Kritik an AbstimmungskampagneFür Röstis Autobahnausbau: Millionenaufträge an PR-Agenturen vergeben
Das Bundesamt für Strassen gibt seit Jahren viel Geld für externe Werbeagenturen aus, wie interne Dokumente zeigen. Experten üben Kritik.

Zwei Wochen vor der Abstimmung über den geplanten Autobahnausbau wird bekannt, dass sich das Bundesamt für Strassen (Astra) durch millionenschwere PR-Kampagnen Zustimmung sichern will, wie der «SonntagsBlick» berichtet. Interne Dokumente zeigten, dass seit Jahren PR-Agenturen mit der Kommunikation beauftragt würden – etwa beim 2,6 Milliarden Franken teuren Basler Rheintunnel, dessen Bau Teil der Abstimmung vom 24. November ist. Der genaue Umfang der PR-Ausgaben bei den Projekten bleibt unklar. Für 2022 weist das Astra Kosten von 5,4 Millionen Franken aus, eine Steigerung um 1,4 Millionen zum Vorjahr.
Die Werbeagentur Infrakom wurde mit einem Kommunikationskonzept betraut und organisierte auch Veranstaltungen, um den Autobahnausbau positiv darzustellen. Ausserdem offenbare ein internes Konzept, dass alle Medienanfragen durch einen «Philosophiecheck» der Agentur laufen sollten. Auch spezielle Massnahmen, wie die Vermeidung negativer Medienberichte über Schrebergartenbesitzer, die wegen des geplanten Rheintunnels ihre Gärten verlieren könnten, wurden vorgeschlagen – inklusive Massnahmen wie gesponserte Grillfeste, um diese Zielgruppe zu besänftigen. Laut Astra wurde dieser Vorschlag jedoch nicht umgesetzt.
Kritik kommt von Experten wie Iwan Rickenbacher, langjähriger Honorarprofessor für politische Kommunikation. Er betont, dass solche Aufgaben Kernkompetenzen der Verwaltung seien. Externe Agenturen zu beauftragen, führe zu PR-Strategien wie in der Privatwirtschaft, was in der Politik nicht akzeptabel sei. Zudem müssten Informationen sachlich und objektiv sein, wie es die Richtlinien der Bundeskanzlei vorschrieben.
Ex-Vizebundeskanzler spricht von «Armutszeugnis»
Andere Bundesämter bearbeiteten operative und politische Aufgaben intern und würden externe Aufträge nur für spezialisierte Aufgaben wie Design oder Videoproduktionen vergeben. Beim umstrittenen Schaffhauser Fäsenstaubtunnel übernahm die Agentur Leuzinger & Benz für 1,1 Millionen Franken umfassende Kommunikationsarbeiten. Dies schloss Medienmitteilungen und politische Stellungnahmen ein, die mit Astra-Logo an die Öffentlichkeit gingen.
Gegenüber dem «SonntagsBlick» erklärt das Astra, externe Unterstützung sei notwendig, um der Informationspflicht nachzukommen und negative Auswirkungen von Bauarbeiten zu minimieren. Dennoch zeigen Dokumente, dass PR-Agenturen auch Argumente zur positiven Darstellung von Schwächen der Projekte lieferten und gezielte Kommunikationsstrategien für Politiker erstellten.
Oswald Sigg, ehemaliger Vizebundeskanzler, kritisiert, dass externe PR-Leute oft mehr Wert auf Stil als auf präzisen Inhalt legten. Die Vielzahl an PR-Aufträgen sei ein Armutszeugnis für die Verwaltung, die eigentlich die Information der Bevölkerung sicherstellen sollte.
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