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Mittendrin ist der Fotograf Tomas Wüthrich bei dieser Bildergeschichte. Der Hof seiner Eltern, der sich in Kerzers im Freiburger Seeland befindet, wird aufgelöst. Bauernsterben in der Schweiz. Wir sehen Bilder der letzten zwölf Monate. Für den Kanton war das ein ganz normaler Verwaltungsvorgang: «Wir stellen fest, dass Sie am 1. Mai 2000 den Betrieb aufgeben und danach keine Tiere mehr halten werden. In Anbetracht dessen betrachten wir Ihren Betrieb als saniert.»
Dreissig Jahre lang haben die Wüthrichs hier gearbeitet. Milchwirtschaft betrieben. Zuckerrüben und Kartoffeln angebaut. Kinder gross gezogen. Gearbeitet von morgens bis abends. Es auf keinen grünen Zweig gebracht. Leider war der Hof zu klein, als dass man sich auf die Erfordernisse der modernen Landwirtschaft hätte einstellen können.
Bauer Hans Wüthrich beschreibt das so: «Eines Tages war fertig Härdöpfel – weil die Annahmestelle, um mehr Effizienz bemüht, die Kartoffeln nur noch in grösseren Kisten entgegennahm und die herkömmlichen Säcke nicht mehr akzeptierte. – Kener Seck. Richted nech ii.» Auch mit den Zuckerrüben ging es zu Ende. Und schliesslich wurden auch die Kühe verkauft.
Kein Einzelfall: Zwischen 1990 und 1999 mussten fast 20000 Schweizer Bauern ihre Betriebe auflösen. Der Hof seiner Eltern ist «Hof Nr. 4233», wie Tomas Wüthrich seine Bilderserie nennt. Er ist ganz offensichtlich um Distanz bemüht.
Vor der Linse seiner Kamera wird der historische Niedergang des Bauerntums aber individualisiert: Mit viel Empathie erzählen die Bilder von einem Alltag, über dem eine endzeitliche Stimmung lastet: Jede Kälbergeburt droht die letzte zu sein. Jeder Handgriff droht ins Sinnlose zu kippen. Und doch erfreuen diese Fotos immer wieder durch Bildwitz, surreale Momente und last but not least durch ihre formale Meisterschaft.
Christoph Heim ist Autor im Ressort Leben und schreibt am liebsten über Kunst und Kultur. Er arbeitet seit dreissig Jahren im Journalismus und war zehn Jahre lang Ressortleiter Kultur bei der Basler Zeitung.Mehr Infos