängerung Rümlang, Bereich wo die Piste des Flughafens Kloten verlängert werden soll, Brücke über die Oberglatterstrasse Richtung Piste, Rümlang, 18.2.2024, Foto Dominique Meienberg

In Rümlang ist man darüber nicht erfreut. Der Gemeinderat hat unter dem Präsidenten Peter Meier-Neves (SVP) die Nein-Parole zum Projekt Pistenverlängerung herausgegeben. «Wir sehen die Lebensqualität unserer Gemeinde bedroht», wird Meier in einem Abstimmungsflyer der Gemeinde zitiert und weiter: «Es ist unsere Pflicht, die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu schützen.»

Hauptargument ist nicht der Bau selber, sondern der Fluglärm. Eine Untersuchung der Empa sagt zwar für Rümlang eine verminderte Belastung voraus, da auf der verlängerten Westpiste mehr gelandet und weniger gestartet wird. Doch der Rümlanger Gemeinderat traut der Empa-Studie nicht. Die landenden Maschinen würden näher an Rümlang wenden, und beim Zurückrollen sei der Lärm aus den Triebwerken lauter als heute.

Unsicherheiten gibt es in Rümlang aber auch wegen des möglichen Bauprojektes. So sei kürzlich an einer Podiumsdiskussion aus dem Publikum von einer 20 Meter hohen Aufschüttung die Rede gewesen, sagt Meier-Neves: «Das hat viele Personen im Publikum verunsichert – inklusive meiner selbst.» Doch die Flughafenverantwortlichen hätten trotzdem nicht widersprochen.

Der Pilot muss das Pistenende sehen

Aus bautechnischer Sicht interessieren vor allem zwei Fragen: Warum kann die Piste nicht auf dem bestehenden Terrain gebaut werden und muss erhöht liegen? Und warum wird das Flughafengelände so weit Richtung Westen ausgedehnt?

Die Antwort auf die erste Frage liegt weit in der Vergangenheit zwischen den Jahren 1959 und 1961, wie die Medienstelle des Flughafens mitteilt. Damals wurde die Westpiste schon einmal verlängert von 1900 auf 2500 Meter. Bewilligt wurde das aber nur unter der Auflage, dass die Verlängerung leicht ansteigt.

Grund: Die Maschinen, die damals noch viel schwerfälliger waren, sollten im Steigflug mit Sicherheitsmarge über die Hügel von Oberhasli und über den 561 Meter hohen Schwänkelberg abfliegen können. Somit ist die Westpiste heute nicht vollkommen horizontal. Am Anfang in Kloten liegt die Piste 28 auf 431 m ü.M., sinkt dann bis zum Pistenkreuz ab auf 421 m ü.M., dann steigt sie bis zum Pistenende wieder auf 424 m ü.M. an.

Theoretisch könnte der Flughafen die Piste ab dem heutigen Ende wieder leicht sinkend bauen, doch das ist laut Flughafensprecherin Bettina Kunz aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt, da die Piloten beim Landen und Starten das Pistenende sehen müssen.

Bremsbett für überschiessende Maschinen

Zur zweiten Frage: Gemäss Projektbeschrieb endet die verlängerte Piste nicht knapp hinter dem Zaun, sondern gut 200 Meter davon entfernt. Denn der Flughafen will in der Fortsetzung noch ein sogenanntes Engineered Materials Arrestor System (EMAS) einbauen. Das ist ein Sicherheitsbremsbett für überschiessende Maschinen, die entweder den Start abbrechen müssen oder aus irgendwelchen Gründen nach dem Landen nicht rechtzeitig halten können. Es ist quasi die Verlängerung der Pistenverlängerung.

Eine solche Auslaufzone von 163 Meter Länge gibt es seit acht Jahren auch heute schon am Ende der Piste 28. Sie besteht aus 4800 Kubikmeter Schaumglasschotter, der von einer fünf Zentimeter dicken Schicht Spezialbeton abgedeckt ist. Im Falle eines «Overrun» würde die Maschine darin einsinken und rascher zum Stillstand kommen.

Beschwerden werden erwartet

Die Gemeinde Rümlang will sich zu den gegenwärtigen Bauplänen nicht detailliert äussern, bevor das Volk grundsätzlich über die Pistenverlängerung abgestimmt hat. Gemeindepräsident Meier-Neves sagt dazu: «Wir werden den Volksentscheid akzeptieren, behalten uns aber vor, gegen das Bauprojekt Beschwerde einzureichen, wenn das aus unserer Sicht nötig ist.»

Unter anderem macht Meier-Neves Sorgen, dass die Renaturierung der Glatt zu mehr Ausflugsverkehr führen wird. Denn schon heute sei beim Heligrill am Pistenende an den Wochenenden häufig jeder Parkplatz von den Flugzeug-Spottern besetzt.

Pistenverlängerung Rümlang, Bereich wo die Piste des Flughafens Kloten verlängert werden soll, Rümlang, 18.2.2024, Foto Dominique Meienberg

Die Flughafen Zürich AG rechnet nach einem allfälligen Volks-Ja ebenfalls mit weiterem Widerstand. In ihrem Terminplan sieht sie zwei Jahre für Rechtsmittelverfahren vor. Baubeginn wäre demzufolge 2028, die Inbetriebnahme der verlängerten Piste 2034.