Abstimmung zum BildungsgesetzLand überstimmt Stadt in Zürcher Stipendienfrage
Vorläufig aufgenommene Ausländerinnen müssen weiter lange auf ein Stipendium warten. Das Volk ist gegen die Abschaffung der Wartefrist, vor allem auf dem Land.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Die 5-Jahres-Wartefrist für vorläufig aufgenommene Migrantinnen und Migranten bleibt bestehen. Das Zürcher Stimmvolk hat sich mit 54,36 Prozent der Stimmen gegen die Abschaffung und eine entsprechende Änderung des Bildungsgesetzes ausgesprochen. 229’500 Stimmberechtigte waren dagegen und 192’700 dafür. Die Stimmbeteiligung betrug 45,61 Prozent.
Dieses Resultat war in etwa erwartet worden. Auffällig daran ist, wie unterschiedlich die Meinungen zwischen Stadt und Land waren. Zürich und Winterthur haben deutlich Ja gestimmt, besonders Zürich. Hier stimmten sämtliche Abstimmungskreise zu.
Im traditionell linken Kreis 4 und 5 war nur knapp eine von vier Stimmen negativ. Total waren es in Zürich 64,6 Prozent Ja-Stimmen. In Winterthur haben immerhin 5 von 7 Kreisen zugestimmt, total ergab dies eine Zustimmung von 55,8 Prozent.
Auf dem Land ist das Bild umgekehrt. Nur eine einzige Gemeinde stimmt knapp zu: Regensberg. Alle andern legten ein meist deutliches Nein ein. Am klarsten war die Ablehnung im Zürcher Unterland und im Tösstal.
Spitzenreiter unter den Nein-Gemeinden war Höri mit 81,6 Prozent der Stimmen, dicht gefolgt von Oberembrach (81,0 Prozent) und Weiach (79,7 Prozent).
Für die SVP ein «Riesen-Erfolg»
SVP-Präsident Domenik Ledergerber sieht das Abstimmungsresultat als «Riesenerfolg» für seine Partei. Man habe sich gegen die Mehrheit im Kantonsrat und gegen den Regierungsrat durchgesetzt.
Es sei zu hoffen, dass in Bundesbern das Signal aus dem «eher linken Kanton Zürich» ankomme. «Es ist höchste Zeit, dass wir unsere Grenzen besser schützen», sagte Ledergerber am Sonntag im Abstimmungslokal in Zürich. Zudem dürften jene Wirtschaftsflüchtlinge, die keine Chancen auf Asyl hätten, gar nicht mehr ins Land gelassen werden.
Er stehe zur Integration der anerkannten Flüchtlinge, sagt der SVP-Präsident, aber vorläufig Aufgenommene hätten in der Schweiz «nichts verloren».
Sein Parteikollege Tobias Infortuna aus dem Kantonsrat hat mit diesem Resultat gerechnet: «Die Bevölkerung hat einfach genug von der Asylmisere.»
Den Gemeinden gelinge es kaum noch, alle Migrantinnen und Migranten unterzubringen, die Asyl bekommen hätten. «Man ist offensichtlich nicht bereit, auch noch jene mit abgelehnten Gesuchen zu unterstützen.»
Für Infortuna haben die befürwortenden Parteien «komplett» an ihren Wählerinnen und Wählern vorbeipolitisiert.
Linke spricht von verpasster Chance
Die Präsidentin der Grünen, Selma L’Orange Seigo, zeigte sich enttäuscht, aber nicht wirklich überrascht. Das Resultat entspreche leider der gegenwärtigen Stimmung in der Asyldebatte: «Mit dieser Vorlage hätten wir für einige 100 Personen eine konkrete Verbesserung ihrer Lebenssituation erreichen können», bedauerte sie.
Christa Stünzi von der GLP forderte eine neue Debatte über die Asylsuchenden in Zürich: «Die vorläufig Aufgenommenen sind hier, ob wir wollen oder nicht. Wir können sie nicht wegdiskutieren.» Für sie ist es keine Überraschung, dass ausgerechnet die Gemeinde Regensberg Ja gesagt hat.
In Regensberg gibt es ein Sonderschulheim mit adoleszenten Jugendlichen, die teilweise vorläufig aufgenommen sind. Im historischen Städtchen versuche man mit dem lokalen Gewerbe Ausbildungsplätze für diese Jugendlichen zu finden.
In Regensberg seien die Betroffenen ein Teil der Bevölkerung, sagte auch die grüne Kantonsrätin Jasmin Pokerschnig, die im Kantonsrat mit einer parlamentarischen Initiative den Anstoss zur Vorlage gegeben hat. «Die Sichtbarkeit der Betroffenen hat die Meinung in Regensberg beeinflusst», sagte Pokerschnig. Die Stimmberechtigten seien dort offensichtlich pragmatischer als anderswo.
Die SP spricht in einer Mitteilung von einer doppelt verpassten Chance, einerseits gegen den Fachkräftemangel, andererseits bei der Integration von Menschen, die langfristig hierbleiben werden. Auch die Mitte bedauert das Nein, und die AL findet den Entscheid fremdenfeindlich.
Silvia Steiner sieht kein Hindernis bei der Integration
Der Regierungsrat hatte sich für die Vorlage ausgesprochen. Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte) nahm das Volks-Nein am Sonntagnachmittag gleichwohl gelassen und nüchtern zur Kenntnis. Es werde nun einfach alles beim Alten bleiben.
Für die Integration der Betroffenen sieht sie keine weiteren Einschränkungen: «Wenn sich vorläufig Aufgenommene im Kanton Zürich integrieren und eine Ausbildung machen wollen, werden wir ihnen keine Steine in den Weg legen.»
Ziel der Vorlage war es gewesen, vorläufig aufgenommene Migrantinnen und Migranten beruflich schneller zu integrieren und ihre Aufenthaltsdauer in der Sozialhilfe zu verringern.
Fehler gefunden?Jetzt melden.