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Vorschlag des Bundesrats
Abschaffung der Heirats­strafe – Vorlage zu teuer für SP und Grüne

Zwei Wanderer unterwegs im verschneiten Togenburg, im Hintergrund die Churfirsten, aufgenommen am Freitag, 11. Oktober 2013, in Unterwasser (Gemeinde Wildhaus Alt-St. Johann). (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
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Noch immer wird ein Teil der Ehepaare höher besteuert als Konkubinatspaare – trotz zahlreicher Versuche, die Heiratsstrafe bei der direkten Bundessteuer vollständig zu eliminieren. Dies soll sich nun ändern, indem die Eheleute getrennt besteuert werden. Diese Individualbesteuerung fordern eine Volksinitiative der FDP-Frauen und das Parlament.

Der Bundesrat hat jetzt diesen Auftrag umgesetzt. Sein indirekter Gegenvorschlag zur FDP-Initiative beseitigt nicht nur die Heiratsstrafe, sondern entlastet «eine deutliche Mehrheit» der Steuerpflichtigen, wie Finanzministerin Karin Keller-Sutter vor den Medien sagte. Die Vorlage führt deshalb zu Steuerausfällen von rund einer Milliarde Franken. Davon entfallen 800 Millionen auf den Bund und 200 Millionen auf die Kantone, die weniger Geld aus der Bundeskasse erhalten.

Kinderabzug von 12’000 Franken

Obwohl auch das Parlament sich für die Einführung der zivilstandsunabhängigen Besteuerung ausgesprochen hat, wird die Reform es in den Räten schwer haben. Denn für SP und Grüne, aber auch für den Arbeitnehmerverband Travailsuisse sind die Steuerausfälle von einer Milliarde zu hoch. Und ohne die geschlossene Koalition von FDP, GLP und der Linken hat die Individualbesteuerung sowohl im National- wie auch im Ständerat keine Mehrheit.

Die Steuerausfälle entstehen unter anderem dadurch, dass der Kinderabzug bei der direkten Bundessteuer von 6700 auf 12’000 Franken pro Kind erhöht wird. Zudem werden die Steuersätze für tiefe und mittlere Einkommen gesenkt. Die grösste Steuerentlastung ergibt sich für Verheiratete, bei denen beide ein ungefähr gleich hohes Einkommen erzielen.

FDP und GLP stehen hinter der bundesrätlichen Vorlage. SP und Grüne sind in einem Dilemma. Die Abkehr von der gemeinsamen Besteuerung der Ehepaare ist ein altes gleichstellungspolitisches Anliegen. Die Individualbesteuerung stärke die finanzielle Unabhängigkeit der Partnerinnen und Partner, sagte auch Keller-Sutter.

Denn heute lohnt sich eine Erwerbstätigkeit für Zweitverdiener finanziell oft nicht, weil wegen der Steuerprogression vom Zusatzverdienst unter dem Strich zu wenig übrig bleibt. Meist sind es die Frauen, die deswegen ihr Arbeitspensum nicht erhöhen. Die Wirtschaft unterstützt die Individualbesteuerung, weil die höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen den Fachkräftemangel lindert.

Mitte spricht von Bürokratiemonster

SP und Grüne werden im Parlament versuchen, die Steuerausfälle zu reduzieren. Dies könnte über eine Anpassung des Steuertarifs geschehen. Entsprechende Prüfaufträge an die Verwaltung wurden in der zuständigen Wirtschaftskommission bereits gestellt.

SVP und Mitte lehnen die Individualbesteuerung generell ab. Diese führe zu noch mehr Ungleichheiten und sei ein Bürokratiemonster, kritisiert die Mitte-Partei. Weil künftig alle Ehepartnerinnen und -partner eine Steuererklärung ausfüllen müssten, fielen 1,7 Millionen zusätzliche Steuererklärungen an. Keller-Sutter hält diesen Aufwand jedoch für verkraftbar, da die elektronische Steuererklärung die Steuerbehörden entlaste. Die Kantone lehnen die Individualbesteuerung ab. Nur gerade fünf Kantone befürworten die Reform, darunter Zürich, Bern und Basel-Stadt.

Die Mitte-Partei setzt stattdessen auf ihre Volksinitiative für «faire Steuern», die sie demnächst einreichen will. Diese will die gemeinsame Besteuerung der Ehepaare beibehalten. Gleichzeitig soll für die Ehepaare eine alternative Berechnung erstellt werden, die der Besteuerung von unverheirateten Paaren entspricht. Fällt diese Rechnung günstiger aus, müsste das Paar den tieferen Betrag zahlen.

Das Parlament kann jedoch nicht auf die Mitte-Initiative warten. Denn der Gegenvorschlag zur Individualbesteuerungs-Initiative der FDP-Frauen muss wegen der gesetzlichen Behandlungsfristen bis in zwei Jahren stehen.

Deutlich länger dauert die Einführung der Individualbesteuerung. Der Bundesrat will den Kantonen zehn Jahre Zeit geben, weil sie ihre Steuergesetze ebenfalls anpassen müssen.